Digitalisierung prägt den Einkauf

von Alfons Woelfing

Die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschaft hat gravierende Auswirkungen auf den Einkauf. Die Einsatzmöglichkeiten digitaler elektronischer Lösungen sind unbegrenzt. So identifizieren intelligente Suchalgorithmen und Big Data Analytics schon heute Versorgungsrisiken und automatisierte Lieferantenbewertungen in Echtzeit. Während diese Tools von Großunternehmen bereits intensiv genutzt werden, tun sich mittelständische Betriebe hier noch schwer. Das sind zentrale Ergebnisse der 10. BME-eLÖSUNGSTAGE, die am Mittwochnachmittag in Düsseldorf nach zweitägiger Dauer beendet wurden. Rund 1.400 teilnehmende Einkaufs-, Logistik- und Supply Chain Manager sowie knapp 100 Aussteller und Partner hatten sich seit Dienstag in acht Fachforen, 14 Round Tables, 14 Solution Foren und zehn Workshops das Rüstzeug für die Digitalisierung Ihrer Geschäftsprozesse geholt. Der jährlich stattfindende Kongress für elektronische Beschaffung stand 2019 unter dem Motto „Fit für die Zukunft: eLösungen konsequent ausrollen“.

BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Silvius Grobosch hatte in seiner Eröffnungsrede betont, dass „eLösungen heute unbestritten zum Arsenal der modernen Einkaufs- und Supply-Chain-Management-Organisation“ gehören. Gleichwohl sei der Stand ihrer Implementierung und Nutzung in den Unternehmen aber noch sehr unterschiedlich. Zu oft dominiere ein Patchwork von Stand-alone-Lösungen. Es fehle an integrierten Workflows und vor allem an einer Digitalstrategie, die Einkauf und Supply Management helfen, zum Enabler des industriellen Internets der Dinge zu werden.

„Digitalisierung ist ein Mindset. Dahinter verbergen sich Geschäftsmodelle, sagte Dr. Christian Schlögel, Chief Digital Officer und Vorstandsmitglied der Körber AG, im Plenum des ersten Veranstaltungstages. Diese Denkweise „müssen wir in Deutschland und Europa viel ernster nehmen“, fügte der Manager hinzu. „Hier sind uns die US-amerikanischen Start-ups meilenweit voraus. Sie denken grundsätzlich vom Geschäftsmodell, wir dagegen sehr stark von der Technologie her“, so Schlögel weiter. Der Hamburger Maschinenbauer Körber erwirtschaftet mit 10.000 Beschäftigten einen jährlichen Umsatz in Höhe von 2,6 Milliarden Euro. Die strategische Management-Holding ist in die fünf Geschäftsfelder Digital, Logistik-Systeme, Pharma-Systeme, Tissue und Tabak eingeteilt. Der Konzern vereint Unternehmen mit 140 Produktions-, Service- und Vertriebsgesellschaften.

„Cybercrime ist allgegenwärtig und innovativ. Sie ist zudem ein Geschäft“, sagte Oberstaatsanwalt Markus Hartmann, Hauptabteilungsleiter und Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen. Er verwies auf die Schadenssummen, die Global Playern wie dem Pharma-Konzern Merck (870 Millionen US-Dollar) oder FedEx (400 Millionen US-Dollar) laut Schätzungen der US-amerikanischen Regierung allein durch Petya entstanden sind. Dabei handelt es sich um einen Erpressungstrojaner, der ohne Wissen des Benutzers alle Dateien im Computer verschlüsselt. Das Opfer wird später aufgefordert, Lösegeld für eine System- bzw. Datenwiederherstellung zu zahlen.

Hartmann verwies auf eine Bitkom-Studie zur IT-Sicherheit in deutschen Unternehmen. Danach sagten 67 Prozent der Befragten, dass ihre Firma innerhalb der vergangenen zwölf Monate mindestens einmal von IT-Sicherheitsvorfällen betroffen war. Eine PWC-Studie habe zudem ergeben, dass Cybercrime (31 Prozent) neben Veruntreuung (45 Prozent) und Endkundenbetrug (29 Prozent) zu den häufigsten Deliktsformen im Bereich Wirtschaftskriminalität und Betrug gehören. Von Cyberattacken betroffene Unternehmen schalten laut Hartmann staatliche Stellen noch zu wenig ein. Als häufigste Gründe für dieses Verhalten werden Angst vor Imageschäden durch mögliche Veröffentlichungen und vor negativen Konsequenzen sowie zu hohe Kosten genannt. Die einzelnen Bundesländer haben laut Hartmann Zentralstellen eingerichtet, an die sich betroffene Firmen wenden können.

„Professioneller Einkauf ist von Management-Informationen in Echtzeit abhängig. Leider wird immer noch zu wenig in digitale Beschaffungssysteme investiert. Das wiederum führt zu einer suboptimalen Performance der Unternehmen“, betonte Douglas Rohn, Vice President Global Procurement von Aliaxis, in seiner Keynote. Aliaxis ist eigenen Angaben zufolge weltweit größter Hersteller von Kunststoffrohren für das Bauwesen und die Industrie sowie für Versorgungsunternehmen. Rohn kritisierte, dass viele Einkäufer heute zu wenig Zeit und Kapazitäten hätten, um alle verfügbaren und notwendigen Informationen richtig zu analysieren zu können. Es fehlten ihnen häufig auch die notwendigen digitalen Werkzeuge, um die nächste Stufe der Wertschöpfung zu erreichen. Rohn zeigte sich überzeugt, dass die Geschäftsbeziehungen zwischen Einkäufern und Lieferanten mit der Entwicklung neuer digitaler Systeme und Technologien künftig noch wichtiger werden.

Highlight des ersten Veranstaltungstages war die Verleihung des BME-Awards „Excellence in eSolutions“ an die Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg.

Save the Date: Die 11. BME-eLÖSUNGSTAGE finden vom 24. bis 25. März 2020 in Düsseldorf statt.

Quelle: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) / Fotos: marketSTEEL

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