Roland Berger: E-Mobilität verharrt auf niedrigem Niveau

von Hans Diederichs

Der Marktanteil von Elektrofahrzeugen in den sieben führenden Automobilnationen Deutschland, Frankreich, Italien, USA, Japan, China und Südkorea verharrt weiterhin auf sehr niedrigem Niveau. Dies sind die Ergebnisse des "Index Elektromobilität" von Roland Berger und der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka) für das dritte Quartal 2015. Der Index vergleicht regelmäßig die relative Wettbewerbsposition der sieben führenden Automobilnationen im Bereich der Elektromobilität nach den Indikatoren Technologie, Industrie und Markt. Die vollständige Studie kann von der Roland-Berger-Webseite als PDF heruntergeladen werden.

Mitverantwortlich für die schwache Nachfrage nach Fahrzeugen mit alternativen Antriebssystemen ist neben der unzureichenden Batteriereichweite vor allem der Mangel an geeigneten Vertriebskonzepten, um die Kunden vom Kauf der Fahrzeuge zu überzeugen. „Elektroautos werden bisher kaum oder gar nicht beworben“, sagt Roland Berger-Partner Thomas Schlick. „Kein Wunder, dass potenzielle Kunden gar nicht auf den Geschmack kommen."

Auch wenn die Verkäufe von Elektrofahrzeugen in den vergangenen Monaten ins Stocken geraten sind, stellen die USA mit knapp 120.000 verkauften Modellen zwischen dem dritten Quartal 2014 und dem zweiten Quartal 2015 immer noch den größten Absatzmarkt für E-Mobilität dar. Im gleichen Zeitraum wurden in Deutschland gerade mal 17.000 Elektro- und Hybridautos verkauft; in Frankreich 21.500. Das DIW hatte zur Förderung alternativer Antriebe jüngst eine Erhöhung der Dieselsteuer ins Gespräch gebracht.

Kaufanreize schaffen 

Die bis 2021 geltenden Emissionsgrenzen setzen die Autohersteller (OEMs) doppelt unter Druck: Um Strafzahlungen zu vermeiden, müssen sie einerseits die Grenzwerte einhalten. Dafür ist ein bestimmter Anteil an Elektrofahrzeugen in der Flotte unabdingbar. Andererseits können Automobilhersteller die hohen Technologiekosten für diese Fahrzeuge nicht in vollem Maße an die Kunden weitergeben. Die OEMs reagieren darauf mit einem modularen Baukastensystem; denn dadurch können sie mittelfristig Elektro- und Hybridautos in allen Fahrzeugklassen anbieten.

Im Mietwagengeschäft etwa könnten nach Ansicht von Roland Berger viel mehr Elektroautos eingesetzt werden; dies hätte wiederum einen Multiplikator-Effekt. Außerdem sind Händler derzeit wenig motiviert, Kunden zum Kauf eines Elektrofahrzeugs zu bewegen. Stattdessen verkaufen sie lieber margenträchtigere Modelle mit Sonderausstattungen.

"Hier könnten die Hersteller mit zusätzlichen Anreizsystemen den Absatz der E-Autos ankurbeln", erklärt Roland Berger-Partner Wolfgang Bernhart. „Sie könnten zum Beispiel ein CO2-Kreditsystem etablieren, mit dem Händler zu Beginn eines Jahres handelbare CO2-Guthaben aufbauen könnten. Ein solches Modell würde auch die Planbarkeit für die Autohersteller erhöhen."

Energiebedarf senken, Energieeffizienz verbessern

Eine weitere Herausforderung für die Autohersteller ist der Energiebedarf der sogenannten Nebenverbraucher wie Klimaanlagen, Heizung oder elektrisch betätigte Bremsen. Denn je mehr Strom diese verbrauchen, desto weniger von der in den Batterien gespeicherten Energie bleibt für den Antrieb übrig.

„In Kombination mit der energieeffizienten Auslegung des Antriebsstrangs und der Erhöhung der Energiedichte von Batterien bei sinkenden Systemkosten sind bei den Nebenverbrauchern noch wesentliche Optimierungspotenziale möglich und nötig", erklärt Ingo Olschewski, Bereichsleiter bei der fka. "Dadurch lassen sich die Batteriereichweite und der Fahrzeugpreis deutlich verbessern. Und das sind wesentliche Kaufkriterien für die Kunden."

Technologie – Industrie – Markt: Rankings nach Indikatoren

Die Roland Berger- und fka-Experten bewerten im "Index Elektromobilität" die sieben wichtigsten Automobilnationen nach den drei Indikatoren Technologie, Industrie und Markt.

Technologie: Frankreich hat seinen Modellmix hin zu kleineren E-Modellen verschoben und erreicht insbesondere aufgrund der günstigen Kaufpreise dieser E-Modelle deshalb knapp die Spitzenposition hinter Japan.

Industrie: China konnte seine Position durch den steigenden Verkauf von Fahrzeugen aus heimischer Produktion stark verbessern. China bleibt einer der größten Märkte in der Zellfertigung mit einer geplanten Zellkapazität von 10.000 MWh bis 2017. Dennoch wächst Chinas Anteil an den weltweit verkauften Elektroautos weiterhin schneller als der Anteil am globalen Fertigungsvolumen.

Markt: Die Leitmärkte für E-Mobilität, USA und Japan, verzeichnen rückläufige Absatzzahlen. In Japan liegt dies an fehlenden Modellinnovationen. Frankreich erhöht seinen Marktanteil als einziges Land auf über ein Prozent und liegt damit deutlich vor den USA, deren Marktentwicklung stagniert (0,7%). China (0,4%) und Deutschland (0,5%) können zwar ihren Abstand zu den Spitzenreitern weiter verringern, dennoch bleiben Elektrofahrzeuge auch hier noch Nischenprodukte. 

Quelle: Roland Berger; Foto: Johannes Wiesinger  / pixelio.de

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