DIW-Konjunkturbarometer: Deutsche Wirtschaft kriecht aus dem Winterloch

von Hubert Hunscheidt

Das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) macht im April einen weiteren Satz nach oben, auf nun 92,9 Punkte. Damit klettert der Barometerwert zum zweiten Mal in Folge um knapp fünf Punkte und liegt so hoch wie seit einem Jahr nicht mehr. Die neutrale 100-Punkte-Marke, die ein durchschnittliches Wachstum der deutschen Wirtschaft anzeigt, kommt wieder in Sichtweite. Nach dem schwachen Winterhalbjahr mehren sich die Anzeichen für einen Anstieg der Wirtschaftsleistung auch im zweiten Quartal 2024 und damit eine Erholung der deutschen Wirtschaft. Dass die Inflation nachlässt, die verfügbaren Einkommen steigen und eine erste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank wohl nicht mehr weit entfernt ist, dürfte für Zuversicht sorgen. Auch der globale Warenhandel, der 2023 noch rückläufig war, beginnt sich offenbar langsam zu erholen. Das dürfte die deutschen Exporte stützen. „Die deutsche Wirtschaft kriecht aus dem Winterloch,“ sagt Geraldine Dany-Knedlik, Leiterin des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik im DIW Berlin. „Für Frühlingsgefühle ist es zwar noch etwas zu früh, aber die Aussichten sind deutlich besser als zuletzt: Die Konjunktur dürfte sich in den kommenden Monaten stabilisieren.“

Die Industrie ist allerdings eher vorsichtig optimistisch: Zwar legte die Industrieproduktion nach einem schwachen Jahr 2023 im Januar und Februar über alle Gütergruppen hinweg zu, konnte die Niveauverluste der letzten Jahre damit aber bei weitem noch nicht wettmachen. Auch die Auftragseingänge bewegen sich nach wie vor auf niedrigem Niveau und wurden in den vergangenen Monaten vor allem von Großaufträgen gestützt. Somit bleibt die Lageeinschätzung der Industrieunternehmen laut ifo-Konjunkturumfrage weiterhin merklich gedämpft. Derweil sind die Geschäftserwartungen etwas gestiegen: „Angesichts der Aussichten auf eine Zinssenkung sowie einer zu erwartenden leichten Erholung der Auslandsnachfrage blicken die Industrieunternehmen zwar etwas zuversichtlicher in das Sommerhalbjahr“, sagt Laura Pagenhardt, DIW-Konjunkturexpertin. „Mit großen Sprüngen ist hier allerdings vorerst nicht zu rechnen – nicht zuletzt, da weiterhin viel Unsicherheit über die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland herrscht.“

Deutlichere Konjunkturimpulse sind hingegen aus dem Dienstleistungsbereich zu erwarten, wo sich die Lage zuletzt merklich aufgehellt hat. Die Umsatzerwartungen kletterten im April weiter nach oben, während sich das Geschäftsklima der Dienstleistungsunternehmen laut ifo-Umfrage das erste Mal seit dem vergangenen Sommer wieder im positiven Bereich bewegte. Die weiter steigenden verfügbaren Einkommen und die gesunkene Inflation dürften die Kauflaune der Menschen in den kommenden Monaten stärken, auch wenn etwa der leicht höhere Ölpreis die Inflation vorübergehend wieder etwas erhöhen könnte. Das Konsumklima und die Einkommenserwartungen der privaten Haushalte verbesserten sich im April noch einmal. Zudem wirkt die gute Arbeitsmarktlage trotz leicht gestiegener Arbeitslosenquote weiterhin stabilisierend.

„Für den lange ersehnten Aufschwung der deutschen Wirtschaft keimt Hoffnung auf“, sagt DIW-Konjunkturexperte Guido Baldi. „Strukturelle Herausforderungen bleiben aber bestehen und dämpfen das Trendwachstum vorerst weiterhin – von der Alterung der Bevölkerung über die Rückstände bei der Digitalisierung bis hin zur lange verschleppten Energiewende.“

Quelle und Grafik: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

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