Stahlstandort Indien – der Wachstumsmotor Stahlindustrie soll grüner werden
von Hubert Hunscheidt
Über 600 Aussteller aus 22 Ländern präsentieren hier neueste Technologien und Produkte für die Metallverarbeitung. Im Rahmen der Fachmesse wird die METEC India Konferenz am 29. November zentrale Themen wie die Dekarbonisierungsziele der indischen Stahlindustrie bis 2047 beleuchten.
Indien positioniert sich zunehmend als global bedeutender Stahlproduzent und Wachstumstreiber, insbesondere durch seine ambitionierte Wirtschaftspolitik unter Premierminister Narendra Modi, die das Ziel verfolgt, das Land bis 2047 zu einer voll entwickelten Nation zu machen. Ein zentraler Bestandteil dieser Vision ist die Stahlindustrie, die seit Jahren stetig wächst und gegenwärtig etwa 2 % zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt. Der steigende Bedarf an Stahl für Infrastruktur, Wohnungsbau und Automobilproduktion treibt dieses Wachstum weiter an. Gleichzeitig stehen die Branche und das Land vor einer großen Herausforderung: die Reduktion der CO₂-Emissionen, um langfristige Klimaziele zu erreichen. Die Stahlindustrie verursacht derzeit 10-12 % der nationalen CO₂-Emissionen, was sie zum Ziel umfassender Dekarbonisierungsmaßnahmen macht.
Indien hat bereits Fortschritte beim Ausbau erneuerbarer Energien erzielt, doch um das ehrgeizige Netto-Null-Ziel bis 2070 zu erreichen, muss der Industriesektor und insbesondere die Stahlproduktion emissionsärmer gestaltet werden. Hier setzt die Regierung auf eine klare Dekarbonisierungsstrategie, die innovative Technologien, den Einsatz erneuerbarer Energien und die verstärkte Nutzung von Recyclingmaterialien umfasst. Eine kürzlich veröffentlichte Roadmap der indischen Regierung zeigt in einem 14-Punkte-Plan konkrete Wege zur Emissionsreduktion im Stahlsektor auf. Insbesondere soll die Produktion von kohlebasiertem Direktreduziertem Eisen (DRI) auf gasbasierte Verfahren umgestellt werden, um langfristig den Übergang zu grünem Wasserstoff zu ermöglichen. Der verstärkte Einsatz von Biokohle, die aus nachwachsenden Pflanzen gewonnen wird, gilt ebenfalls als vielversprechende Alternative zu Kohle und Koks.
Da Indien jedoch stark von Kohle abhängig ist, liegt ein besonderer Fokus auf Technologien zur CO₂-Reduktion direkt am Hochofen sowie auf Maßnahmen zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) und -nutzung (CCU). Der Einsatz von Wasserstoff als Kohleersatz wird aus realistischer Sicht auch langfristig nur eine begrenzte Rolle spielen können, weshalb die Reduktionstechnologien am Hochofen unverzichtbar bleiben.
Große indische Stahlproduzenten wie Tata Steel, JSW Steel und Jindal Steel & Power setzen bereits vielfältige Maßnahmen zur Emissionsreduktion um. Tata Steel etwa arbeitet intensiv an der Entwicklung und Nutzung wasserstoffbasierter Produktionstechnologien und testet den Einsatz von Wasserstoff als Ersatz für Kohle. JSW Steel verfolgt das Ziel, seine CO₂-Emissionen bis 2030 drastisch zu reduzieren und setzt dabei auf erneuerbare Energien sowie Recycling von Schrott. Das Unternehmen plant, seine inländische Produktionskapazität deutlich auszubauen und verstärkt grüne Technologien zu nutzen. Auch Jindal Steel & Power engagiert sich in der Kohlenstoffabscheidung und arbeitet an der Integration von CO₂-Kreislaufwirtschaft in die Produktionsprozesse.
Neben den etablierten Unternehmen investiert auch das Industriekonglomerat Adani Group in die Zukunft des grünen Stahls und plant den Bau eines integrierten Stahlwerks, das auf erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff basiert. Diese umfassenden Initiativen zeigen die Entschlossenheit Indiens, den Stahlsektor zu modernisieren und klimafreundlicher zu gestalten. Trotz der Herausforderungen, die eine starke Abhängigkeit von Kohle mit sich bringt, zeigt die indische Stahlindustrie durch Innovationskraft und Partnerschaften mit internationalen Unternehmen ihren Willen, den Weg in eine nachhaltigere Zukunft zu ebnen.
Quelle: Messe Düsseldorf GmbH / Foto: Worldsteel