Europäische Stahlbranche: Emissionen bis 2030 um 30 Prozent senken

von Hubert Hunscheidt

Europas Stahlindustrie verursacht heute 221 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen, das entspricht 5,7 Prozent der gesamten EU-Emissionen. Um die Ziele Europas zu erreichen, bis 2050 klimaneutral zu werden, muss die Stahlbranche ihren Ausstoß bis 2030 um 30 Prozent reduzieren. Dazu bedarf es einer großflächigen Umstellung auf klimafreundliche Technologien. Die neue Studie von Roland Berger "Green deal for steel. What will it take and who will pay?" untersucht, mit welcher Technologie und zu welchen Kosten das CO2-Reduktionsziel erreicht werden kann.

"Europas Stahlindustrie steht vor einer Mammutaufgabe. Will sie die EU-Klimaziele erreichen, muss sie jetzt handeln und den Wandel der Branche entschieden vorantreiben", sagt Akio Ito, Partner bei Roland Berger. "Nach unserer Analyse ist die grüne Transformation allein für die heutige Hochofenroute am Ende der Dekade gleichbedeutend mit zusätzlichen jährlichen Kosten im zweistelligen Milliardenbereich - fast unabhängig von der angewandten Technologie. Denn auch ein Nichtstun ist angesichts der von der EU ausgerufenen Klimaziele keine Option, und durch die Verteuerung der Preise für CO2-Zertifikate im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems wird die konventionelle Stahlherstellung immer unattraktiver."

Klimaneutrale Technologien im Vorteil

Die Studie zeigt, dass die Stahlhersteller in den kommenden Jahren vor erheblichen Kostensteigerungen stehen. Wie bisher eine konventionelle Stahlproduktion zu verfolgen, käme sie wegen der erwarteten Steigerungen des Preises für CO2-Zertifikate jedoch am teuersten zu stehen. Den Berechnungen der Roland Berger-Experten zufolge müsste die Branche, um die Klimaziele bis 2030 zu erfüllen, anstelle der Hochofenroute allein knapp ein Drittel der heutigen Produktion, 29 Millionen Tonnen, klimafreundlicher herstellen. Wasserstoff- und - übergangsweise - erdgasbasierte Technologien bieten hier das größte Potenzial. Beispielsweise bei Verwendung einer wasserstoffbasierten Direktreduktionsroute in der Produktionskette, würden nach Analyse der Experten beispielhaft im Jahr 2030 zusätzliche Kosten von 17 Milliarden Euro für die Branche entstehen. 3,5 Milliarden Euro entfielen dabei auf die neue Technologie, 13,5 Milliarden Euro auf die sehr hohen CO2-Emissionskosten für die restlichen rund 66 Millionen Tonnen konventionell produzierten Stahls.

"Wegen der unsicheren Preisentwicklung von grünem Wasserstoff und den steigenden, aber in ihrer Höhe nicht genau prognostizierbaren CO2-Emissionspreisen sollten sich die Stahlhersteller für brennstoffflexible Direktreduktions-Technologien entscheiden. Der Mix aus Erdgas und grünem Wasserstoff als Reduktionsmittel eröffnet ihnen einen größeren Handlungsspielraum", sagt Ito.

Finanzierung auf mehreren Schultern verteilen

Die Transformation zu grünem Stahl hat ihren Preis, den die Branche nicht allein zahlen kann. Niedrige Gewinnspannen und schwankende Rohstoffpreise führen dazu, dass die Stahlindustrie die Transformationskosten nicht selbst schultern kann. Sowohl staatliche Institutionen als auch Kunden und Endverbraucher werden indirekt mitfinanzieren müssen.

"Politische Unterstützung ist bei der Transformation erforderlich. Die EU und einzelne Mitgliedstaaten haben bereits Innovationsförderungen aufgelegt und Mittel in Aussicht gestellt", so Ito. "Klimaneutraler Stahl wird zunehmend bei den Kunden gefragt sein, um deren eigene ambitionierten Klimaziele zu erfüllen. Steigen die CO2-Preise und damit die Emissionskosten steil an, kommen Unternehmen mit konventioneller Produktion darüber hinaus auch kostenseitig unter Druck. Gehen sie den Wandel nicht zeitig an, fallen sie im Konkurrenzkampf zurück und riskieren letztlich ihre Existenz."

Die vollständige Studie ist hier abrufbar.

Quelle: Roland Berger GmbH / Foto: Fotolia

Zurück