Wie ein belgischer Edelstahl-Spezialist seine Produktion neu erfand

von Hubert Hunscheidt

Das Ergebnis: mehr Tempo, mehr Formate, mehr Materialauswahl – und volle Rückverfolgbarkeit.

In der metallverarbeitenden Industrie ist Effizienz längst nicht mehr nur eine Frage der Geschwindigkeit. Das gilt insbesondere für die technisch komplexe Blechbearbeitung. Lagerungsmöglichkeiten und Flexibilität hinsichtlich Formaten und Oberflächen sind ebenfalls von großer Bedeutung. Deshalb entschied sich Alinco, belgischer Spezialist für Edelstahl und hochwertige Maßanfertigungen, beim Bau seines neuen Standorts in Sint-Niklaas für eine innovative Automatisierungslösung des deutschen Unternehmens Remmert. „Wir sind kein Serienunternehmen. Unser Kerngeschäft besteht hauptsächlich aus projektbezogener Arbeit mit schwierigen und großen Teilen, beispielsweise für die pharmazeutische Industrie, den Maschinenbau und die allgemeine Industrie“, sagt Karine De Bie, Geschäftsführerin von Alinco. „Unser Unternehmen ist im Laufe der Jahre stark gewachsen und zog 2023 an einen brandneuen Standort mit 10.000 Quadratmetern Fläche um. Ein idealer Zeitpunkt, um unsere Logistikprozesse neu zu gestalten.

Feinmaschige Lagerverwaltung

Alinco arbeitet mit einer breiten Palette von Edelstahlsorten – von RVS304 bis RVS321, von blank bis doppelt geschliffen, in verschiedenen Formaten. Während Stahl relativ einheitlich ist, erfordert Edelstahl eine viel feinmaschigere Lagerverwaltung. De Bie: „Wir brauchten viel mehr Lagerkapazitäten, ohne dabei an klassische Palettenregale mit Gabelstaplern gebunden zu sein. Es musste sicherer, ergonomischer und intelligenter werden. Gemeinsam mit Remmert wurde eine maßgeschneiderte Lösung entwickelt: ein Blechlager mit mehr als 800 Lagerplätzen für sowohl 3015- als auch 4020-Formate, das Platz für über 3.200 Tonnen Blechmaterial bietet. „Dank des Systems sparen wir 30 Prozent Bodenfläche im Vergleich zu einem klassischen Lager”, erklärt De Bie. „Außerdem ist das Lager modular aufgebaut: Zusätzliche Kassetten und Türme wurden inzwischen bereits hinzugefügt.“

Von der Lagerung zum automatisierten Schneiden

Was die Lösung wirklich besonders macht, ist die Anbindung an zwei LVD-Laser über die LaserFLEX-Automation von Remmert. Eine Maschine verarbeitet Bleche bis 3015, die andere bis 6020. „Früher mussten unsere Mitarbeiter die Bleche manuell holen und ablegen“, fährt De Bie fort. „Jetzt geschieht das vollautomatisch. Durch das automatisierte System ist die Geschwindigkeit unserer Laser sogar weniger entscheidend geworden: Der Engpass ist nicht mehr das Schneiden, sondern die Materialzufuhr. Dank Remmert ist diese immer auf dem gleichen Niveau. So erreichen wir mit einer Schicht den Arbeitsrhythmus von zwei oder drei Teams.” Die Kombination aus automatischer Beladung und dem Einsatz von Schnellwechselstationen ermöglicht auch eine flexible Produktion. Tagsüber erfolgt die Maßarbeit, abends werden die Standardaufträge eigenständig abgewickelt. Das System wählt selbst die richtige Platte aus dem richtigen Kassettenmagazin aus.

Weniger Abfall, bessere Verschachtelung, mehr Rückverfolgbarkeit

Die Vorteile der Anlage gehen über Geschwindigkeit und Ergonomie hinaus. Auch die Verschachtelung – die Optimierung der Schnittmuster – hat sich deutlich verbessert. Es fallen weniger Restplatten an, und wenn doch, werden sie einfach wieder in das Blechlager zurückgelegt. Das WMS weiß genau, wo sich die Platten befinden. „Wir arbeiten auch mit vollständiger Rückverfolgbarkeit bis zum Niveau der Legierungsnummer nach dem sogenannten „Full Traceability”-Prinzip. Dazu ist ein ausgeklügeltes Lagersystem erforderlich. Selbst die Restplatten werden automatisch abgelegt, um Zeitverlust zu vermeiden. Wir haben auch weniger Probleme mit Kratzern und Beschädigungen, und selbst bei manuellen Eingriffen bleibt alles übersichtlich.“

Alinco ist mit der Entscheidung für eine Automatisierungslösung zufrieden. „Wenn doch einmal eine Störung auftritt, hilft uns Remmert oft innerhalb weniger Stunden per Fernwartung weiter. Es war eine Investition, aber keine ohne Ergebnis. Wir haben lange und kritisch verglichen, bevor wir uns für einen Partner entschieden haben. Remmert hat uns durch seinen Ruf und seine Bereitschaft, wirklich mitzudenken, überzeugt. Dank ihnen sind wir für die Zukunft der Blechbearbeitung gerüstet“, so De Bie.

Bildtext 1: Über nur eine Station werden neue Bleche eingelagert und geschnittene Blechtafeln auf Abruf aus dem Lager ausgelagert. Das Blechlager ist platzoptimiert für 3015 und 4020 Bleche.

Bildtext 2: Bleche bis unters Dach: Auf relativ kleiner Fläche können bis zu 3200 Tonnen Material bevorratet werden - ein Wettbewerbsvorteil für Alinco, die so schnelle Lieferzeiten auch für weniger gebräuchliche Materialien bieten können. Neben ganzen Rohblechen werden geschnittene Blechtafeln und Restbleche automatisiert gelagert und im WMS getrackt.

Bildtext 3: Ein zentrales Blechlager versorgt zwei LVD Laserschneidmaschinen über je eine eigene Automation. Zusätzlich können 6020 Bleche aus dem benachbarten Blechlagerregal manuell mit dem Hallenkran auf den Wechseltisch des 6020 Lasers gelegt werden. Geschnittene Blechtafeln und Restbleche werden automatisiert im Blechlager gepuffert.

Quelle und Fotos: Remmert GmbH