Stahlpreis: Schluss mit den Safeguards auf Einfuhren

von Hubert Hunscheidt

„Die Safeguards sind nicht WTO-konform, das ist nun bestätigt. Die EU-Kommission hätte die Maßnahmen zum Schutz der EU-Stahlhersteller 2019 gar nicht endgültig einführen dürfen, deshalb muss sie diese jetzt stoppen.“ So der Industrieverband Blechumformung (IBU) und die Fachvereinigung Kaltwalzwerke (FVK) in einer aktuellen Stellungnahme, adressiert an Brüssel. Die Industrievertreter wehren sich gegen die jüngste Absichtserklärung der EU, bei den Safeguards „nachbessern“ zu wollen. IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs: „Deren massive Mängel sind nicht durch nachträgliches Einbringen von Informationen ‚heilbar‘.“ Für Stahl und Metall verarbeitende Zulieferer sind die Safeguards, die Vormaterialeinfuhren aus Drittländern verteuern, zusätzliche Kostentreiber.

Keine Importflut aus nichteuropäischen Ländern

Sie sollen europäische Stahlhersteller vor erhöhten Importen schützen – ausgelöst u. a. durch handelsbeschränkende US-Maßnahmen. Diese Bedrohung sei nicht nachgewiesen, befand die WTO nach einer neuen Untersuchung im Mai aufgrund einer Beschwerde aus der Türkei. FVK-Geschäftsführer Martin Kunkel: „Die WTO bestätigt, dass bei der Einführung 2019 entscheidende Kriterien fehlten: Die EU-Kommission konnte keine Importflut wegen unvorhergesehener Entwicklungen nachweisen. Und auch keine ernsthafte Gefahr für EU-Stahlproduzenten belegen. Damit waren die Schutzmaßnahmen nicht WTO-konform.“ Die Industrieverbände fordern daher, die Safeguards und nachfolgende Verordnungen zur Verlängerung aufzuheben.

Handelsumlenkung Richtung Europa reine Spekulation

Die Industrievertreter hatten die EU-Kommission 2018 während der Schutzmaßnahmenuntersuchungen laufend auf die Fehlinterpretation der Importfakten hingewiesen. „Wir hatten belegt, dass die angebliche Handelsumlenkung von 13 Millionen Tonnen Stahl Richtung Europa auf reiner Spekulation basierte. Der tatsächliche Rückgang der US-Importe betrug nur 61 Prozent des damals angenommenen Wertes“, betont Martin Kunkel. Die Kommission ignorierte die Kritik stets. Erst nach der WTO-Bestätigung hat sie reagiert: Ende August kündigte sie die Wiedereröffnung der Safeguards-Untersuchung und „Anpassungen“ an.

Brüssel muss Lage am EU-Stahlmarkt 2018 neu bewerten

Für die Industrievertreter ist Nachbesserung der falsche Schritt: „Eine Anpassung würde das Ergebnis des wiedereröffneten Verfahrens einseitig vorwegnehmen“, fürchtet Jacobs. Die Verbände wollen, dass die Kommission die Lage am EU-Stahlmarkt 2018 neu bewertet – inklusive aller Einflussfaktoren. „Neben den Einfuhren gehören dazu die Entwicklung des EU-Verbrauchs, der Lagerbestände und -einflüsse, der EU-Erzeugung sowie Rohstoffkosten. Außerdem die Preisrelationen in der EU im Vergleich zu anderen Regionen“, erklärt Kunkel. „Wir gehen davon aus, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Stahlindustrie weder von der Höhe der Importe noch der Gültigkeit handelspolitischer Maßnahmen abhängt.“

Safeguards zusätzliche Belastung für Stahl und Metall verarbeitende Unternehmen

All das spricht für einen Stopp der Safeguards, die die Vormaterialbeschaffung gewaltig belasten. Bernhard Jacobs: „Allein die Mitgliedsunternehmen von IBU und FVK produzieren rund 7,5 Millionen Tonnen Stahlkomponenten jährlich, die insgesamt 5.000 Unternehmen der Stahl- und Metallverarbeitung verbrauchen rund 20 Millionen Tonnen Stahl. Ihnen allen bescheren die Schutzmaßnahmen Kosten, die ihre globale Wettbewerbsfähigkeit stark beeinträchtigen.“

Quellen: Industrieverband Blechumformung e.V. (IBU) und Fachvereinigung Kaltwalzwerke e. V.

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