Warum Megaprojekte so oft scheitern

von Hans Diederichs

Sie sind die modernen Flaggschiffe der Industrie: komplexe, technisch anspruchsvolle Projekte, die mehrere Jahre dauern, viele Milliarden kosten und viele Beteiligte haben – kurz „Megaprojekte“. Unter dem Titel „Keep your Megaproject on Track“ untersucht eine neue Studie von Roland Berger, warum solche Investitionsprojekte oft scheitern und erläutert, was getan werden kann, um einen sicheren Ablauf zu gewährleisten.

Flughafen-, Straßen- und Schieneninfrastrukturprojekte oder auch größere Beschaffungsprogramme haben an vielen Fronten mit Herausforderungen zu kämpfen. Und was besonders wichtig ist: Es gibt meist kein vergleichbares Projekt in der Vergangenheit. "Das führt dazu, dass 90 Prozent aller Megaprojekte ihr Budget und ihren Zeitplan überschreiten", sagt Heiko Ammermann, Partner bei Roland Berger und Co-Autor der Studie. "Deshalb hat das Management vor allem die Aufgabe, ein mehrdimensionales Puzzle in einem sich ständig verändernden Umfeld zu lösen."

Gewaltige Einsparungen möglich

Die Analyse von knapp 1.000 Megaprojekten ergab, dass deren tatsächliche Kosten im Schnitt um 55 Prozent über dem ursprünglichen Budget lagen – ein Faktor, der bei steigender Zahl von Megaprojekten erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben dürfte. Dabei macht es keinen Unterschied, in welchem politischen oder wirtschaftlichen System ein Projekt durchgeführt wird. Von London bis China, die Kosten laufen regelmäßig aus dem Ruder.

Angesichts der Tatsache, dass in den kommenden 15 Jahren geschätzte 30-75 Billionen Euro in Megaprojekte investiert werden sollen, rechnet Ammermann damit, dass Verbesserungen beim Management zu Einsparungen zwischen 3 und 7,5 Billionen Euro führen könnten.

Vier Gründe für das Scheitern

Die üblichen Standardverfahren des Projektmanagements – vom Stage-Gate-Konzept bis zum Front-End-Loading – haben sich bei Megaprojekten alle als unzureichend erwiesen.

Vier Faktoren sind dabei häufig entscheidend: Erstens die erhebliche Komplexität solcher Projekte. Zweitens ihr bahnbrechender Charakter, der zur Folge hat, dass kaum Standardverfahren zum Einsatz kommen und die jeweiligen individuellen Herausforderungen erst mit dem Fortschritt des Projekts ans Tageslicht kommen. Der dritte Faktor ist die Unvorhersehbarkeit von Umständen und Komplikationen, die sich weder vermeiden noch exakt vorausberechnen lassen. Und schließlich kann sich die Dynamik der Akteure im Verlauf eines Projektes ändern.

"Diese vier Faktoren schaffen Probleme, die das Management von Megaprojekten lösen muss", sagt Ammermann. "Dazu kommt, dass Fehler in den Entscheidungsprozessen auf den niedrigeren Ebenen eines Projekts häufig nicht über die Weisungskette kommuniziert werden. Das führt zu einer zusätzlichen Fehlausrichtung der Puzzleteile des Projekts. Je später diese erkannt wird, desto mehr zusätzliche Arbeit wird nötig, was wiederum zu Zeitplan- und Budgetüberschreitungen führt."

Quelle: Roland Berger; Vorschau-Bild: Die Hamburger Elbphilharmonie, eines der am spektakulärsten fehlkalkulierten Megaprojekte der jüngeren deutschen Vergangenheit (Foto: Petra Dirscherl  / pixelio.de); Titelbild Studie: Roland Berger

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