Polnische Walzwerke investieren in Verschleißstahl

von Hubert Hunscheidt

Das Projekt wird durch den staatlichen Reprivatisierungsfonds Polens finanziell unterstützt und zielt auf die Herstellung hochharter Stähle mit spezifischer Einsatzbeständigkeit – ein Marktsegment mit zunehmender technischer und wirtschaftlicher Bedeutung.

Neue Kapazitäten für Hochleistungsstahl im Herzen Europas

Im Mittelpunkt des Projekts steht die Integration einer modernen Fertigungslinie für verschleißfesten Stahl direkt im bestehenden Walzwerk von WBB. In einem ersten Schritt wird gemeinsam mit dem Maschinenbauer INOXIHP Poland eine Hochdruck-Entzunderungsanlage angeschafft – ein zentrales Element für die Qualitätssteuerung in der Warmbandproduktion.

WBB produziert bereits heute ein breites Portfolio an Stahlblechen, darunter niedriglegierte, korrosionsbeständige und wärmebeständige Güten. Mit der neuen Anlage will das Unternehmen vor allem Stähle mit erhöhter Härte und Abriebfestigkeit in Eigenregie fertigen – ein Segment, das bislang oft auf Importe angewiesen war.

Bedeutung für die europäische Stahlindustrie

Der Aufbau eigener Kapazitäten für High-End-Verschleißstahl in Polen ist nicht nur ein industriepolitisches Signal, sondern verschärft auch den Wettbewerb innerhalb Europas. Für deutsche Anbieter von Spezialstählen, insbesondere solche mit Fokus auf verschleißfeste Qualitäten für den Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau, im Bergbau oder im Transportwesen, entsteht mittelfristig neuer Konkurrenzdruck – sowohl im Osten als auch auf dem europäischen Binnenmarkt.

Gleichzeitig kann die neue Anlage Lieferketten verkürzen und stabilisieren – ein Vorteil für osteuropäische Abnehmer, die bisher auf Importe aus Deutschland, Skandinavien oder Asien angewiesen waren. Angesichts geopolitischer Unsicherheiten und gestiegener Transportkosten spielt dieser Aspekt eine zunehmend wichtige Rolle in der Stahlbeschaffung.

Nachhaltigkeit und Reindustrialisierung im Fokus

Mit der Unterstützung aus dem polnischen Reprivatisierungsfonds zeigt sich zudem ein klarer politischer Wille zur Reindustrialisierung und strategischen Rohstoffsicherung. Der Schritt ist Teil eines größeren Trends in Mittel- und Osteuropa, gezielt in Grundstoffindustrien zu investieren und so die eigene Wertschöpfung zu stärken.

Für deutsche Anlagenbauer, Technologiepartner und Systemlieferanten bietet das Projekt zugleich Chancen: Die Nachfrage nach Effizienzsteigerung, Automatisierung und Qualitätssicherung wächst – insbesondere im Zusammenhang mit der Verarbeitung verschleißarmer Hochleistungsstähle. Wer hier als Partner punktet, kann von der Entwicklung profitieren, auch wenn das direkte Stahlgeschäft unter Druck gerät.

Quelle und Foto: Walcownia Blach Batory SP.z.o.o.