EU und USA verpassen einmalige Chance, Handelsstreit beizulegen

von Hubert Hunscheidt

Das Ergebnis des Treffens des EU-Handelsrates zeigt, dass die EU und die USA noch weit davon entfernt sind, eine Einigung zu erzielen, um den Klimaschutz voranzutreiben, Handelsverzerrungen in der globalen Industrie zu bekämpfen und den Handelsstreit zwischen der EU und den USA bis Ende 2023 beizulegen, wie ursprünglich von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden für 2021 vereinbart. Das Fehlen eines globalen Abkommens für nachhaltigen Stahl und Aluminium sei eine verpasste Chance, kurz vor Beginn der COP28 sowohl fairen Handel zu gewährleisten als auch den Klimaschutz voranzubringen, warnt der Europäische Stahlverband.

"Angesichts der Tatsache, dass die COP28 in wenigen Tagen beginnt, hätte eine Einigung zwischen der EU und den USA über ein wirksames globales Abkommen zur Bewältigung der doppelten Herausforderung von Überkapazitäten und Kohlenstoffintensität in der Stahlindustrie den richtigen Rahmen für fortschrittliche Bemühungen zur weltweiten Dekarbonisierung der Branche bis 2050 geschaffen. Das globale Abkommen ist eine einzigartige Gelegenheit, das Klima zu schützen und den Handelsstreit zwischen der EU und den USA beizulegen. Ohne eine kohlenstoffneutrale Industrie auf globaler Ebene wird es unmöglich sein, das Ziel von 1,5 oder 2 Grad Celsius im Jahr 2050 zu erreichen. Ein ehrgeiziges und verbindliches internationales Abkommen zur Bewältigung der existenziellen Herausforderungen, mit denen die Stahlindustrie weltweit konfrontiert ist, darf nicht zum Kollateralschaden der unterschiedlichen Auffassungen auf beiden Seiten des Atlantiks über den Umgang mit der US-Section 232 werden, obwohl wir dieselben Werte teilen. Im Gegenteil, ein ehrgeiziges globales Abkommen wird selbstverständlich eine dauerhafte und solide Lösung für die einseitigen und wettbewerbsverzerrenden US-Zölle auf EU-Stahl nach Section 232 beinhalten", sagte Axel Eggert, Generaldirektor des europäischen Stahlverbandes EUROFER.

Nach Angaben der OECD belaufen sich die Überkapazitäten in der weltweiten Stahlindustrie derzeit auf 600 Millionen Tonnen, in den nächsten drei Jahren sollen weitere 150 Millionen Tonnen hinzukommen. Neben China entstehen neue Überkapazitäten in den ASEAN-Staaten, in Südasien, im Nahen Osten und in Nordafrika.

"Diese neuen konventionellen, kohlenstoffintensiven Kapazitäten werden für Jahrzehnte CO2-Emissionen binden, die höher sind als die der gesamten EU-Stahlindustrie zusammengenommen, und alle Anstrengungen der EU-Stahlindustrie zur Reduzierung der Emissionen bis 2050 in nur drei Jahren zunichte machen. Das Fehlen eines globalen Abkommens über nachhaltigen Stahl gefährdet die Dekarbonisierungsbemühungen der europäischen Stahlindustrie und zeigt die Grenzen der globalen Klima- und Handelsdiplomatie der EU auf", betonte Eggert.

Wenn grüner Stahl und andere saubere Technologien "made in Europe" sein sollen, wie Kommissarin von del Leyen sagte, sollte das globale Abkommen die Marktzugangsbedingungen koordinieren und dabei den politischen Spielraum innerhalb der WTO-Regeln nutzen, um die Herausforderungen der Nachhaltigkeit wirksam anzugehen. Diese Herausforderungen beträfen nicht nur den Stahlsektor, sondern zunehmend auch andere Sektoren. Eine Einigung über die Grundzüge eines globalen Abkommens wäre ein wichtiger Meilenstein, der als Grundlage für die weitere Entwicklung eines umfassenden Abkommens dienen könnte. An neuen Instrumenten und Ansätzen zur Bekämpfung globaler Überkapazitäten und Emissionen sollte intensiv gearbeitet werden. Gleichzeitig müssen die EU-Stahlschutzmaßnahmen fortgeführt und die traditionellen handelspolitischen Schutzinstrumente der EU konsequent angewendet werden.

"Wir fordern die EU und die USA dringend auf, einen gemeinsamen Weg nach vorne zu finden, die Verhandlungen positiv abzuschließen und Lösungen für globale Herausforderungen nicht auf die lange Bank zu schieben", so Eggert abschließend.

Quelle: EUROFER / Foto: Fotolia

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