Kaltwalzindustrie gegen freiwillige Exportquoten der EU

von Alexander Kirschbaum

Die deutsche Interessenvertretung der Kaltwalzindustrie, die Fachvereinigung Kaltwalzwerke, hat die Europäische Kommission dazu aufgefordert, die kürzlich eingeleitete Untersuchung zu der möglichen Erhebung von Schutzmaßnahmen gegen EU-Stahlimporte aus Drittstaaten zu beenden.

Als Antwort auf die von den USA angedrohten Zusatzzölle auf Stahlimporte untersucht die Europäische Kommission zurzeit, inwieweit umgelenkte Handelsströme den europäischen Stahlsektor unter Druck setzen, um dann mit eventuellen Schutzmaßnahmen gegenzusteuern. Weder die US-Einfuhrbeschränkungen noch die eventuell darauf folgenden EU-Schutzzölle als Gegenreaktion seien im Interesse der deutschen Kaltwalzindustrie heißt es in einer offiziellen Mitteilung der Interessenvertretung. Die USA sind mit mehr als 10 % aller Exporte der zweitgrößte Exportmarkt für kaltgewalzten Bandstahl aus deutscher Produktion.

Martin Kunkel, Geschäftsführer der Fachvereinigung Kaltwalzwerke, bezweifelt die wirtschaftliche Grundlage für solch eine Schutzmaßnahmenuntersuchung durch die Kommission: „Nach den uns vorliegenden Zahlen ist derzeit ein erheblicher Anstieg der Importe aus Drittländern nicht erkennbar und somit besteht auch nicht die Gefahr einer bevorstehenden Beeinträchtigung der europäischen Stahlindustrie. Zudem zeichnen die kürzlich veröffentlichten Geschäftszahlen namhafter europäischer Stahlkonzerne für das 1. Quartal 2018  ein gänzlich anderes Bild.“

"Hausgemachtes Problem"

Dass die EU-Kommission durch die amerikanischen Sanktionen einen weiteren Anstieg der Stahlimporte und damit eine Verschlechterung der finanziellen Lage des europäischen Stahlsektors prognostiziert, lässt Kunkel nicht gelten. „Hier muss man ganz klar sagen, dass die globale Überkapazität im Stahlsektor sicherlich keine unvorhergesehene Entwicklung und ein teils hausgemachtes Problem ist", wird der Geschäftsführer der Fachvereinigung Kaltwalzwerke zitiert. Auch die Furcht vor Handelsumlenkungen im Falle von US-Stahlzöllen, also vor Stahlimporten in die EU aus Drittländern, die nicht mehr in die USA importiert werden könnten, sei erst einmal unbegründet und nicht vorhersagbar.

Ganz anders sieht dies Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Für den Verband sind Handelsumlenkungen das zentrale Problem. So drohe ein Großteil der von den US-Maßnahmen erfassten US-Importe seinen Weg in die EU zu suchen, da es dort keine vergleichbaren Handelsschranken gebe. „Die EU-Kommission muss jetzt rasch für die Umsetzung von Schutzklausel-Maßnahmen sorgen. Sonst tragen wir in Europa die Last des Protektionismus der USA und deren Wirtschaftspolitik“, so Kerkhoff.

Verhandlungen über Industriezollabkommen gefordert

Einig sind sich die beiden Verbände darin, dass die EU dauerhaft von US-Strafzöllen ausgenommen werden müsse. Am 1. Juni läuft die Schonfrist für die EU-Staaten aus. "Erforderlich ist jedoch eine dauerhafte Befreiung, denn die EU-Stahlindustrie gefährdet nicht die nationale Sicherheit in den USA“, so Kerkhoff.

Die Fachvereinigung Kaltwalzwerke lehnt Verhandlungen der Europäischen Union über freiwillige Quotenregelungen für Stahlexporte in die USA ab. „Handelsbeschränkungen sollten ausschließlich bei nachgewiesenen, den Wettbewerb verzerrenden Verhältnissen WTO-konform eingesetzt werden",sagt FVK-Geschäftsführer Kunkel. Die EU sollte sich mit Unterstützung der Bundesregierung für eine vollständige und dauerhafte Ausnahme der europäischen Stahlexporte in die USA einsetzen und erst anschließend zielorientiert über ein allgemeines Industriezollabkommen mit der US-Administration verhandeln, so die Interessenvertretung der Kaltwalzwerke in ihrer Mitteilung.

Quelle: Fachvereinigung Kaltwalzwerke, Wirtschaftsvereinigung Stahl Artikelfoto: Martin Kunkel, Geschäftsführer der Fachvereinigung Kaltwalzwerke (Foto: FVK)

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