Globale Stahlstandards: Neue Partnerschaften für klimaarme Produktion

von Hubert Hunscheidt

ResponsibleSteel hat auf der COP30 in Belém, Brasilien, bedeutende Kooperationsvereinbarungen mit zwei der wichtigsten regionalen Stahlstandardisierungsorganisationen geschlossen: der China Iron and Steel Association (CISA) sowie der in Brüssel ansässigen Organisation des Low Emission Steel Standard (LESS). Gemeinsam repräsentieren die drei Organisationen rund 60 Prozent der weltweiten Rohstahlproduktion. Ziel ist es, weltweit vergleichbare Messmethoden und Klassifizierungen für klimaarmen und nahezu emissionsfreien Stahl zu etablieren.

Im Zentrum der Vereinbarung steht ein gemeinsamer methodischer Ansatz für die Treibhausgasbilanzierung und die Definition von Low-Emission-Stahl. Dieser soll ermöglichen, dass Emissionsdaten zwischen verschiedenen Standards übertragbar werden und damit glaubwürdige, international anschlussfähige Nachhaltigkeitsnachweise entstehen. Ein wichtiger Bestandteil ist das von ResponsibleSteel entwickelte „Framework for Credible Interoperability“, das die Grundlage für künftige Konvertierungswerkzeuge bildet. Damit sollen Hersteller und Kunden Emissionsfortschritte unter unterschiedlichen Systemen vergleichen und als gleichwertig anerkennen können.

Die Vereinbarungen tragen der globalen Dynamik Rechnung: Die Stahlindustrie verursacht weltweit rund 7 bis 9 Prozent der CO₂-Emissionen, während gleichzeitig immer mehr Länder, Abnehmerbranchen und Investoren klare Anforderungen an klimaarme Produktion formulieren. Entscheidend ist dabei der sogenannte „Scrap-Variable“-Ansatz, der die begrenzte Verfügbarkeit von Sekundärrohstoffen berücksichtigt und Dekarbonisierung entlang aller Produktionsrouten – vom Hochofen bis zum Elektrolichtbogenofen – fördert. Dieser Ansatz wird bereits von der G7 unterstützt und ist Teil internationaler Normen.

Durch die Harmonisierung zentraler Standards sollen Handelshürden reduziert, Investitionen erleichtert sowie Technologie- und Wissensaustausch gefördert werden. Großunternehmen wie ArcelorMittal, Salzgitter, Schneider Electric sowie internationale Organisationen wie UNIDO begrüßen den Schritt als Meilenstein hin zu glaubwürdigen globalen Märkten für CO₂-armen Stahl. Die Vereinbarungen folgen zudem den „Steel Standards Principles“, die auf der COP28 eingeführt wurden und auf stärkere internationale Abstimmung abzielen.

Mit 90 bislang vergebenen ResponsibleSteel-Zertifikaten bleibt ResponsibleSteel der weltweit einzige Multistakeholder-Standard mit breitem ESG-Ansatz für die Stahlindustrie. Die neuen Kooperationen schaffen nun die Grundlage für international anschlussfähige Klimadaten – ein zentraler Baustein für die Dekarbonisierung der globalen Wertschöpfungskette.

Fazit

Für europäische Stahlhersteller und -abnehmer sind die neuen Vereinbarungen ein strategisch wichtiger Schritt. Die Harmonisierung von Emissionsstandards reduziert Unsicherheiten in Beschaffung, Handel und Reporting und schafft eine Grundlage für glaubwürdige Vergleiche zwischen chinesischen und europäischen Produkten. Das ist besonders relevant, da Abnehmerbranchen wie Automotive, Maschinenbau und Bau immer stärker auf belastbare CO₂-Daten angewiesen sind.

Für europäische Produzenten bedeutet dies zugleich Chancen und Druck: Einerseits steigt die Transparenz für hochwertigen Low-Emission-Stahl „Made in Europe“. Andererseits wird künftig deutlicher sichtbar, wie europäische Hersteller im globalen Vergleich bei Emissionswerten abschneiden. Die Vereinbarungen könnten damit sowohl technologische Innovationen als auch Investitionen in grüne Produktionsrouten beschleunigen – und sie stärken die Basis für ein vertrauenswürdiges, international vernetztes Marktumfeld für CO₂-armen Stahl.

Quelle: ResponsibleSteel™  /  Foto: marketSTEEL