Upstream-Emissionsminderungen unter Betrugsverdacht
von Angelika Albrecht

Das DIW fragt: Wie viel haben Benzin- und Dieselkunden für Upstream-Emissionsminderungen bezahlt, die unter Betrugsverdacht stehen? Mineralölkonzerne sind verpflichtet, die Treibhausgasemissionen der von ihnen in Verkehr gebrachten Kraftstoffe zu mindern. Dem kamen sie seit dem Jahr 2020 teilweise nach, indem Klimaschutzprojekte in China finanziert wurden, die jetzt unter Betrugsverdacht stehen. Es ist davon auszugehen, dass sie die Kosten für diese Klimaschutzprojekte über die Spritpreise an Tankstellenkund*innen in Deutschland weitergegeben haben.
Die Ermittlungen zu den verdächtigen Projekten sind noch nicht abgeschlossen. Medienrecherchen gehen davon aus, dass Projekte zur Minderung von Treibhausgasemissionen in der chinesischen Ölindustrie entgegen den gesetzlichen Vorgaben als neue Anlagen ausgewiesen wurden, obwohl sie bereits bestanden, oder gar nicht existierten. In einer Kurz-Analyse wird überschlagsweise berechnet, wie viel die Endkund*innen für Emissionszertifikate bezahlt haben, bei denen keine tatsächliche Emissionsminderung erreicht wurde, sollten sich die Betrugsvorwürfe bestätigen.
Unternehmen, die Benzin und Dieselkraftstoff in den Verkehr bringen, sind gesetzlich zur Minderung von Treibhausemissionen verpflichtet. Sie sind dazu verpflichtet, eine jährlich steigende Quote (zum Beispiel acht Prozent im Jahr 2023 und 9,35 Prozent im Jahr 2024) der durch diese Kraftstoffe verursachten Emissionen zu vermeiden beziehungsweise zu kompensieren.info Diese Quote soll bis 2030 schrittweise auf 25,1 Prozent steigen.info Die Einsparungen können durch (i) fortschrittliche Biokraftstoffe (ii) Biokraftstoffe aus Altspeiseölen und tierischen Fetten und Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen (iii) erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs, beispielsweise grüner Wasserstoff oder E-Fuels, (iv) Anrechnung der Lieferung von Strom für Elektrofahrzeuge oder (v) durch sogenannte Upstream-Emissionsminderungen (im Folgenden UER abgekürzt) erbracht werden.
Zur Anrechnung von UER muss in einem Projekt der Öl- und Gasförderung durch eine Investitionsmaßnahme eine Emissionseinsparung erreicht und nachgewiesen werden. Die Einsparungen, die dadurch innerhalb eines Betriebsjahres erreicht und zertifiziert werden, können dann einmalig als Emissionsminderung auf die Quote angerechnet werden.info Im Mai 2024 wurde durch die Bundesregierung die Genehmigung neuer UER-Projekte mit Wirkung zum 2. Juli beendet. Damit können nach einjähriger Laufzeit der bereits bestehenden Projekte ab Sommer 2025 keine neuen UER-Nachweise mehr angerechnet werden.info
Aktuell gehen die „EU-Kommission und verschiedene Bundesbehörden und Staatsanwaltschaften dem Betrugsverdacht hinsichtlich mutmaßlich falsch deklarierter Biokraftstoffimporte und UER-Projekte auf den Grund.“info Im Folgenden soll abgeschätzt werden, wie viel die Endkund*innen über die Spritpreise für Upstream-Emissionsminderungszertifikate bezahlt haben, bei denen der Verdacht besteht, dass sie zu keiner Emissionsminderung geführt haben. Aufgrund einer Reihe von Unsicherheiten handelt es sich dabei eher um eine Abschätzung der Größenordnung als um eine exakte Berechnung.
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