Zweites Quartal 2020 fest im Griff der COVID-19-Krise

von Hubert Hunscheidt

CEO Clemens Iller kommentierte: „Das zweite Quartal 2020 war fest im Griff der COVID-19-Krise. Dabei kam es zu drastischen Einbrüchen beim Absatz und in den Konzernergebnissen. Am stärksten wirkten sich die weitreichenden Stillstände großer europäischer Automobilproduzenten und ihrer Zulieferer aus. Ab April machte sich im Maschinen- und Anlagenbau ebenfalls ein negativer Trend bemerkbar. Wir waren zu weitreichenden und anhaltenden Stillständen in unseren Werken gezwungen. Trotz der ab Mai leicht steigenden Kundenaktivität kommt die Nachfrage nur sehr langsam zurück. Eine vorsichtige Erholung auf tiefem Niveau wird nicht vor dem vierten Quartal 2020 spürbar sein. Es zeichnet sich allerdings ab, dass das negative bereinigte EBITDA bis zum Ende des Jahres 2020 saisonal und Marktumfeld bedingt nicht annähernd aufgefangen werden kann. Angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten insbesondere aufgrund der COVID-19-Krise sind Prognosen für das Geschäftsjahr 2020 weiterhin mit einer hohen Unsicherheit behaftet. Entsprechend ist eine verlässliche Schätzung des bereinigten EBITDA durch die bestehenden Unsicherheiten zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Um unsere Transformationsorganisation weiter zu verstärken, haben wir den Restrukturierungsexperten Josef Schultheis als CRO in die Konzernleitung geholt."

Die Finanzzahlen im zweiten Quartal 2020 waren massiv gezeichnet von der COVID-19-Krise. Der durch Produktionsstillstände verursachte Nachfragerückgang zeigt sich in reduzierten Absatzmengen und Umsatz. SCHMOLZ + BICKENBACH, ein weltweit führendes Unternehmen für Speziallangstahl, hat heute um 38,1 % geringere Absatzmengen von 301 Kilotonnen im Vergleich zu 486 Kilotonnen im zweiten Quartal 2019 gemeldet. Der Umsatz sank um 41,8 % von EUR 808 Mio. auf EUR 470 Mio. Das bereinigte EBITDA, das Konzernergebnis und der Free Cash Flow fielen negativ aus. Die Nettoverschuldung konnte im Vergleich zum Jahresende 2019 aufgrund der erfolgreich durchgeführten Kapitalerhöhung sowie des strikten Liquiditätsmanagements um EUR 172,7 Mio. resp. 21,7 % auf EUR 624,9 Mio. reduziert werden.

Geschäftsentwicklung im zweiten Quartal 2020

Im zweiten Quartal 2020 wurde mit 301 Kilotonnen um 38,1 % weniger Stahl abgesetzt als im Vorjahresquartal (Q2 2019: 486 Kilotonnen). Dieser Rückgang war getrieben von um 42,3 % geringeren Absatzmengen bei Qualitäts- & Edelbaustahl. Grund dafür ist der starke Nachfragerückgang aus der Automobilindustrie, der sich vor allem in dieser Produktgruppe auswirkte. In den beiden anderen Produktgruppen RSH-Stahl (rost-, säure- und hitzebeständiger Stahl) und Werkzeugstahl wurden zwar auch geringere Mengen verkauft als im gleichen Quartal des Vorjahrs, allerdings mit weniger starken Rückgängen von 28,3% bzw. 22,2%.

Der durchschnittliche Verkaufspreis je Tonne Stahl lag im zweiten Quartal 2020 bei EUR 1'561,1 und war damit um 6,1 % niedriger als im Vorjahresquartal. Der Rückgang ist vor allem auf geringere Schrott- und Legierungszuschläge, aber auch auf niedrigere Basispreise als im Vorjahr zurückzuführen.

Die negative Preisentwicklung sowie die gesunkene Absatzmenge führten zu einem Umsatz von EUR 469,9 Mio., was um 41,8 % geringer als im Vorjahresquartal war. Der Rückgang fiel dabei am stärksten bei der Produktgruppe Qualitäts- & Edelbaustahl mit 50,1 % aus. Der Umsatz mit RSH-Stahl sank um 33,6 %, jener mit Werkzeugstahl um 34,2 %. Geografisch betrachtet musste in allen Regionen der Welt ein zweistelliger Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahresquartal hingenommen werden.

Das um Einmaleffekte bereinigte EBITDA lag mit EUR –45,8 Mio. deutlich unter dem Wert des Vorjahresquartals. Die Einmaleffekte beliefen sich auf EUR 7,9 Mio. und sind auf Beratungsleistungen im Rahmen von Effizienzsteigerungsprogrammen sowie Restrukturierungsmaßnahmen zurückzuführen. Die Einmaleffekte eingeschlossen, sank das EBITDA auf EUR –53,7 Mio. Damit einhergehend sank die bereinigte EBITDA-Marge auf –9,7 % und die EBITDA-Marge auf –11,4 %.

