Vertragshändler digitalisiert Lagermanagement

von Alexander Kirschbaum

„Wer sein Lager auf Effizienz trimmen will, kann an zwei wesentlichen Punkten ansetzen“, sagt Dennis Seeger vom Einkauf bei der G. ELSINGHORST Stahl und Technik GmbH (Elsinghorst): „Zum einen sollte die Verwaltung der Bestände und Bestellungen möglichst weitgehend automatisiert werden. Zum anderen muss der Gesamtbestand nicht einfach nur minimiert, sondern vor allem so justiert werden, dass die gewünschte Verfügbarkeit erhalten bleibt.“ Es komme also in hohem Maße darauf an, das Produktportfolio sowie die einzelnen Produkt-Bestände präzise an den jeweiligen Kundenbedarf anzupassen.

Mit diesem Ziel vor Augen hatte Elsinghorst schon eigene Lagermanagement-Systeme samt Berechnungsmöglichkeiten geschaffen. „Aber wir wollten – unserer Tradition gemäß – mal wieder neue Wege beschreiten“, wie der Datenexperte bei Elsinghorst, Sebastian Brinks, berichtet. „Und dabei schwebte uns angesichts der Fortschritte in der Informationstechnik eine leistungsfähigere Lösung vor, die den Warenbestand quasi ,selbsttätig‘ überwacht, die erforderlichen Bestellungen automatisch auslöst und außerdem den Warenfluss analysiert.“

An dieser Stelle kam ,Vendor Managed Inventory von SKF ins Spiel. Beim kurz „VMI“ genannten System handelt es sich um ein digitales Management-Tool für Lagerbestände, das die Planung auf Basis von gemeinsam definierten Sortiments- und Servicevorgaben automatisiert. „Es passt die Bestandsplanung dynamisch an das Bestellverhalten der Kunden an und optimiert dadurch den Lagerumschlag und die Verfügbarkeit“, erläutert Jürgen Schäfer vom Distribution Development der deutschen SKF. „Außerdem senkt das VMI den Verwaltungsaufwand des Händlers, indem es unter anderem die benötigten Produkt-Nachbestellungen bei SKF automatisch in Gang setzt.“

Neuland in Deutschland

Um diese Lösung zu installieren, betrat Elsinghorst daraufhin ebenso technologisches Neuland wie die deutsche SKF: Hierzulande gab es noch keine Referenzfälle bzw. Experten. „Das war für einen Mittelständler wie uns durchaus eine Herausforderung“, erinnert sich Seeger, „weil wir’s plötzlich mit IT-Fachleuten in Warschau und Logistik-Spezialisten von SKFs europäischem Distributionszentrum im belgischen Tongeren zu tun bekamen.“

Ein Großteil der Kommunikation lief demzufolge auf Englisch ab, und Kommunikationsbedarf gab es reichlich: „Beispielsweise mussten wir unsere vorhandenen Waren-Datensätze erst mal ins neue System übertragen“, so Brinks. „Dafür existierte zwar eine Art ,Formblatt‘, aber um die technische Anbindung bis zur Funktionstüchtigkeit voranzutreiben, waren viele Detailgespräche erforderlich“. So galt es unter anderem, diverse Schnittstellen zu definieren und sich über Kompatibilitäts-Aspekte auszutauschen, um den gegenseitigen Datentransfer sicherzustellen. „Hinzu kamen einige Debatten über Themen wie Einkaufsmengen oder Durchsätze“, ergänzt Seeger.

Nachdem alle Rahmenbedingungen erfüllt waren, ging das System im Sommer 2015 erstmals „ans Netz“. Im Rahmen des anfänglichen Probebetriebs justierten die Bocholter VMI-Vorreiter gemeinsam mit den SKF Experten noch einige Parameter nach. „Außerdem haben wir täglich manuell überprüft, ob die Vorschläge des Systems zur Bestandsbereinigung beziehungsweise -auffüllung überhaupt Sinn machen und ob die entsprechenden Bestellungen auch tatsächlich rausgegangen sind“, erinnert sich Brinks. „Zu Beginn waren nicht nur wir Projektleiter, sondern beispielsweise auch unsere Vertriebler etwas nervös“, gesteht Seeger, „schließlich wollten die Kollegen nicht mit ,leeren Händen‘ vor den Kunden stehen müssen, weil der Bestellvorgang versagt.“

Inzwischen habe das System derartige Zweifel jedoch komplett ausgeräumt. „Das VMI gleicht unsere Lagerbestände und Abverkäufe ständig ab. Die kontinuierlichen Berechnungen zur Bestandsplanung funktionieren ebenso zuverlässig wie die Bestellungen. Außerdem warnt uns das System sogar vor, wenn sich mal ein zu geringer Bestand anbahnt“, meint Brinks. „Darüber hinaus erhalten wir jeden Monat Statistiken mit wichtigen Kennzahlen. Und die lassen keinen Zweifel daran, dass wir unser Lager im besten Sinne ,gesundschrumpfen‘ konnten: Unser Gesamtbestand ist drastisch gesunken, während sich Umschlagshäufigkeit und Verfügbarkeit enorm verbessert haben“, berichtet Seeger.

Quelle: SKF  Artikelfoto: Durch die Einführung des Vendor Managed Inventory konnte Elsinghorst seinen Lagerbestand reduzieren und zugleich die Verfügbarkeit gut gehender Produkte verbessern. (Foto: Elsinghorst).

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