Forschungsbaustein für das Elektro-Roheisen der Zukunft

von Hubert Hunscheidt

thyssenkrupp Steel hat die Grenzebach Maschinenbau GmbH mit dem Engineering, dem Bau und der Inbetriebnahme einer DRI-Einschmelzer-Versuchsanlage inklusive zugehöriger Nebenaggregate am Standort Duisburg beauftragt. Der vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIKE) geförderte Einschmelzer ist Teil des Forschungsschwerpunkts zur klimaneutralen Transformationsstrategie am Standort der thyssenkrupp Steel in Duisburg.

Das Projekt unter der wissenschaftlichen Leitung des VDEh-Betriebsforschungsinstituts (BFI) soll demonstrieren, wie der in Direktreduktionsanlagen produzierte Eisenschwamm in einem innovativen Einschmelzer verflüssigt und zu Roheisen weiterverarbeitet werden kann. Das Auftragsvolumen beträgt rund 7,5 Millionen Euro, wobei das MWIKE 65 % und thyssenkrupp Steel 35 % der Gesamtkosten des Projekts übernehmen.

Forschungsschwerpunkt auf CO2-Reduktion in Roheisenerzeugung und Zementherstellung

Ab Anfang 2026 sollen die ersten Versuchskampagnen zur Erprobung unterschiedlicher Einsatzmaterialien wie direkt reduziertes Eisen (DRI), alternative Kohlenstoffträger und Kreislaufstoffe für die Roheisenerzeugung starten. Der Einschmelzer im Demonstrationsmaßstab ist mit einer Kapazität von 100 kg/h direktreduziertem Eisen an die Direktreduktions-Versuchsanlage angepasst. Gemeinsam bilden beide Aggregate einen Forschungsschwerpunkt zur wasserstoffbasierten Direktreduktionstechnologie an Europas größtem Stahlstandort. Neben Untersuchungen zur CO2-Reduktion und Produktqualität des erzeugten Roheisens ist ein weiteres Projektziel die Einschmelzerschlacke so zu konditionieren, dass sie als Grundwerkstoff für die Zementherstellung dienen kann, vergleichbar mit der aktuellen Verwendung von Hochofenschlacke der konventionellen Roheisenerzeugung. Somit können auch die CO2-Emissionen in der nur schwer zu dekarbonisierenden Zementindustrie nachhaltig gesenkt werden.

„Die wasserstoffbasierte Direktreduktion in Kombination mit Einschmelzern ist ein innovativer Ansatz, der bei thyssenkrupp Steel erstmals im großindustriellen Maßstab umgesetzt wird. Daher ist es unerlässlich, auf dem Weg dahin die neuen Technologien praktisch anzuwenden und zu erlernen“, so Chief Technology Officer Dr. Arnd Köfler. „Der Versuchseinschmelzer und die Direktreduktions-Versuchsanlage sind das Herz unserer Forschung für die klimaneutrale Stahlproduktion der Zukunft. Sie ermöglichen uns, verschiedene Einsatzstoffe flexibel zu nutzen und präzise Antworten auf die grundlegenden technologischen Fragen zur Transformation der Stahlherstellung zu finden.“

thyssenkrupp Steel stärkt Innovationskraft mit neuer Einschmelzer-Versuchsanlage

Mit der Einschmelzer-Versuchsanlage schließt thyssenkrupp Steel die Lücke in der Piloterprobung des gesamten Produktionsprozesses vom Rohstoff zum gewalzten Stahlband. Schon jetzt werden die Prozessschritte von der Stahlerzeugung, dem Walzen bis hin zur Oberflächenveredelung auf Technikumsanlagen in einem verkleinerten Maßstab nachgestellt. Dadurch können neue Technologien und Konzepte realitätsnah und mit Fokus auf Kundenbedürfnisse erprobt werden. Die Entwicklung im Technikumsmaßstab spart nicht nur aufgrund des geringeren Materialeinsatzes Ressourcen und Entwicklungskosten, sie vermeidet auch Störungen in den betrieblichen Produktionsanlagen. Der Demonstrationsmaßstab erlaubt somit auch, aus Fehlern zu lernen und Parameter und Betriebspunkte anzupassen. Auch die Erprobung neuer Einsatzstoffe ist geplant. Dies ermöglicht optimierte Lösungen entlang der Produktionsroute und bei Inbetriebnahme der großen in Duisburg entstehenden Direktreduktionsanlage eine nahtlose Integration in das bestehende Hüttenwerk.

Das VDEh-Betriebsforschungsinstitut mit Sitz in Düsseldorf ist eines der europaweit führenden Institute für anwendungsnahe Forschung und Entwicklung in der Prozessindustrie. Steigende Anforderungen an die Produktqualität, Produktionskosten, CO2-Emissionen und Anlagenauslastung stellen die Stahlindustrie vor neue Herausforderungen. Das BFI bietet hierzu maßgeschneiderte Innovationen entlang der kompletten Prozesskette der Stahlherstellung von den Einsatzstoffen zum Endprodukt. Themenfelder sind die CO2-Reduktion & Energieeffizienz, die Prozess- und Prozesskettenoptimierung, die Kreislaufwirtschaft sowie Industrie 4.0 & Messtechnik.

Die Transformation der Stahlindustrie begleitet das BFI wissenschaftlich in enger Zusammenarbeit mit der Industrie und Politik. Dies umfasst Aktivitäten zur experimentellen und simulativen Untersuchung der Technologien im Rahmen öffentlich geförderter Forschungsprojekte, aber auch eine Mitarbeit in Initiativen wie IN4climate.NRW oder der wissenschaftlichen Arbeit in SCI4climate.NRW.

Quelle und Foto: thyssenkrupp Steel Europe AG

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