Im zweiten Quartal 2020 wurde eine Wertminderung der Nettoaktiven der Business Units DEW und Ascometal von EUR 86,0 Mio. in den Abschreibungen und Wertminderungen verbucht. Das Finanzergebnis war mit EUR –11,4 Mio. leicht höher als im Vorjahresquartal.

Durch diese Entwicklungen lag das Ergebnis vor Steuern (EBT) bei EUR –171,0 Mio. Aufgrund des negativen EBT konnte ein Steuerertrag von EUR 11,9 Mio. verbucht werden. Im zweiten Quartal 2020 musste ein Konzernverlust von EUR –159,1 Mio. hingenommen werden. Durch den niedrigen Ergebnisbeitrag fiel der Free Cash Flow im zweiten Quartal 2020 mit EUR –1,9 Mio. negativ aus. Die Nettoverschuldung, welche die kurz- und langfristigen Finanzverbindlichkeiten abzüglich der Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente umfasst, lag mit EUR 624,9 Mio. unter dem Wert vom 31. Dezember 2019 (EUR 797,6 Mio.). Hauptgrund dafür ist die erfolgte Eigenkapitalerhöhung gekoppelt mit einem stringenten Liquiditätsmanagement.

Bestellung von Josef Schultheis als Chief Restructuring Officer (CRO)

SCHMOLZ + BICKENBACH ergänzt die Konzernleitung um eine dritte Position und benennt den Restrukturierungsexperten Josef Schultheis als neues Mitglied.

Herr Schultheis hat eine mehr als 30-jährige Management- und Beratungserfahrung in der operativen Restrukturierung, im Liquiditätsmanagement und Finanzierungsverhandlungen. Als vollwertiges Mitglied der Konzernleitung wird Josef Schultheis als CRO seine Erfahrung nutzen, um die Transformation noch intensiver voranzutreiben. Damit kann SCHMOLZ + BICKENBACH den drastischen Auswirkungen der COVID-19-Krise schlagkräftiger begegnen.

Ausblick auf das Geschäftsjahr 2020

Das Hauptaugenmerk von SCHMOLZ + BICKENBACH wird 2020 weiterhin und noch verstärkt auf den kurzfristigen Liquiditätssicherungsmaßnahmen liegen, um die COVID-19-Krise und den daraus resultierenden Nachfrageeinbruch in der Automobilindustrie, dem Maschinen- und Anlagebau sowie der Öl- und Gasindustrie sicher zu bewältigen. Im Rahmen der strukturellen Verbesserungen wird der Fokus auf der konsequenten Exekution und Umsetzung des Transformationsplans liegen. Dabei stehen vermehrt temporäre und strukturelle Personalmaßnahmen im Fokus.

Ein weiterer Fokus liegt auf der Sicherung der mittel- bis langfristigen Finanzierung. Dabei ist vorgesehen, weitere staatliche Hilfsprogramme zu nutzen. Während SCHMOLZ + BICKENBACH in Frankreich für eine der Business Units bereits staatlich garantierte Kredite erhalten hat, sind weitere Kredite in Frankreich, in der Schweiz und in Deutschland in fortgeschrittenem Stadium. Zudem befindet sich das Unternehmen in proaktiven und konstruktiven Gesprächen mit Banken, Ankeraktionären und potenziellen Investoren, um ein nachhaltiges Finanzierungskonzept voranzutreiben. Die Anpassung der Finanzierung an COVID-19 ist auf gutem Weg mit einer Backstop-Fazilität. Diese wird durch den Ankeraktionär BigPoint Holding AG bereitgestellt und dient insbesondere dazu, die Finanzierung des Wachstums sicherzustellen, wenn die Nachfrage wieder anzieht.

Aus heutiger Sicht erwarten wir frühestens im Laufe des vierten Quartals eine vorsichtige Erholung auf tiefem Niveau. Es zeichnet sich allerdings ab, dass das negative bereinigte EBITDA bis zum Ende des Jahres 2020 saisonal und durch das Marktumfeld bedingt nicht aufgefangen werden kann.

Angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten insbesondere aufgrund der COVID-19-Krise sind Prognosen für das Geschäftsjahr 2020 weiterhin mit einer hohen Unsicherheit behaftet. Entsprechend ist eine verlässliche Schätzung des bereinigten EBITDA durch die bestehenden Unsicherheiten zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.


Quelle und Vorschaufoto: SCHMOLZ + BICKENBACH GROUP

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