EU-Kommission verhindert Wettbewerbsfähigkeit

In ihrer Leitlinie CISAF definiert die EU-Kommission Kriterien dafür, wie die Mitgliedstaaten ihre Industrien bei Dekarbonisierung und Stromkosten unterstützen könnten. Nach Einschätzung des Bundesverbands der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG) ist die Leitlinie in ihrer aktuellen Ausgestaltung dafür jedoch untauglich.
Das am 25. Juni offiziell veröffentlichte Clean Industrial Deal State Aid Framework (CISAF) aus dem Verantwortungsbereich von EU-Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera legt den Rahmen für staatliche Beihilfen zur Unterstützung des Deals für eine saubere Industrie fest. Das Kapitel zur befristeten Strompreisentlastung leitet wie folgt ein:
„Bis sich die Dekarbonisierung des Stromsystems der Union vollständig in niedrigeren Strompreisen niederschlägt, werden Industriezweige in der Union weiterhin mit höheren Kosten konfrontiert sein als Wettbewerber in Ländern und Gebieten mit weniger ehrgeizigen Klimaschutzmaßnahmen (…) Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass hohe Stromkosten von der Elektrifizierung der Produktionsprozesse abhalten, die für die erfolgreiche Dekarbonisierung der Wirtschaft der Union unerlässlich ist. Um diese Risiken und negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu mindern, können die Mitgliedstaaten Unternehmen, die in den betreffenden Wirtschaftszweigen tätig sind, eine zeitlich befristete Strompreisentlastung gewähren.“
Max Schumacher, Hauptgeschäftsführer des BDG, erklärt: „Wir begrüßen ausdrücklich, dass Bewegung in das EU-Beihilferecht kommt. In der Kommission hat sich damit die Einsicht durchgesetzt, dass die Dekarbonisierung kostspielig ist und ohne Unterstützung nicht erfolgreich sein wird – denn aktuell sind die Standortbedingungen in Deutschland international nicht wettbewerbsfähig.“
In Deutschland wird angesichts der hohen Stromkosten seit Jahren über einen Industriestrompreis diskutiert. Er ist Bestandteil des Koalitionsvertrags der neuen Merz-Administration. Wie ist die EU-Leitlinie CISAF vor dem Hintergrund eines deutschen Industriestrompreises einzuordnen?
- Die Leitlinie fokussiert nicht auf die realen Stromkosten inklusive Netzentgelten, sondern auf den erheblich niedrigeren Börsenstrompreis.
- Die mögliche Begünstigung ist auf 50 % der Abnahmemenge und 50 % des Durchschnittsstrompreises beschränkt.
- Die Reduktion ist nach unten auf 5 Cent pro Kilowattstunde limitiert.
- Die Strompreisentlastung ist auf drei Jahre befristet.
- Der Kreis der Begünstigten ist streng nach den Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien (KUEBLL) definiert.
- 50 % des Beihilfebetrags müssen innerhalb von 48 Monaten reinvestiert werden.
Der BDG hat auf Basis vorliegender Verbrauchswerte von Mitgliedsgießereien durchgerechnet, wie sich dieser Beihilferahmen auswirken würde. Berechnungsgrundlage ist der Börsenstrompreis, der 2024 im Jahresdurchschnitt knapp 8 Cent pro Kilowattstunde betrug. Der Effekt von CISAF wären laut ersten überschlägigen Rechnungen Einsparungen bei den Stromkosten im Bereich von rund 2,5 %.
„Von einer echten Entlastung kann hier keine Rede sein. Wir sprechen eher von Skonto als von einem kraftvollen Anschub zur Dekarbonisierung“, bewertet Schumacher die Wirkung des CISAF-Beihilferahmens, sollte der vorliegende Entwurf ohne Änderungen umgesetzt werden.
Die Forderung des BDG für die mittelständische, energieintensive industrielle Gießerei-Industrie lautet daher: „Wir benötigen eine Förderung der operativen Kosten (OPEX) über zehn Jahre, damit die Dekarbonisierung planbar ist. Sie muss Strom-Gesamtkosten von 5 Cent pro Kilowattstunde festlegen“, so Schumacher.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie / Foto: marketSTEEL