Forderung der IG Metall für die nordwestdeutsche Stahlindustrie

von Hubert Hunscheidt

Die Tarifkommission der IG Metall für die nordwestdeutsche Stahlindustrie hat heute beschlossen, in der kommenden Tarifrunde eine „Absicherung der Realeinkommen“ zu fordern, um die Kauf-
kraft der Beschäftigten zu erhalten.

Auch wenn anzuerkennen ist, dass die Gewerkschaft sich der dramatischen Lage der deutschen Stahlindustrie offenbar bewusst ist, übersteigt die Forderung nach einer Entgelterhöhung die Möglichkeiten unserer Industrie in der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Die am kommenden Dienstag beginnende Tarifrunde 2025 fällt in eine Zeit, in der weltwirtschaftliche, aber auch politische Faktoren unsere Industrie und ihre Arbeitsplätze in bislang nicht gekanntem Ausmaß gefährden. Als Beispiele seien die amerikanischen Zölle und ihre Umlenkungswirkung, ein fehlender wirksamer Außenhandelsschutz gegen unfaire Importe, eine fortschreitende Deindustrialisierung sowie die im internationalen Wettbewerb zu hohen Strom- und Energiekosten genannt.

Infolgedessen existiert angesichts des anhaltenden Substanzverzehrs der Stahlindustrie, der sich allein im Jahr 2025 auf 1,5 bis 2 Mrd. € belaufen dürfte, keine verteilungsfähige Masse. Es spricht aktuell nichts dafür, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für unsere Industrie in naher Zukunft substanziell verbessern. Dies gilt ausdrücklich auch für etwaige Effekte aus den Infrastruktur- bzw. Rüstungspaketen der Bundesregierung, so richtig diese im Grunde auch sind.

Die Tarifabschlüsse der letzten Jahre haben zudem in der Summe aus prozentualen Erhöhungen, jährlich wiederkehrenden, tarifdynamischen Sonderzahlungen von insgesamt 1.600 € sowie der für das Jahr 2024 gezahlten Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 EUR die seinerzeit stark gestiegenen Lebenshaltungskosten unserer Beschäftigten mehr als ausgeglichen. Dies gilt insbesondere für die für 2025 (Januar bis September) vereinbarte Entgelterhöhung um 5,5%.

Es gibt keinen Nachholbedarf

Spielräume für eine weitere tarifdynamische Entgelterhöhung bestehen daher nicht. Eine solche würde nur den ohnehin bestehenden hohen Anpassungsdruck der Stahlindustrie erhöhen. Zur Forderung der IG Metall erklärt der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Stahl, Reiner Blaschek: „Die Arbeitgeber der Stahlindustrie stehen zu ihrer sozialen Verantwortung und werden sich auch
in der jetzigen Situation einem konstruktiven Ansatz der IG Metall nicht entziehen. Ein Tarifabschluss muss allerdings den tatsächlichen Rahmenbedingungen und den Möglichkeiten der Unter-
nehmen angemessen Rechnung tragen.“

Quelle: Arbeitgeberverband Stahl e.V.