Tata Steel Nederland und ESA forschen auf der ISS an Stählen

von Hubert Hunscheidt

Tata Steel Nederland und die Europäische Weltraumorganisation (ESA) führen auf der Internationalen Raumstation (ISS) Experimente durch, um die thermophysikalischen Eigenschaften von Stahl zu erforschen. Diese zukunftsweisende Forschung unterstützt nicht nur die Entwicklung effizienterer Stahlproduktionsprozesse, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Energiewende.
 
Der Fokus der Forschung liegt auf Stählen, die beispielsweise für Elektromotoren in Elektrofahrzeugen eingesetzt werden. Ihre Qualität beeinflusst maßgeblich die Effizienz der
Motoren und damit auch ihren Energieverbrauch. Im Rahmen des Projekts „Space for Science“ stellt Tata Steel Nederland speziell vorbereitete Stahlproben und Fachwissen bereit, während die ESA für die Durchführung der Experimente im Weltraum verantwortlich ist.
 
Reinere Daten durch Wegfall von Schwerkraft
 
„Im Weltraum können Wissenschaftler Stahl unter idealen Bedingungen untersuchen, da die Schwerkraft die Ergebnisse nicht beeinflusst. Dies führt zu reineren Daten, die es uns
ermöglichen, die thermophysikalischen Eigenschaften wie die Erstarrungstemperatur genauer zu analysieren“, erklärt Dr. Begona Santillana, Leiterin des Projekts bei Tata Steel. „Diese
Erkenntnisse helfen uns, Produktionsprozesse zu optimieren, Energie zu sparen, Fehler im Gießprozess zu vermeiden und verschiedene Stahlsorten mit weniger Prozessproblemen
herzustellen.“
 
Der Übergang von flüssigem zu erstarrtem Stahl ist ein komplexer Prozess, der bei Temperaturen von rund 1.500 Grad Celsius von mechanischen, thermodynamischen und
thermophysikalischen Eigenschaften beeinflusst wird. „Jeder Stahl, der uns umgibt, war einmal flüssig. Und genau in diesem Prozess können zahlreiche Fehler auftreten“, so Dr. Santillana. Im Labor erschwert die Schwerkraft die Analyse. Im Weltraum jedoch ermöglicht die Schwerelosigkeit die Untersuchung der Proben unter idealen Bedingungen, was zu
genaueren und zuverlässigeren Ergebnissen führt.
 
 
Zusammenarbeit zwischen ESA und Tata Steel Nederland
 
Tata Steel Nederland bereitet für die Forschung auf der ISS Stahlpellets von weniger als 10 Gramm auf der Erde vor. Diese werden zusammen mit anderen Proben in einer Art Karussell platziert und per Rakete zur Raumstation transportiert. Dort werden die Proben in einen doppelwandigen elektromagnetischen Levitator (EML) eingesetzt. In diesem werden sie in mehreren Zyklen geschmolzen, abgekühlt und erneut verfestigt werden.
 
Die dabei gewonnenen Daten werden in Echtzeit an das „Microgravity User Support Center“, einem Support-Center der ISS in Köln, übermittelt. Die Stahlproben werden zur weiteren
Analyse anschließend an Tata Steel Nederland und die University of Warwick im Vereinigten Königreich gesendet. Der Materialexperte Wim Sillekens ist am Weltraumstahlprojekt von Seiten der ESA bzw. des Europäischen Weltraumforschungs- und Technologiezentrums beteiligt und erklärt: „Für die Wissenschaft hat die gesamte Materialforschung im Rahmen des
Programms „Space for Science“ bereits zu mehr als 1.600 Veröffentlichungen geführt, darunter eine Reihe wissenschaftlicher Artikel zusammen mit Tata Steel.“ Er fügt an: “Unsere Zusammenarbeit hat zu einzigartigen Erkenntnissen über die Eigenschaften von Stahl geführt, die auf andere Weise nicht messbar gewesen wäre.
 
Viele der im EML untersuchten Materialien – darunter Stahl, Halbleiter und magnetische Materialien – sind essenziell für Technologien wie Windkraftanlagen und Solarmodule. Selbst
kleine Verbesserungen in ihrer Leistungsfähigkeit haben global gesehen einen großen Wert.“
 
Wissenschaft für den nachhaltigen Fortschritt
 
Die Forschung auf der ISS zeigt, wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wissenschaft zu nachhaltigen Innovationen führen kann. „Durch unsere Arbeit können wir die Stahlproduktion nicht nur nachhaltiger gestalten, sondern auch die Qualität entscheidend verbessern“, fasst Dr. Santillana zusammen.
 
Quelle und Fotos: Tata Steel Nederlande B.V. / ESA

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