Kerkhoff: Stahlprotektionismus auf dem Vormarsch

von Hans Diederichs

Unter dem Titel "Stahlindustrie in Deutschland – Globale Entwicklungen und regionale Perspektiven" gab Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl Vorsitzender Stahlinstitut VDEh, am 5. November auf dem Stahlhandelstag in Bremen einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen der Branche.

Die wichtigen Stahlmärkte weltweit zeigen derzeit eine ausgeprägte Schwäche, die Weltstahlnachfrage befindet sich 2015/2016 am Rande der Stagnation. Für 2015 rechnet Kerkhoff mit einer Schrumpfung des globalen Stahlmarktes um 1,7 Prozent.

Die EU leidet dabei besonders unter einem erhöhtem Importdruck, vor allem aus China. Allein die jährlichen Walzstahleinfuhren aus China in die EU haben sich in den vergangenen drei Jahren um 130 Prozent auf rund 6 Millionen Tonnen erhöht. Kerkhoff wies darauf hin, dass die Stahlindustrie in China staatlich kontrolliert ist und das Land nach den Kriterien der Welthandelsorganisation WTO weiterhin keine Marktwirtschaft darstelle.

Die Reaktion auf die chinesische Stahlschwemme sind protektionistische Maßnahmen rund um den Globus (siehe Abbildung). Weltweit steige die Anwendung so genannter Trade Defense Instruments (TDI), wobei in rund ein Viertel der Fälle China die beklagte Partei ist. Kläger ist in rund ein Drittel der Fälle die USA.

Sorgen machte Kerkhoff aber auch der Vorschlag der EU-Kommission zum Emissionshandel. Würde dieser wie geplant umgesetzt, so kämen im Jahr 2030 auf die deutsche Stahlindustrie Mehrkosten von geschätzten 929 Millionen Euro zu. Das würde die bereits unter Druck stehenden Margen weiter erodieren. Die EEG-Novelle gefährde zudem die ökologisch sinnvolle Kuppelgasstromerzeugung.

Ungebrochen ist laut Kerkhoff jedoch die Innovationskraft der Stahlindustrie. So zeigt sich bei der Anzahl der jährlichen Patentanmeldungen zur Stahlherstellung seit 2010 ein jährliches duchschnittliches Wachstum von 6 Prozent, doppelt so viel wie in der Dekade zuvor. Stahl bleibe damit eine Basis für starke Wertschöpfungsnetzwerke, so Kerkhoff in seinem Fazit.

Quelle: Präsentation Hans Jürgen Kerkhoff vom 5.11. 15; Vorschau-Bild: Teilnehmer des 25. Stahlhandelstages (Foto: marketSTEEL); Abbildung: (C) WV Stahl 2015

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