Gemischte Angebotsperspektiven und neue Nachfragesorgen

von Angelika Albrecht

Die Ölpreise sind erneut ins Rutschen geraten: Ein Großteil der Preisgewinne nach der überraschenden Ankündigung von Produktionskürzungen einiger OPEC-Länder Anfang April wurden inzwischen wieder abgegeben. Scheinbar sind die Marktteilnehmer hinsichtlich des Erholungspotenzials der chinesischen Nachfrage skeptisch; zudem reißen die Nachrichten von hohen russischen Lieferungen nicht ab.

Kurzfristig könnte die Orientierungsphase vor dem Hintergrund durchwachsener Konjunkturaussichten in den westlichen Industrieländern anhalten: Schließlich ist der Markt (noch) ausreichend versorgt. Aber auf mittlere Sicht ist der Markt nach Meinung der Commerzbank-Volkswirte zu sorglos: Mit der Drosselung der Produktion in Saudi-Arabien und einigen anderen OPEC-Ländern, die ab Mai ansteht, wird der Markt wieder spürbar unterversorgt sein. In der zweiten Jahreshälfte dürfte das tägliche Ölangebot der Nachfrage rund 2 Mio. Barrel hinterherhinken. Dann dürften die kommerziellen Vorräte in den OECD-Ländern, die eben erst wieder ihr "Normalniveau" erreicht haben, erneut fallen. Die Analysten erwarten deshalb auf mittlere Sicht deutlich höhere Notierungen am Ölmarkt.

An den Industriemetallmärkten ist die Stimmung auch eher verhalten: So recht vom Fleck kommt man nicht. Der Index der Londoner Metallmärkte liegt nur gut 6% über dem Jahrestief im März. Diese Woche tagen die International Study Groups und geben einen Marktausblick für das laufende Jahr, die International Copper Study Group (ICSG) sogar eine erste Einschätzung für 2024.

Für den Kupfermarkt ist die ICSG bislang sehr positiv gestimmt und anders als in so manchem Vorjahr lag das tatsächliche Angebotsdefizit auch nur leicht höher als noch im letzten Herbst erwartet; zudem ist man in das laufende Jahr mit einer Überversorgung gestartet. Vor diesem Hintergrund dürfte die ICSG ihre Prognose eines Angebotsüberschusses im laufenden Jahr bestätigen. Spannend sind aber auch die Perspektiven für 2024. Schließlich zählt Kupfer - neben Nickel - zu den für die Transformation im Energie- und Transportsektor stark benötigten Metallen. Viele Experten sind deshalb skeptisch, dass die Investitionspläne auf der Angebotsseite ausreichend sind. Sollte die ICSG für 2024 ein Abschmelzen des Angebotsüberschusses oder gar ein Angebotsdefizit erwarten, könnte dies den Kupferpreis stützen.

 

Quelle: Commerzbank AG / Commerzbank Commodity Research / Vorschaubild: Fotolia

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