Wirtschaft erholt sich vom Corona-Schock

von Hubert Hunscheidt

Dennoch dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2020 um 5,7% niedriger liegen als 2019. Für das Jahr 2021 ist laut der Herbstprognose des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) mit einem BIP-Zuwachs von 3,2% zu rechnen. Für Ostdeutschland zeichnet sich ab, dass der Produktionsrückgang mit 3,0% im Jahr 2020 schwächer ausfällt als in Deutschland insgesamt.

Die Corona-Pandemie hat die Weltwirtschaft im ersten Halbjahr 2020 drastisch einbrechen lassen. Im Sommer wurden viele Aktivitäten aber wieder aufgenommen, und ein großer Teil des Einbruchs dürfte im zweiten Halbjahr wieder wettgemacht werden. Die in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften geschnürten Fiskalpakete sind in ihrem Umfang einmalig, auch wenn nur ein Teil der Maßnahmen schon in diesem Jahr wirksam wird. Die Pandemie ist aber noch keineswegs auf dem Rückzug. Erhöht hat sich die Zahl von Infektionen und Sterbefällen im Sommer vor allem in Südamerika, Indien und den USA, aber auch in Spanien und Frankreich. Einige wirtschaftliche Aktivitäten wie der Tourismus oder Verkehrsdienstleistungen werden überall auf der Welt auch im Jahr 2021 beeinträchtigt bleiben.

„Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Halbjahr 2020 deutlich stärker zurückgegangen als während der Finanzkrise im Winterhalbjahr 2008/2009“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH, „mittlerweile ist die Wirtschaft aber auf dem Weg in eine neue Normalität.“ Die Aktivität ist ab Mai wieder kräftig gestiegen, allerdings lag die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe im Sommer noch deutlich unter dem Stand zu Jahresanfang. Auch am Arbeitsmarkt ist die Rezession angekommen: Die Zahl der Erwerbstätigen nahm zwischen Februar und Juli 2020 um 1,5% ab. Nicht zuletzt wegen der automatischen Stabilisatoren und der expansiven finanzpolitischen Maßnahmen sind die verfügbaren Einkommen jedoch stabil geblieben, und der private Konsum wird in der zweiten Jahreshälfte stark zulegen. Weil die Pandemie der Wirtschaft aber einen Strukturwandel aufzwingt und dieser die Wirtschaft belastet, dürften die Produktionskapazitäten bis ins Jahr 2022 unterausgelastet bleiben.

Für Ostdeutschland zeichnet sich laut Holtemöller ab, dass der Einbruch der Wirtschaft schwächer ausfällt als in Deutschland insgesamt. Die Infektionszahlen sind hier geringer, und die Mobilität der Menschen ist während der Pandemie weniger zurückgegangen als im Westen. Zudem haben die öffentlichen Dienstleister, deren Produktion in diesem Jahr recht stabil bleiben dürfte, im Osten einen höheren Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung als in Deutschland insgesamt.

Der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo wird sich im Jahr 2020 auf –5,4% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt belaufen und dann langsam zurückgehen. Das Hauptrisiko für die deutsche Konjunktur besteht weiterhin im Pandemiegeschehen. So kann der gegenwärtig starke Anstieg der Infektionszahlen in Frankreich und Spanien auch die Erholung in Deutschland gefährden, denn die Volkswirtschaften sind eng miteinander verflochten.

Quelle: Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) / Vorschaufoto: marketSTEEL

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