Stahl-Tarifkommissionen fordern 8,2 Prozent mehr

von Hubert Hunscheidt

Am 8. Mai verabschiedet der IG Metall-Vorstand die endgültige Tarifforderung. 8,2 Prozent mehr Geld, bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Diese Forderungsempfehlung haben die Tarifkommissionen der IG Metall der nordwestdeutschen und der ostdeutschen Eisen- und Stahlindustrie am Dienstag beschlossen. Auf dieser Grundlage beschließt der IG Metall-Vorstand dann am 8. Mai die endgültige Tarifforderung. Die Tarifverhandlungen starten am 13. Mai im Nordwesten, in der ostdeutschen Stahlindustrie geht es am 17. Mai los.

„Die Beschäftigten erwarten angesichts der stark steigenden Preise und der guten Situation in vielen Betrieben eine ordentliche Erhöhung ihrer monatlichen Entgelte“, erklärt Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer im Nordwesten.

Neben der Erhöhung der Monatsentgelte wollen die Tarifkommissionen zudem die Tarifverträge zur Altersteilzeit, über den Einsatz von Werkverträgen und zur Beschäftigungssicherung verlängern.

Stabile Auftragslage in den Betrieben

Der Fokus liegt jedoch auf einer Erhöhung der Monatsentgelte. Die wirtschaftliche Lage ist insgesamt stabil. Tatsächlich berichten viele Tarifkommissionsmitglieder über eine sehr gute Auftragslage und extrem hohe Auslastung in ihren Betrieben. Sie wünschen sich daher vor allem „forderungsnah“ Prozente für ihre Beschäftigten, die durch die hohe Inflation belastet sind.

„Auch wenn die Tarifpolitik die Probleme durch die enorme Teuerung nicht allein lösen kann, brauchen die Beschäftigten einen Ausgleich für die gestiegenen Lebenshaltungskosten“, betont Birgit Dietze, IG Metall-Bezirksleiterin in Berlin, Brandenburg und Sachsen und Verhandlungsführerin in der ostdeutschen Stahlindustrie. „Und die Stahlhersteller können sich dies dank der stabilen Branchenkonjunktur und den hohen Gewinnen auch leisten.“

Unsicherheit durch Ukraine-Krieg

Die Diskussion der Betriebsräte und IG Metall-Vertrauensleute in den Tarifkommissionen zeigte aber auch, dass der brutale Angriff Putins auf die Ukraine zu hoher Unsicherheit führt. Wichtige Abnehmerbranchen wie die Autoindustrie haben wegen Lieferengpässen ihre Produktion und damit Stahl-Bestellungen reduziert. Zudem sind die Kosten der Unternehmen für Energie und Rohstoffe seit Kriegsbeginn regelrecht explodiert.

Anders als die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jedoch kann die Stahlindustrie die gesteigerten Kosten bisher weitestgehend in Form höherer Stahlpreise an die Kunden weitergeben. So lag der Preis für Warmband pro Tonne am 18. April 2022 bei 1351 Euro. Am 23. Februar, einen Tag vor Kriegsausbruch, lag der Preis noch bei 965 Euro. Auch aufgrund dieser Entwicklung haben einige Stahlkonzerne ihre Ergebnisprognose für das Jahr 2022 angehoben.

Überlegungen, die Gaseinfuhren aus Russland sofort einzustellen, erteilten die Mitglieder der Tarifkommissionen eine klare Absage. Die Stahlproduktion in ihren Betrieben hängt in hohem Maße von russischem Gas ab.

„Die IG Metall unterstützt alle Maßnahmen, die dazu beitragen, den Krieg zu beenden und Putin zu stoppen“, macht Ost-Verhandlungsführerin Dietze klar. „Ein abrupter Stopp der Gasimporte aus Russland aber würde den Krieg nicht verkürzen und der deutschen Industrie und ihren Beschäftigten schweren Schaden zufügen.“

Letzte Erhöhung der Monatsentgelte 2019 – Prozente jetzt

Tarifpolitik allein kann die kriegsbedingte Teuerung nicht ausgleichen. Dies sei jedem Tarifkommissionsmitglied klar, betonte Nordwest-Verhandlungsführer Giesler. Daher sei es gut, dass die Politik, auch auf Drängen der IG Metall, erste Maßnahmenpakete verabschiedet habe, die Entlastung für die Menschen brächten. Allerdings gab es die letzte tabellenwirksame Erhöhung der Monatsentgelte im Jahr 2019. Der letzte Tarifabschluss 2021 war auf dem Höhepunkt der Pandemie vereinbart worden und brachte den Beschäftigten eine Corona-Prämie sowie mit dem „Tarifzusatzentgelt“ eine weitere jährliche Sonderzahlung von 600 Euro. Diesmal aber verlangen die Kollegen und Kolleginnen eine spürbare tabellenwirksame prozentuale Steigerung der Monatslöhne.

„Die IG Metall hat in der Tarifrunde im letzten Jahr zum Höhepunkt der Corona-Pandemie verantwortungsvoll gehandelt und dazu beigetragen, dass die Branche gut durch die Krise kam“, machte Giesler klar. „Jetzt müssen die Unternehmen Verantwortung zeigen und die soziale Sicherheit der Beschäftigten schützen.“

Quelle: IG Metall / Foto: Fotolia

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