thyssenkrupp digitalisiert Logistik

von Alexander Kirschbaum

In den vergangenen 30 Jahren haben sich der Lkw- und Pkw-Verkehr an den Werktoren von thyssenkrupp in Duisburg-Nord auf fast 120.000 Ein- und Ausfahrten pro Woche vervielfacht. Bis 2025 erwartet die Stahlsparte des Essener Industriekonzerns eine weitere Zunahme um 20 Prozent. So werden beispielsweise jedes Jahr allein mehr als eine Million Tonnen sogenannter Hüttensand aus der Produktion per Lkw zur Weiterverarbeitung abtransportiert. Es gibt 600 Ladestellen auf dem Werkgelände, die regelmäßig angefahren werden. Rund 60 Partnerfirmen von thyssenkrupp sind auf dem Straßennetz unterwegs.

Hinzu kommt dem Unternehmen zufolge eine extrem angespannte Verkehrssituation rund um das Werk hinzu, die durch viele Staus und eine marode Infrastruktur gekennzeichnet ist. „Um diesen Herausforderungen zu begegnen, greifen wir auf modernste, digitale Lösungen zurück, die jetzt schrittweise umgesetzt werden“, erklärt Ulrike Höffken. „Dies wird zu deutlichen Verbesserungen für die Spediteure und Lkw-Fahrer und zugleich die Verkehrslage rund um unseren Standort entspannen“, so die Leiterin Logistik bei der thyssenkrupp Steel Europe AG. „Unsere Organisation von Güterströmen heben wir damit auf ein neues Niveau, so dass man quasi von Logistik 4.0 sprechen kann.“

Wie kommt ein Transport auf dem schnellsten Weg zum Werk? Wie findet sich ein Lkw-Fahrer auf dem weitläufigen Gelände im Duisburger Norden zurecht und woher weiß die Ladestelle vor Ort, wann die Lieferung wirklich eintrifft? Mit digitaler Technologie hat thyssenkrupp dazu Antworten gefunden. Kernstücke dabei sind die Navigation auf dem thyssenkrupp-Areal sowie eine Trucker-App, die im Laufe des kommenden Jahres zur Verfügung stehen sollen.

Zusammenarbeit mit HERE

Das fast zehn Quadratkilometer große Werkgelände ist für viele Nutzer, die sich auf den insgesamt 70 Kilometern Straße bewegen, schwer zu durchschauen. Um hier Abhilfe zu schaffen, arbeitet die Stahlsparte von thyssenkrupp mit HERE, Entwickler und Anbieter von cloudbasierten Kartendiensten, zusammen, hinter dem ein Konsortium führender Automobilhersteller steht. Die Karten und Dienste von HERE sind in sehr vielen Navigationsgeräten verbreitet. Die Fläche des Duisburger Hüttenwerkes ist zwischenzeitlich digital kopiert worden, so dass die geografischen Daten demnächst nutzbar sein werden.

Verkehrsleitsystem von Siemens

Die Anlaufpunkte in der Navigationskarte sind auch Bestandteil des neuen Verkehrsleitsystems von Siemens. Wenn ein Lkw-Fahrer künftig eine Lieferung z. B. über seine Trucker-App anmeldet, erhält er online eine vorgeschlagene Route. Diese berücksichtigt unter anderem Staus oder Baustellen und berücksichtigt Lkw-Sperrungen sowie großräumige Umfahrungen von Wohngebieten. Das System kommuniziert mit dem Fahrer, so dass dieser flexibel auf Änderungen reagieren kann. Zugleich kann so der Zufluss von Transporten hin zum Werk gesteuert werden. Insgesamt sollte dies zu spürbaren Erleichterungen für die Lkw-Fahrer führen und ebenso bei der Entspannung der Verkehrssituation im Umfeld helfen.

Effizientere Be- und Entladung von Transporten

Schließlich hilft das neue Verkehrsleitsystem auch bei der Be- und Entladung von Transporten. Bisher schon hat die Stahlsparte von thyssenkrupp für die Spediteure mit Zeitfenstern bzw. an vielen Ladestellen auch mit sogenannten Zeitkorridoren von 1,5 bis zu 3,5 Stunden Länge gearbeitet. In dieser Zeit werden mehrere Lkw eingeplant und dann nach dem Motto „first come, first serve“ beladen. Trotz dieses speziellen Services bestand laut dem Unternehmen weiterhin die Schwierigkeit, dass deutliche Verzögerungen z. B. durch Staus die Abläufe durcheinander warfen und Termine verpasst wurden. Die thyssenkrupp-Mitarbeiter an den Ladestellen wussten oftmals nicht, ob und wann eine Fracht eintraf.

Mit einer Sendungsverfolgung, dem „track & tracing“-Tool, ist künftig eine weitere Flexibilisierung des Zeitfenster-Managements möglich. Auf Basis der kalkulierten Ankunftszeit, können durch das Logistik-System bei thyssenkrupp in Duisburg andere Reihenfolgen geplant oder eine Umbuchung des Zeitfenster vorgenommen werden. Auch Auskünfte beispielsweise über eine Änderung der Ladestellen erhält der Lkw-Fahrer auf seiner Navigations-Route. Dabei ist das System sehr flexibel, da es per GPS-Daten stets über die aktuelle Position des Lastwagens informiert ist und sich die erwartete Ankunftszeit vor Ort laufend aktualisiert.

Quelle und Vorschau-Foto: thyssenkrupp Steel Europe

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