Thyssenkrupp schreibt rote Zahlen

von Hubert Hunscheidt

Dies ist zum einen auf die im Wesentlichen marktbedingt rückläufige operative Entwicklung zurückzuführen. Zum anderen sind darin Wertminderungen auf das Anlagevermögen in Höhe von 2,1 Mrd € enthalten, die im Wesentlichen bei Steel Europe vorgenommen werden mussten. Diese resultierten aus gestiegenen Kapitalkosten sowie den Implikationen der zunehmend eingetrübten kurz-, mittel- und langfristigen Ertragserwartungen vor dem Hintergrund der konjunkturellen Lage und des stahlspezifischen Strukturwandels.

Der Auftragseingang erreichte 37,1 Mrd € nach 44,3 Mrd € im Vorjahr. Neben im Wesentlichen transaktionsbedingten Rückgängen bei Multi Tracks war dies vor allem auf stark rückläufige Werkstoffpreise bei Materials Services und einen im Vorjahr gebuchten Großauftrag bei Marine Systems zurückzuführen. Der Umsatz betrug 37,5 Mrd € (i.V.: 41,1 Mrd €). Hier konnte der Umsatzanstieg bei Automotive Technology den durch niedrigere Werkstoff- und Spotmarktpreise bedingten Umsatzrückgang bei Materials Services und Steel Europe nicht ausgleichen. Hinzu kam auch hier ein transaktionsbedingter Umsatzrückgang bei Multi Tracks.

Das Bereinigte EBIT betrug 703 Mio € (Vorjahr: 2.062 Mio €). Hier machten sich der Margendruck bei Materials Services infolge rückläufiger Werkstoffpreise sowie die zusätzlich hohen Rohstoff- und Energiekosten und niedrigere Erlöse bei Steel Europe bemerkbar. Ergebnisverbesserungen bei Automotive Technology, Marine Systems und Multi Tracks konnten diese Entwicklung nur teilweise kompensieren. Der Free Cash-Flow vor Akquisitionen verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr (-476 Mio €) deutlich und war mit 363 Mio € positiv.

Miguel López, Vorstandsvorsitzender der thyssenkrupp AG: „Die Zahlen zeigen, dass wir mit der Transformation von thyssenkrupp trotz des schwierigen Umfelds vorangekommen sind, aber weiter hart an der Verbesserung der Performance unserer Geschäfte arbeiten müssen."

Geschäftsentwicklung in den Segmenten im Geschäftsjahr 2022/2023

Materials Services erreichte mit einem Auftragseingang von 13,7 Mrd € (Vorjahr: 16,0 Mrd €) und einem Umsatz von 13,6 Mrd € (Vorjahr: 16,4 Mrd €) nicht die Rekordwerte des Vorjahres. Ursächlich hierfür waren rückläufige Werkstoffpreise in nahezu allen Produktgruppen. Beim Bereinigten EBIT erzielte das Segment mit 178 Mio € erneut ein deutlich positives Ergebnis, konnte aber das hohe Vorjahresniveau (837 Mio €) nicht erreichen. Dies ist vor allem auf den Margendruck infolge der gesunkenen Werkstoffpreise zurückzuführen. Positive Ergebniseffekte erzielte das Segment aus der weiterhin konsequent umgesetzten Transformation sowie aus den laufenden Effizienzsteigerungsprogrammen und der Vorratsbewertung.

Im Großwälzlagergeschäft Bearings (ab 1. Oktober 2023 Rothe Erde, bis 30. September 2023 als eigenständiges Segment ausgewiesen, ab 1. Oktober 2023 dem Segment Decarbon Technologies zugeordnet) führten Nachfragerückgänge in der Windenergie in China und im Anwendungsbereich Baumaschinen zu einem insgesamt niedrigeren Auftragseingang (-7 Prozent auf 1,2 Mrd. €) und Umsatz (-2 Prozent auf 1,1 Mrd. €). Deutlich gestiegene Energie- und Personalkosten führten zu einem Ergebnisrückgang auf 101 Mio. € (Vorjahr: 120 Mio. €). Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung konnten diese Entwicklung teilweise kompensieren.

Das Schmiedegeschäft Forged Technologies (bis 30. September 2023 als eigenständiges Segment ausgewiesen, ab 1. Oktober 2023 dem Segment Automotive zugeordnet) konnte Auftragseingang und Umsatz durch die Weitergabe gestiegener Faktorkosten an die Kunden - unterstützt durch positive Wechselkurseffekte - auf jeweils 1,6 Mrd € verbessern. Das Bereinigte EBIT lag mit 102 Mio € aufgrund geringerer Abrufe bei Pkw-Antriebsstrangkomponenten sowie Anlagenstillständen und Instandhaltungsmaßnahmen unter dem Vorjahreswert (113 Mio €). Fortgesetzte Kostensenkungsmaßnahmen bei gleichzeitiger Optimierung der Personalaufwandsquote konnten dies teilweise kompensieren.

Automotive Technology konnte den Auftragseingang auf 5,4 Mrd € (+12 Prozent) und den Umsatz auf 5,5 Mrd € (+14 Prozent) dank der gestiegenen Kundennachfrage in nahezu allen Business Units deutlich verbessern. Allerdings wirkte sich die eingeschränkte Verfügbarkeit von elektronischen Halbleitern in der Automobilindustrie weiterhin wachstumshemmend aus. Das Bereinigte EBIT des Segments stieg deutlich auf 223 Mio € (Vorjahr: 108 Mio €). Hierzu trugen höhere Absatzmengen, Preis- und Effizienzsteigerungsmaßnahmen, Entlastungen bei Transport- und Rohstoffkosten sowie insgesamt positive Einmaleffekte bei. Gegenläufig wirkten Faktorkostensteigerungen, insbesondere bei Zukaufteilen, Personal und Energie.

