Massivumformung: Verhaltener Optimismus

von Alexander Kirschbaum

Laut dem Industrieverband Massivumformung ist ein anspruchsvolles Jahr 2015 für die Branche zu Ende gegangen. Während die Zulieferer für die Automobilindustrie bei guter Kapazitätsauslastung stabile Wachstumsraten verzeichnen, sehen sich Schmieden, die an den Maschinen- und Anlagenbau liefern, aufgrund der schwachen Auftragslage teilweise gezwungen, für einzelne Abteilungen auf Kurzarbeit zurückzugreifen.

Die amtliche Produktionsstatistik weist für die gesamte Massivumformung nach 3 Quartalen des Jahres 2015 einen Produktionsrückgang von real 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus. Das Wachstum von 1,4 Prozent, das im Bereich Fahrzeugbau erzielt werden konnte, wurde durch die anhaltende Flaute in vielen Bereichen der Maschinen- und Anlagenbauer überkompensiert. Nachdem im dritten Quartal die Produktionsmenge für die Fahrzeugindustrie auf das Vorjahresniveau und damit stärker als erwartet abgesunken ist, dürfte sich dem Verband zufolge auch für das Gesamtjahr ein Produktionsrückgang für die Massivumformung in Deutschland ergeben.

Diese Einschätzung bezieht sich jedoch auf den Durchschnitt der gesamten Branche, die neben den Herstellern von Gesenkschmiede- und Kaltfließpressteilen auch die Produzenten von Freiformschmiedestücken, gewalzten Ringen und Rohrleitungsformstücken wie etwa Flansche umfasst. Insbesondere die Zulieferer der Automobilindustrie dürften sich besser entwickeln, also vor allem die entsprechend spezialisierten Gesenkschmieden und Kaltfließpresser. Für diese ist ein Wachstum von 2 Prozent gegenüber 2014 durchaus erreichbar. Dagegen müssen die Zulieferer des Maschinen- und Anlagenbaus im Durchschnitt mit einem Marktrückgang um etwa 10 Prozent rechnen, abhängig vom Kundenspektrum der Unternehmen.

„Der Ausblick auf das Jahr 2016 fällt angesichts der Erwartungen der wichtigsten Kunden der Massivumformung in Deutschland verhalten optimistisch aus“, so Dr. Theodor Tutmann, Geschäftsführer des Industrieverbandes Massivumformung fest. Der Verband der Automobil­industrie erwartet ein Produktionsplus von 1 Prozent, der Maschinenbauverband geht von Stagnation aus. „Um mehr als 1 Prozent Wachstum zu erzielen, muss es den Unternehmen der Massivumformung gelingen, Innovationen in die Kundenprodukte einzubringen, die dort für echte Mehrwerte sorgen, etwa über das Trendthema Leichtbau“, so Dr. Tutmann weiter.

Auf die weitere konjunkturelle Entwicklung könnten sich laut dem Industrieverband Massivumformung die Abgasmanipulationen beim Großkunden VW sowie die Wachstumsschwäche in Entwicklungsländern belastend auswirken. Im Dezember schätzten die Unternehmer der Branche die Aussichten für das kommende Halbjahr dennoch positiver ein als in den Vormonaten. Dazu mag beigetragen haben, dass die Diesel-Affäre bis dahin kaum in den deutschen und europäischen Absatzzahlen erkennbar war und zudem die chinesische Konjunktur Ende 2015 wieder stabiler erschien.

Chancen und Konjunkturrisiken
Das Jahr 2015 war dem Verband zufolge geprägt von hohem Kostendruck und zunehmend schwierigeren Verhandlungen entlang der Lieferkette. Damit die Unternehmen der Massivumformung in Deutschland ihre Anteile am Weltmarkt weiterhin behaupten können, muss die europäische Politik ihre Ankündigung, den Kontinent reindustrialisieren zu wollen, laut dem Industrieverband konsequent in entsprechenden Rahmensetzungen und Richtlinien umsetzen. Verbandsgeschäftsführer Dr. Tutmann fordert: „Eine alternative Finanzierung der Energiewendekosten gehört dringend auf die politische Tagesordnung, spätestens im Vorfeld der nächsten Bundestagswahl. Das Risiko der schleichenden Deindustrialisierung in Deutschland muss endlich ernst genommen und konsequent bekämpft werden.“

Quelle: Industrieverband Massivumformung  Grafik: vierteljährliche Produktion im Verarbeitenden Gewerbe (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Zurück