BME-Logistikstudie 2020: Supply Chains im Stress Test
Eschborn - Die weltweiten Lieferketten sind infolge der Corona-Krise stark unter Druck geraten. Bis zu vier von fünf Unternehmen melden massive Probleme aufgrund von Lieferverzögerungen. Ein wesentlicher Grund dafür ist eine mangelnde Vorbereitung auf das Szenario einer Pandemie in den Risikoplänen der meisten Unternehmen. Weniger als 30 Prozent berücksichtigten demnach eine Pandemie als eigenständiges Risikoszenario – und von diesen wiederum hatte nur jedes vierte Unternehmen entsprechende Maßnahmenpläne für die eigenen Supply Chains entwickelt. Dies ist eines der ersten Ergebnisse der aktuellen BME-Logistikumfrage 2020 „Risikomanagement in Supply Chains“.
Doch war diese Pandemie unvorhersehbar, sodass sich die Unternehmen auf ein solches Ausmaß nicht vorbereiten konnten? „Nein, denn allein im 21. Jahrhundert gab es bereits eine Vielzahl von Epidemien und auch Pandemien“, so BME-Logistikexperte Carsten Knauer. Dazu zählten beispielsweise die weltweite Grippewelle 2017/2018, die Vogelgrippe 2004 oder SARS 2002/2003. Darüber hinaus hat bereits im Jahr 2012 das Bundesinnenministerium unter fachlicher Federführung des Robert-Koch-Instituts das Szenario „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ untersucht. „Die Übereinstimmung des Szenarios mit der aktuellen Situation ist frappierend“, sagt Prof. Michael Huth von der Hochschule Fulda.
Was können Unternehmen künftig tun, um nicht nochmals von derartigen Ereignissen überrascht zu werden? Thomas Möllers, Leiter Logistik, Zoll und Außenwirtschaft in einem deutschen Industrieunternehmen, erklärt in einem der zur BME-Logistikumfrage begleitend durchgeführten Experteninterviews, Risiken würden wegen der Flexibilität von Einkauf und Logistik durch das Top-Management nicht als bedeutsam wahrgenommen werden. „Dort herrscht die Meinung vor: Einkauf und Logistik bekommen das schon hin.“ Stellenwert und Bedeutung dieser Abteilungen sollten daher deutlich steigen, aber auch das Risikomanagement sollte zukünftig eine höhere Transparenz bis in die Tier-n-Stufen aufweisen. Lieferanten müssten bis tief in die weit verzweigten Lieferketten hinein bekannt sein, sodass man das Risiko von Lieferausfällen besser abschätzen könne. Gleichzeitig sollten Lieferanten vermehrt aus unterschiedlichen Regionen kommen.
Ein ausführlicher Artikel zur Studie erscheint Ende August in der Ausgabe 4/5 des BME-Verbandsmagazins BIP-Best in Procurement. BIP ist das Fachmagazin für Manager in Einkauf und Logistik. Die Publikation wird vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) herausgegeben. Das Magazin erscheint sechs Mal im Jahr.
Die kompletten Ergebnisse der BME-Logistikstudie 2020 "Ziel: Erhebung und Dokumentation des Status quo zum Risikomanagement in Supply Chains" erscheinen im Oktober.
Quelle: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) / Vorschaubild: fotolia