Der Schweißdraht als Sensor – jetzt mit noch mehr Möglichkeiten

von Hubert Hunscheidt

Das patentierte Assistenzsystem, das seit Jahren erfolgreich in der Automobilindustrie eingesetzt wird, ist nun deutlich vielseitiger. Erstmals werden auch die Bau- und Landmaschinenbranche, der gewerbliche Transport und die metallverarbeitende Industrie allgemein adressiert. Ab sofort überzeugt die Exaktheit von WireSense bei sämtlichen gängigen Nahtgeometrien auch im Stahl- und Behälterbau oder bei Chrom-Nickel-Bauteilen.

Trotz hoher Sorgfalt kommt es in der industriellen Fertigung mit Roboterschweißsystemen immer wieder zu Ungenauigkeiten durch Spanntoleranzen oder vorgelagerte Prozesse. Das stellt Unternehmen und Roboterintegratoren vor Herausforderungen. Mit dem Roboterassistenzsystem WireSense hat Fronius eine bahnbrechende Lösung geschaffen: Der Schweißdraht wird kurzerhand zum Sensor, um die Position des Bauteils exakt zu bestimmen. Dadurch kann auf Positionsabweichungen genauestens reagiert und Schweißnaht-Verläufe können entsprechend korrigiert werden. Das reduziert Nacharbeit sowie Bauteilausschuss auf ein absolutes Minimum.

Der Schweißdraht als Sensor – eine revolutionäre Idee

WireSense nutzt die Drahtelektrode nicht nur zum Schweißen, sondern auch zur Vermessung von Bauteilgeometrien. Durch die hochfrequente, reversierende Drahtbewegung erkennt das System präzise Bauteil- sowie Nahtgeometrien, Kanten, Höhenunterschiede und Spalte – ganz ohne zusätzliche Sensorhardware. Besonders bei spiegelnden Oberflächen wie Aluminium zeigt WireSense seine Stärken, da hier optische Systeme wie Kameras oft versagen.

„Die Messung erfolgt kontaktbasiert über einen Kurzschluss ohne Schweißung und funktioniert mit allen üblichen Zusatzmaterialien“, erklärt Philipp Schlor, Strategic Product Manager bei Fronius International. „Die Fronius Schweißstromquelle, eine iWave oder TPS/i, erkennt Kanten oder Stöße und übermittelt diese Information an die Robotersteuerung. Diese gleicht die Daten mit dem programmierten Pfad ab und korrigiert den Tool Center Point (TCP) automatisch, wodurch die Naht stets genau an der gewünschten Stelle geschweißt wird.“

Neue Version – neue Einsatzmöglichkeiten

Die neue WireSense-Version unterstützt jetzt sämtliche Nahtgeometrien: Kehlnähte, I-Stöße, Bördelnähte und komplexe angearbeitete Formen. Ebenso ist das Roboterassistenzsystem flexibel und zuverlässig bei Materialien wie Stahl, Edelstahl, Aluminium und CrNi-Legierungen anwendbar. Damit wird es für deutlich mehr Anwendungen attraktiv – insbesondere für Unternehmen, die mit variierenden Blechstärken und anspruchsvollen Geometrien arbeiten. Auch dickere Materialien ab 4 mm lassen sich nun zuverlässig erfassen und verarbeiten.

Vorteile für Integratoren und Unternehmen

WireSense ist ein Paradebeispiel für den Wandel zur intelligenten Fertigung. Es bietet eine Vielzahl von Vorteilen, die insbesondere Systemintegratoren überzeugen dürften:

  • Präzise Positionsmessung auch bei schwieriger Bauteilzugänglichkeit
  • Zuverlässige Schweißqualität, Prozesssicherheit und Wiederholgenauigkeit
  • Erkennung von Blechstärken ab 0,5 mm
  • Bewertung von Spaltgrößen zur automatischen Auswahl hinterlegter Schweißparameter
  • Reduktion von Nacharbeit und Ausschuss um bis zu 100 %
  • Keine zusätzliche Sensorik: keine Kameras, Kalibrierung, Wartung notwendig

WireSense nutzt die Präzision der CMT-Komponenten

Voraussetzung für das Assistenzsystem ist eine CMT-Ready-Ausstattung bestehend aus der Antriebseinheit Robacta Drive CMT und dem passenden CMT-Drahtpuffer sowie dem WireSense-Softwarepaket – die CMT-Software selbst wird nicht benötigt. Die Integration erfolgt über die Fronius Schweißstromquelle, die das Sensorsignal blitzschnell an die Robotersteuerung weitergibt. Fronius arbeitet eng mit Roboterherstellern zusammen, deshalb können die gängigsten Roboter WireSense-Signale optimal verarbeiten.

Kostenloses Update für neue Features

Die gute Nachricht für all jene, die Fronius WireSense bereits einsetzen: Ein kostenloses Update der Software genügt, um all die neuen Features ab Mitte 2026 nutzen zu können. Tipp: Darüber hinaus kann auch für die eingesetzten Roboter ein Update nötig sein – informieren Sie sich daher beim Roboterhersteller.

„Viele unserer Kundinnen und Kunden nutzen bereits die Hardware, also die Antriebseinheit Robacta Drive CMT, aber noch nicht WireSense. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt gekommen, um das volle Potenzial auszuschöpfen“, betont Schlor. „WireSense ist ein reines Software-Feature, das in diesem Fall ohne zusätzliche Komponenten aktiviert werden kann, um das Maximum aus einer bereits bestehenden Investition herauszuholen.“

Unternehmen, Integratoren und Interessierte können sich direkt mit den Fronius Experten in Verbindung setzen oder hier weitere Informationen einholen.

Quelle und Foto: Fronius Deutschland GmbH