Sorgen über steigende Stompreise und Versorgungssicherheit

von Hubert Hunscheidt

Klimaschutz ist für die Unternehmen in Deutschland ein wichtiges Thema. Gleichzeitig sind viele Betriebe vom Verlauf der Energiewende enttäuscht. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der IHK-Organisation, die der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) vorlegt.
 
Die Energiewende-Stimmung in der Wirtschaft ist insgesamt so negativ wie seit 2015 nicht mehr. Vor allem in der Industrie sank der Barometerwert gravierend. Nur 15 Prozent der Industrieunternehmen betrachten die Energiewende noch als positiv für das eigene Geschäft. Vor allem die steigenden Strompreise und das Thema Versorgungssicherheit bereiten den Betrieben wachsende Sorge. Mit der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke entfällt in Süddeutschland 2022 gesicherte Leistung in erheblichem Umfang; gleichzeitig verläuft der Netzausbau weiterhin viel zu schleppend.
 
"Das Vertrauen der Unternehmen in nachhaltige Entscheidungen der Politik ist durch Fehlentwicklungen bei der Energiewende empfindlich gestört", kommentiert DIHK-Präsident Eric Schweitzer die Umfrageergebnisse. "Das zeigt sich über Branchen und Regionen hinweg."
 
Die Enttäuschung der Unternehmen macht sich vor allem an Versäumnissen beim Ausbau des Stromnetzes fest. "Wenn wir nicht mehr Stromtrassen bekommen, um etwa Windstrom von der Küste in die Industrieregionen im Süden zu transportieren, schaffen wir den Umstieg weder ökologisch noch wirtschaftlich", sagt DIHK-Präsident Eric Schweitzer.  Deshalb steht der Netzausbau auf der Wunschliste der Wirtschaft ganz oben: 79 Prozent der Betriebe halten dies für eine zentrale Aufgabe. Dahinter folgen: Beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren (70 Prozent), eine Verringerung der Steuer- und Abgabenlast auf Strom (57 Prozent), eine bessere Koordination der Energiewende (57 Prozent) und der weitere, verstärkte  Ausbau erneuerbarer Energien (55 Prozent).
 
Gleichzeitig hat die deutsche Wirtschaft durchaus großes Interesse an mehr wirksamem Klimaschutz. Im Grundsatz befürworten neun von zehn Unternehmen zusätzliche Maßnahmen, damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht. Bei den nun anstehenden Beratungen des Klimakabinetts kommt es nach Auffassung von Eric Schweitzer darauf an, "die richtigen Weichenstellungen zu verabreden". Erforderlich sei "ein Gesamtpaket, mit dem sich Klimaziele effizient und in wirtschaftlich vernünftiger Weise erreichen lassen".
 
Schließlich müssten 2019 erstmals über die Hälfte der Betriebe mehr für den Strom bezahlen als im Vorjahr. "Wer bei Unternehmen Vertrauen gewinnen will, muss ihnen Zeit für Umstellungen gewähren", so der DIHK-Präsident. Komme etwa eine CO2-Bepreisung, benötige die Wirtschaft Übergangszeiten, weil es in vielen Fällen – etwa im Schwerlastverkehr – noch keine wirtschaftlich verfügbaren Alternativen gebe.
 
Schweitzer: "Zentral bei einer CO2-Bepreisung ist, dass die Wirtschaft unter dem Strich nicht zusätzlich belastet wird. Denn ein CO2-Preis würde in Kombination mit den im internationalen Vergleich hohen Strompreisen ihre Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Aus unseren Umfragen lässt sich ablesen, dass zwei von fünf Betrieben zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen nur dann befürworten, wenn diese nicht mit neuen finanziellen oder bürokratischen Belastungen verbunden sind. Wo dies aus Klimaschutzgründen unvermeidbar ist, braucht die Wirtschaft an anderer Stelle einen Ausgleich."
 
Solch ein wirksamer Ausgleich ließe sich nach Einschätzung des DIHK für einen Großteil der Betriebe über die Senkung der EEG-Umlage erzielen. Unternehmen, die wenig Strom, aber beispielsweise viel Erdgas verbrauchen, müssten zusätzlich entlastet werden. "Andernfalls verliert Deutschland für diese Betriebe seine Attraktivität als Investitionsstandort", warnt Schweitzer.
 
An der Online-Erhebung für das "IHK-Energiewende-Barometer 2019" beteiligten sich im Juni fast 2.600 Mitgliedsunternehmen der Industrie- und Handelskammern (IHKs). Dabei bewerteten sie die Folgen der Energiewende für die eigene Wettbewerbsfähigkeit auf einer Skala von -100 bis +100.
 
Quelle: DIHK / Vorschaufoto: marketSTEEL
 

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