EU-Ausschuss bestätigt vorläufige CBAM-Berechnungswerte
von Hubert Hunscheidt
Der Ausschuss des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der Europäischen Kommission hat die finalen Überarbeitungen der technischen Durchführungsbestimmungen gebilligt und damit zentrale Parameter für die CBAM-Berechnung bestätigt. Die Entscheidung bildet eine wesentliche Grundlage für die Einführung der kostenpflichtigen CBAM-Phase ab Januar 2026. Die Regelungen müssen nun formal angenommen werden und sollen noch vor Jahresende in Kraft treten.
Trotz dieser Zustimmung bleiben die Werte bis auf Weiteres vorläufig. Sie werden nach Start der endgültigen CBAM-Phase weiter überprüft – mit potenziell erheblichen Folgen für Importkalkulationen und Risikomanagement.
Deutlich höhere Standardwerte – Kostenrisiken für Stahlimporteure steigen
Bereits im November hatte McCloskey erste Berechnungen veröffentlicht, die aufzeigten, dass Stahlimporteure bei Nutzung von Standardwerten mit deutlich höheren Kosten rechnen müssen. Die jetzt bestätigten Defaultwerte verschärfen dieses Bild weiter:
• Für mehrere Herkünfte – darunter China – wurden die Standardwerte nochmals angehoben.
• Auch die Benchmarks wurden angepasst: Sie fallen insgesamt niedriger aus, da sie neue ETS-Prognosen für 2026–2030 und veränderte DRI-Benchmarkwerte berücksichtigen.
Ein aktuelles Beispiel zeigt die Dimension:
Ein Angebot für ein Schiff mit 40–50 kt indischer HRC zum Preis von umgerechnet 430 EUR/t CFR Italien würde – bei Anwendung der Defaultwerte – CBAM-Kosten von rund 270 EUR/t verursachen. Das entspricht einer zusätzlichen Belastung von bis zu 13,5 Mio. EUR für die gesamte Lieferung.
CBAM-Deklarationen: Drei Berechnungsmethoden – hoher Aufwand für „tatsächliche Werte“
Importeure können ihre CBAM-Verpflichtungen grundsätzlich auf drei Wegen berechnen:
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Tatsächliche Werte
• Emissionen werden präzise nach Produktionsroute ermittelt.
• Hoher Aufwand, da Prozessketten emissionsgenau abgebildet werden müssen.
• Verifizierungen beginnen 2027 – viele Unsicherheiten beim Zugang zu Produktionsstandorten. -
Standardwerte
• Wird genutzt, wenn keine verifizierten Daten vorliegen.
• Enthält einen Strafaufschlag (10 % im Jahr 2026, 20 % in 2027, 30 % ab 2028).
• Kann zu extrem hohen CBAM-Kosten führen. -
Gemischte Werte
• Kombination aus tatsächlichen und Standardwerten.
• Wenn für einen Vorläufer Standardwerte genutzt werden, dürfen keine tatsächlichen Werte mehr upstream eingesetzt werden.
Ein neuer Anhang definiert zudem Standardwerte für Vorprodukte unbekannter Herkunft – jeweils basierend auf dem höchsten verfügbaren Benchmark zuzüglich Strafaufschlag.
Verifizierungsrisiken: „Nicht sicher, dass das alles so reibungslos läuft“
Zahlreiche Verifizierer aus Europa, Asien und Südamerika äußern Zweifel an der praktischen Umsetzbarkeit:
• Nationale Akkreditierungsstellen sind bereits ausgelastet.
• Zugang zu Anlagen in Drittländern könnte schwierig oder durch lokale Vorschriften eingeschränkt sein.
• Produzenten müssen Emissionen exakt Prozessen und Produkten zuordnen – für viele ein neues und komplexes Verfahren.
• Fehlende oder fehlerhafte Daten könnten dazu führen, dass bis zu 80 % der Importe auf Standardwerte zurückfallen.
Damit droht vielen Importeuren das „Worst-Case-Szenario“, selbst wenn Lieferanten grundsätzlich bereit wären, Daten bereitzustellen.
Schlussfolgerung
Mit der Zustimmung des Ausschusses rückt die kostenpflichtige CBAM-Phase endgültig näher. Die vorläufigen Benchmarks und Defaultwerte zeigen bereits jetzt, dass der finanzielle Druck auf Stahlimporteure erheblich sein wird – insbesondere ohne vollständige, verifizierte Emissionsdaten.
Unternehmen müssen sich kurzfristig vorbereiten:
• Lieferketten-Daten erfassen und verifizieren,
• Verträge um CBAM-Klauseln ergänzen,
• Kalkulationsmodelle anpassen,
• Risiken der Standardwerte einkalkulieren.
Der Beschluss der EU schafft Klarheit – aber auch eine deutliche Warnung: Unvorbereitete Importeure könnten ab 2026 mit extrem hohen Zusatzkosten konfrontiert werden.
Quelle: Eurometal / Foto: marketSTEEL