Der Auftragseingang von Steel Europe lag mit 12,2 Mrd € über dem Vorjahreswert (11,8 Mrd €). Hierzu trug insbesondere die gestiegene Nachfrage aus der Automobil- und der Bauindustrie bei. Während sich die Versandmengen im Vergleich zum Vorjahr stabil entwickelten, führten rückläufige Spotmarktpreise zu einem leicht niedrigeren Umsatz von 12,4 Mrd € (-6 Prozent). Der hohe Anteil an Langfristverträgen wirkte stabilisierend und verhinderte einen stärkeren Umsatzrückgang. Das Adjusted EBIT lag mit 320 Mio € unter dem Rekordwert des Vorjahres (1,2 Mrd €). Insbesondere im 1. Halbjahr belasteten hohe Rohstoff- und Energiekosten das Ergebnis. Positive Effekte aus den fortschreitenden Restrukturierungen und den laufenden Performance-Maßnahmen im Rahmen der Umsetzung der „Stahlstrategie 20-30“ wirkten weiterhin unterstützend.

Der Auftragseingang von Marine Systems lag mit knapp 1 Mrd € erwartungsgemäß deutlich unter dem Vorjahreswert (4,2 Mrd €), in dem ein Großauftrag enthalten war. Der Umsatz lag mit 1,8 Mrd € auf dem Niveau des Vorjahres (1,8 Mrd €). Dazu trugen die Endabrechnungen von zwei Fregatten und einem U-Boot bei. Darüber hinaus konnten die Bereiche Services und Marineelektronik leicht zulegen. Dies und Effekte aus den eingeleiteten Performance-Maßnahmen führten zu einer deutlichen Verbesserung des Bereinigten EBIT auf 80 Mio € (Vorjahr: 32 Mio €). Dank des starken Auftragseingangs der vergangenen Jahre verfügt das Segment mit einem Auftragsbestand von 12,6 Mrd € über eine solide Basis für seinen Wachstumskurs.

Nach dem Verkauf der Edelstahl- und Mining-Aktivitäten im Segment Multi Tracks lagen sowohl der Auftragseingang mit 3,7 Mrd € (-43 Prozent) als auch der Umsatz mit 3,2 Mrd € (-23 Prozent) vor allem transaktionsbedingt unter den Vorjahreswerten. Sowohl bei Uhde als auch bei thyssenkrupp nucera lag der Auftragseingang erwartungsgemäß unter dem Vorjahresniveau, das durch einen Großauftrag für den Bau einer Ammoniakproduktionsanlage bzw. die Vergabe größerer Wasserstoffprojekte geprägt war. Polysius hingegen konnte durch den Ausbau des Servicegeschäfts und einen Großauftrag in den USA den Auftragseingang gegenüber dem Vorjahr steigern. Auch Springs & Stabilizers übertraf das Vorjahresniveau.

Automation Engineering erreichte ein gutes Niveau, blieb aber unter dem sehr guten Auftragseingang des Vorjahres. Der Umsatz des Segments lag aufgrund des höheren Auftragseingangs in der Vorperiode strukturbereinigt deutlich über dem Vorjahreswert. Trotz des Wegfalls der deutlich positiven Ergebnisbeiträge aus dem Edelstahl- und Mining-Geschäft wies das Segment mit -132 Mio € einen deutlich geringeren Verlust aus als im Vorjahr (-173 Mio €). Dies ist im Wesentlichen auf die positive Entwicklung im Anlagenbau, bei thyssenkrupp nucera sowie bei Springs & Stabilizers zurückzuführen.

Das Bereinigte EBIT der Corporate Headquarters lag mit -169 Mio € unter dem Vorjahreswert (-154 Mio €). Dies ist im Wesentlichen auf höhere Aufwendungen aus der Bildung von Rückstellungen für aktienbasierte Vergütungen zurückzuführen.

Prognose 2023/2024: Steigerung des Adjusted EBIT auf hohen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag

In einem herausfordernden Marktumfeld mit geo- und handelspolitischen Konflikten, hoher Inflation sowie steigenden Zinsen geht thyssenkrupp für das laufende Geschäftsjahr von einer insgesamt schwierigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung aus. Zudem erwartet das Unternehmen weiterhin volatile Preisniveaus auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten, etwa bei Rohstoffen und Energie. Dies kann zu Schwankungen in der Umsatz- und Ergebnisentwicklung führen.

Trotz Rückgängen bei Steel Europe erwartet thyssenkrupp für das Geschäftsjahr 2023/2024 einen leichten Anstieg des Umsatzes (Vorjahr: 37,5 Mrd €). Dazu werden insbesondere deutliche Zuwächse bei Decarbon Technologies sowie bei Marine Systems beitragen. Auch bei Automotive Technology wird mit einem leichten Umsatzanstieg gerechnet.

Beim Bereinigten EBIT geht thyssenkrupp von einem Anstieg auf einen Wert im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich aus (Vorjahr: 703 Mio €), zu dem Steel Europe mit einem Wert im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich beitragen soll (Vorjahr: 320 Mio €). Die Entwicklung der einzelnen Business Areas wird insbesondere durch Maßnahmen im Rahmen des Performance-Programms „APEX“ unterstützt.

Quelle: Thyssenkrupp AG / Foto: marketSTEEL

 

 

 

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