Binnenschifffahrt: EU-Haushalt für hochwertiges Wasserstraßennetz erforderlich
von Hubert Hunscheidt
Der Sektor der Binnenschifffahrt und der Häfen spielt eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Vitalität Europas sowie für die Verwirklichung seiner Klima- und Umweltziele. Die Binnenschifffahrt bedient bedeutende Industrien in ganz Europa und bietet zuverlässige, effiziente Transportlösungen für die Schwerindustrie, Konsumgüter, urbane Lieferungen, das Bauwesen und weitere Bereiche. Ein starkes Ökosystem der Binnenschifffahrt ist essenziell, um den industriellen und wirtschaftlichen Erfolg Europas zu fördern und Industrien zu unterstützen sowie anzuziehen, die für den Wohlstand und die Widerstandsfähigkeit Europas unerlässlich sind. Der Sektor der Binnenschifffahrt und Häfen appelliert an politische Entscheidungsträger, die Industrie und die Bürger, den einzigartigen Wert der Binnenschifffahrt anzuerkennen. Gemeinsam können wir ihre Rolle in einem wettbewerbsfähigen, nachhaltigen und widerstandsfähigen Europa sichern.
Große Industrien und Verbraucher sind auf ein gut funktionierendes Wasserstraßennetz angewiesen. Jahrzehntelange Verzögerungen bei der Modernisierung der Wasserstraßeninfrastruktur und die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels gefährden jedoch die Zuverlässigkeit der Binnenschifffahrt. "Es bedarf proaktiver Maßnahmen, um die bestehenden Defizite zu beheben und das Netz zukunftssicher zu machen", betont EBU-Präsident Matthieu Blanc. "Mit relativ kleinen Investitionen können wir effektive Ergebnisse erzielen und unseren Kunden weiterhin ein verlässlicher Partner bleiben. Die Binnenschifffahrt ist auf moderne und widerstandsfähige Wasserstraßen in Europa angewiesen."
Binnenwasserstraßen sind multifunktionale öffentliche Güter, die wichtige europäische Interessen unterstützen. Sie bieten einen natürlichen Vorteil und stellen einen schnellen Mehrwert für die Gesellschaft und öffentliche Ausgaben dar – es ist an der Zeit, jetzt in die Zukunft zu investieren. Wasserstraßenbehörden, Reedereien und Binnenhäfen haben gemeinsam eine Analyse der Engpässe in der europäischen Wasserstraßeninfrastruktur erstellt. Der Modernisierungsrückstand sowie fehlende Investitionen und personelle Ressourcen für den Ausbau schiffbarer Wasserstraßen beeinträchtigen Europas Wettbewerbsfähigkeit und Klimaziele erheblich. "Die Binnenschifffahrt ist das Rückgrat, mit dem wir den Erfolg heutiger und künftiger Industrien sichern können. Ihr Erfolg hängt direkt von der Qualität unserer Wasserstraßen und Häfen ab. Eine langfristige, zweckgebundene finanzielle Unterstützung ist unerlässlich, denn ohne sie wird die europäische Industrie gebremst", erklärt EFIP-Präsident Antoine Berbain.
Wir haben eine Plattform geschaffen, auf der führende Industrieunternehmen sowie Akteure aus der Schifffahrt und Logistik ihre Bedürfnisse formulieren können, um die Wettbewerbsfähigkeit, Widerstandsfähigkeit und Sicherheit der europäischen Unternehmen zu gewährleisten. Eine qualitativ hochwertige Wasserstraßeninfrastruktur hat oberste Priorität, da sauberes industrielles Wachstum auf nachhaltige und zuverlässige Lieferketten angewiesen ist. Gert-Jan Muilerman, Vorsitzender von Inland Navigation Europe, unterstreicht: "Dreiviertel aller Güter, die über Binnenwasserstraßen transportiert werden, überschreiten internationale Grenzen, was die Rolle der Binnenschifffahrt als genuin europäischen Verkehrsträger hervorhebt. Die Beiträge der Wirtschaftsführer in dieser Veröffentlichung bekräftigen, dass vorhersehbare, langfristige EU-Investitionen in die Modernisierung der Wasserstraßeninfrastruktur entscheidend sind, um die Widerstandsfähigkeit der Industrie zu stärken und nachhaltiges Wachstum zu fördern. Zudem erhöhen solche Investitionen die Klimasicherheit für wirtschaftliche Aktivitäten entlang dieser lebenswichtigen Wasserstraßen."
