Umweltökonom kritisiert Regelung zur Braunkohle

von Hans Diederichs

Die Große Koalition hat sich auf die Einführung einer Kapazitätsreserve bestehend aus Braunkohlekraftwerken geeinigt. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen diese Kraftwerke nur in Notsituationen Strom erzeugen und dann stillgelegt werden. So sollen 22 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich vermieden werden, um das nationale Klimaziel doch noch zu erreichen. Was das Klimaziel betrifft, hält Martin Achtnicht, Senior Researcher am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), diesen Ansatz für verfehlt:

„Außer Kosten in Milliardenhöhe für die Entschädigung der Stromkonzerne bringen die geplanten Stilllegungen alleine nichts. Zu beachten ist hierbei, dass der Stromsektor dem europäischen Emissionshandel – und damit einer gesamteuropäischen Emissionsobergrenze – unterliegt. Dies bleibt bei dem vorliegenden Konzept der Bundesregierung bisher vollkommen unberücksichtigt. Die Überführung mehrerer deutscher Braunkohlekraftwerke in eine Kapazitätsreserve verbessert zwar die Klimabilanz in Deutschland.

Tatsächlich werden aber keine Emissionen eingespart. Denn die ungenutzten Zertifikate deutscher Stromproduzenten werden am Markt veräußert und führen letztlich zu Emissionen in anderen Ländern oder Sektoren. Die nationalen Emissionsreduktionen im Stromsektor sind somit auf Europa bezogen wirkungslos. Sie stellen eine rein statistische Größe mit Symbolcharakter dar.

Zu allem Überfluss schwächt die geplante Kapazitätsreserve den europäischen Emissionshandel und damit das wichtigste Klimaschutzinstrument der Gegenwart. Die fehlende Nachfrage abgeschalteter Kohlekraftwerke wird den ohnehin niedrigen Preis für CO2-Zertifikate weiter drücken. Wenn der Ausstoß von CO2 aber fast nichts kostet, dann fehlen jegliche Anreize für Einsparungen, selbst kostengünstige Vermeidungsmaßnahmen bleiben ungenutzt. Klimapolitik wird also insgesamt teurer, aber nicht besser.“

Quelle: ZEW  Foto: FotoHiero  / pixelio.de

 

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