Europas Stahlkocher profitieren kaum von Nachfrageplus

von Hans Diederichs

Nach Einschätzung von Eurofer dürfte die EU-Stahlnachfrage trotz anhaltender Unsicherheiten auf Basis der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage dieses Jahr um 1,5% anwachsen. Eurofer erwartet jedoch nicht, dass europäische Stahlhersteller davon profitieren werden; der Nachfrageschub wird wahrscheinlich überwiegend durch steigende Exporte gedeckt. Diese könnten 2015 um 5% zulegen.

EU – ein wirtschaftlicher Überblick

Im ersten Quartal 2015 verzeichnete das BIP-Wachstum ein solides Wachstum und setzte damit den Trend der zweiten Jahreshälfte 2014 fort. Treiber der Entwicklung ist vor allem die Konsumentennachfrage. Ein niedriger Ölpreis, eine schwache Inflation, niedrige Zinsen und Lohnzuwächse in mehreren EU-Staaten haben den Weg für weitere Zuwächse bei den privaten Konsumausgaben frei gemacht.

Dennoch bleiben die Investitionen wegen anhaltender Unsicherheiten schwach – dazu zählen die griechische Schuldenkrise, strukturelle Hemmnisse innerhalb der Eurozone, eine schwächelnde Weltwirtschaft und geopolitische Risiken. Die für 2016 erwarteten Verbesserungen der wirtschaftlichen Fundamentaldaten sprechen dafür, dass die Investitionstätigkeit schrittweise zunimmt und in Folge dessen die Schlüsselrolle für künftiges Wachstum innerhalb der EU spielt.

Stahlnachfrage innerhalb der EU

Die Aktivität bei den europäischen Stahlverwendern bleibt verhalten. Nur die Automobilbranche verzeichnet derzeit robustes Wachstum.

Eurofer-Direktor Axel Eggert sagte dazu: „Die Anwender am unteren Ende der Wertschöpfungskette verzeichnen ein gedämpftes Wirtschaftsumfeld. Sie sehen wenig Einfluss durch die zugegebenermaßen verbesserten makroökonomischen Faktoren, während Gegenwind und Unsicherheiten anhalten. Der Unternehmenssektor bleibt daher vorsichtig, was seine Investitionstätigkeit angeht – insbesondere in Bezug auf großvolumige Projekte im Bereich Maschinen, Anlagen, Gebäude und neue Technologien.“ Für das Gesamtjahr erwartet Eurofer eine Zunahme der Aktivität in den Stahl nachfragenden Branchen von 2%, die sich auf 2,7% im Jahr 2016 steigern dürfte.

Der EU-Stahlmarkt

Im ersten Quartal 2015 lag die Stahlnachfrage innerhalb der EU nur marginal höher als im gleichen Zeitraum 2014. Selbst von diesem geringen Zuwachs haben jedoch Anbieter aus Drittstaaten profitiert, nicht die heimischen Produzenten, die diese Entwicklung auch befürchtet hatten. Dieser Trend scheint sich im zweiten Quartal fortgesetzt zu haben. Für 2016 geht Eurofer von einem Wachstum der sichtbaren Stahlverwendung um 1,9% aus.

„Trotz des schwächeren Euro und der verhaltenen Nachfrageentwicklung nehmen die Stahlimporte in die EU wieder erheblich zu“, sagte Eggert. „Dadurch wird der Preiswettbewerb weiter angeheizt und die Margenerosion setzt sich fort. Hauptgrund dafür sind massive und ansteigende Überkapazitäten in China und eine Phase des sich abschwächenden Wachstums in dieser Region. Die chinesischen Stahlexporte in die EU nahmen in den ersten fünf Montane 2015 auf Jahressicht um 49% zu. Solange die chinesischen Stahlkocher ihre Überproduktion in den Markt drücken anstatt ihre Kapazitäten zu begrenzen, erwarten wir eine Fortsetzung dieses schwierigen Marktumfelds.“

Quelle: Eurofer Foto: fotolia

 

 

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