Es ist wichtig zu betonen, dass der Aufbau eines funktionierenden Verkehrsnetzes über die Realisierung von Megaprojekten hinausgeht. Die Fazilität "Connecting Europe" ist aktuell das effektivste Instrument zur Umsetzung des TEN-V-Netzes und gewährleistet ein starkes logistisches Rückgrat für die europäische Industrie – auch für das kommende Jahrhundert. "Die Fähigkeit des Sektors, sein volles Potenzial auszuschöpfen, hängt jedoch von einer robusten und widerstandsfähigen Infrastruktur ab, insbesondere angesichts wachsender Herausforderungen wie Niedrigwasserständen und den Folgen des Klimawandels. Es wird eine angemessene, spezifische Haushaltslinie benötigt, die in der Lage ist, alle Engpässe zu beseitigen, die die grenzüberschreitende Konnektivität beeinträchtigen. Ein zentral verwalteter Haushalt würde die Stabilität und den Fokus bieten, die für den Aufbau einer widerstandsfähigen Zukunft des Sektors und des Kontinents erforderlich sind", schließt Christiaan Van Lancker, Präsident der Europäischen Binnenschifffahrtsplattform und der ESO.
Die unterzeichnenden Verbände fordern die Beibehaltung eines zweckgebundenen, robusten und vorhersehbaren Verkehrsbudgets, das zentral auf EU-Ebene verwaltet wird:
- Eine solide langfristige strategische Budgetplanung ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Infrastrukturprojekten.
- Die Vernetzung Europas erfordert einen integrierten Ansatz, der Infrastruktur verbindet, anstatt isolierte Megaprojekte zu fördern.
- Die Beseitigung von Engpässen innerhalb nationaler Grenzen ist wesentlich, um nahtlose Verbindungen zwischen multimodalen Verkehrskorridoren über Grenzen hinweg zu gewährleisten.
- Besonders für die Binnenschifffahrt, die überwiegend grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringt, ist dies essenziell. Da alternative Routen fehlen, kann ein einzelner Engpass einen negativen Dominoeffekt entlang des gesamten Korridors auslösen.
- Wasserstraßenprojekte gehen über reine Verkehrsinfrastruktur hinaus und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Klimafestigkeit wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aktivitäten entlang der Wasserstraßen.
- Das Fehlen einer grenzüberschreitenden Perspektive hat bisher die Wirksamkeit nationaler Pläne bei der Umsetzung der transeuropäischen Netzpolitik (TEN-V) eingeschränkt, die für den Abschluss des Netzes entscheidend ist. Zusätzlich betont der steigende Druck auf nationale Verwaltungskapazitäten die dringende Notwendigkeit eines koordinierten EU-Ansatzes.
- Die zentral verwaltete Fazilität "Connecting Europe" hat sich als wirksamer Mechanismus bewährt. Sie sollte weiterentwickelt werden, um Vorhersehbarkeit, Flexibilität und Verwaltungsvereinfachung sicherzustellen.
Im nächsten EU-Haushalt ist ein Finanzierungsinstrument erforderlich, das auf diesen Prinzipien aufbaut, um die Fertigstellung des TEN-V-Netzes sicherzustellen, Engpässe in der Binnenschifffahrt zu beseitigen und das Netz klimaresilient zu machen.
Quelle: INE Inland Navigation Europe / Foto: marketSTEEL