IMK-Konjunkturindikator hellt sich weiter auf

von Hubert Hunscheidt

Die Aussichten darauf, dass die deutsche Wirtschaft im laufenden Quartal erstmals nach Ausbruch der Corona-Krise wieder robust wächst und damit technisch betrachtet die Rezession hinter sich lässt, haben sich in den vergangenen Wochen noch einmal deutlich verbessert. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung für den Zeitraum von August bis Ende Oktober.

In der Drei-Monats-Prognose zeigt der Indikator, der die aktuellsten verfügbaren Daten über die Wirtschaftslage bündelt, eine mittlere Rezessionswahrscheinlichkeit von lediglich 5,2 Prozent an – nach 31 Prozent im Juli. Das nach dem Ampelsystem arbeitende IMK-Frühwarnsystem schaltet deshalb von „gelb-rot“ (erhöhte konjunkturelle Unsicherheit) auf „grün“ (keine akute Rezessionsgefahr). Allerdings ist die statistische Streuung im Indikator – sie spiegelt die Verunsicherung der Wirtschaftsakteure wider – zwar ebenfalls deutlich rückläufig, mit 23,1 Prozent aber noch erheblich.

Die Aufhellung des Konjunkturbarometers bestärkt die Düsseldorfer Wirtschaftsforscher in ihrer Erwartung, dass sich die konjunkturelle Erholung fortsetzt, unterstützt durch die wirtschaftspolitischen Maßnahmen von Bundes- und Landesregierungen. Allerdings weisen sie darauf hin, dass auch ein offizielles Ende der Rezession noch keine Überwindung der Krise bedeute. „Angesichts der Tiefe des vorherigen Einbruchs handelt es sich bisher nur um eine teilweise Erholung“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. „Trotz der zu erwartenden kräftigen Zuwächse der Produktion im Monats- und Quartalsverlauf wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Gesamtjahr 2020 nach unserer Prognose um mehr als 6 Prozent schrumpfen. Auch im kommenden Jahr werden wir das Vorkrisenniveau der gesamtwirtschaftlichen Aktivität noch nicht wieder erreichen. Damit bleibt das Risiko von Unternehmenspleiten und Arbeitsplatzverlusten bedeutsam.“ Zudem könnte sich das Bild rasch wieder eintrüben, wenn sich die Corona-Pandemie noch einmal deutlich zuspitzen sollte, weshalb es extrem wichtig sei, Infektionsrisiken weiterhin effektiv zu begrenzen: „Eine neue Infektionswelle oder erneute deutliche Kontaktbeschränkungen könnten insbesondere Stimmungsindikatoren schnell wieder zum Einbrechen bringen“, so Dullien. Laut dem Ökonomen müsse die Wirtschaftspolitik bereit sein, auch noch einmal nachzulegen, wenn die Erholungsdynamik lahme: „Hier kommen als Instrumente eine Verlängerung der Erleichterungen bei der Kurzarbeit oder neue Maßnahmen zur Konsum- und Investitionsförderung in Betracht.“

Dass die Rezessionswahrscheinlichkeit zum zweiten Mal in Folge kräftig zurückgegangen ist, liegt nach der IMK-Analyse an einer Aufwärtsentwicklung in vielen ausgewerteten Bereichen. So steigen sowohl Produktion als auch Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe – wenn auch von extrem niedrigem Niveau – seit Mai kontinuierlich, vor allem die Aufträge aus dem Inland haben sich zuletzt deutlich stärker entwickelt. Zugleich ist der Stress auf den Finanzmärkten, den das IMK mit einem eigenen Instrument bestimmt, erneut ebenso gesunken wie die Zinsdifferenz zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen. Das zeigt, dass Unternehmen sich wieder günstiger finanzieren können, weil das Risiko von Insolvenzen etwas niedriger eingeschätzt wird, und es untermauert die Wirksamkeit der aktuellen geldpolitischen Stabilisierungsmaßnahmen. Außerdem wirken sich im Vergleich zum Stimmungstief in den Vormonaten optimistischere Geschäftserwartungen der Unternehmen aus.

Eine Rezession ist definiert als mindestens zwei aufeinanderfolgende Quartale schrumpfender Wirtschaftsleistung. Da nach dem Rekordeinbruch beim Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal im laufenden dritten Quartal nun viele Käufe nachgeholt werden, dürfte damit bald die Rezession offiziell beendet sein, obwohl in vielen Betrieben die Kapazitätsauslastung noch extrem gering sowie die Ertragslage kritisch ist.

In den IMK-Konjunkturindikator fließen zahlreiche Daten aus der Real- und der Finanzwirtschaft ein. Darüber hinaus berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK nutzt die Industrieproduktion als Referenzwert für eine Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch reagiert als das Bruttoinlandsprodukt.

Quelle: Hans-Böckler-Stiftung / Vorschaufoto: fotolia

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