„Bei uns findet jedes Bauteil seinen eigenen Weg"

von Alexander Kirschbaum

Digitalisierung mit Software von Lantek

Wo auch immer Falko Reichwald ist – wenn Kunden nach dem Stand ihres Auftrags fragen, kann der Geschäftsführer von Reichwald + Co umgehend Auskunft geben. Über sein Smartphone hat er direkten Zugriff auf das Verwaltungssystem des Unternehmens. Im besten Fall sieht er dann, dass die Teile kurz vor dem Versand stehen. „Kunden vergeben Aufträge zunehmend aufgrund der Lieferzeit", sagt der Chef von 100 Mitarbeitern für die Bereiche Stahlhandel, Maßbleche und Anarbeitung. „Insofern ist für uns Geschwindigkeit ein wesentlicher Erfolgsfaktor." 

Das Siegener Traditionsunternehmen hat seine Produktion umgestellt: von der auftragsbezogenen Arbeitsweise zu einem teilebezogenen Prozess. „Bei uns findet jedes Bauteil seinen eigenen Weg durch die Produktion – und erst zum Versand werden alle Elemente eines Auftrags zusammengeführt", erläutert Reichwald. „Das ist deutlich schneller und effizienter."

IT-Partner gesucht
Um in der teilebezogenen Produktion den Überblick zu bewahren und gleichzeitig das in die Jahre gekommene Warenwirtschaftssystem (ERP) zu modernisieren, hat Reichwald + Co sich das Software-Haus Lantek als Partner gesucht. Der IT-Experte verfügt über 30 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und Bereitstellung von maschinenunabhängiger Software für die Blechbearbeitung. Christoph Lenhard, Vertriebsleiter für Deutschland, Österreich und die Schweiz, kennt die Bedenken der Branche in Bezug auf Begriffe wie „Industrie 4.0" und Digitalisierung und die Sorgen, dass Roboter eines Tages Menschen ersetzen: „Immer mehr Unternehmen sehen aber ein, dass es keine Entweder-Oder-Entscheidung ist, sondern eine Muss-Entscheidung, die sie wettbewerbsfähig und am Leben hält." 

Durch die Zusammenarbeit mit mehr als 100 OEM-Partnern, die für ihre Maschinen keine eigene Software entwickeln, sowie Schnittstellen zu mehr als 1.000 marktüblichen Maschinenmodellen und mithilfe von Integrationsmechanismen kann Lantek seine Software in vorhandene Systeme integrieren. In den Werkshallen von Reichwald + Co steuert sie drei ESAB-Autogenschneidmaschinen an sowie Plasmaschneidmaschinen von ESAB und LIND und neuerdings auch eine CNC-Plasma-Schneidanlage der neuesten Generation von MicroStep.

Früher wurden bei Reichwald + Co die Teilaufträge für maschinenübergreifende Aufträge zunächst an jeder Maschine gesammelt – mit entsprechenden Kopien für jede Maschine. Die Zusammenführung des Gesamtauftrags erfolgte weitestgehend informell und über Zuruf der Maschinenbediener. Heute bekommt der Mitarbeiter vom System die Informationen, wo das Teil als nächstes hingelenkt werden muss. Die Zusammenführung aller Einzelteile erfolgt erst im Versand. "Wir können jetzt Produktionszeiten, einzelne Arbeitszentren und Maschinenlaufzeiten besser auslasten. Unsere Stillstandzeiten wurden reduziert, die Durchlaufgeschwindigkeit erhöht", sagt Falko Reichwald.

30 Jahre anders gearbeitet
Dafür wird nach Auftragseingang computergestützt für jedes einzelne Bauteil ein eigenes Etikett erstellt: Das zeigt seine Form, führt seine Daten sowie die notwendigen Arbeitsschritte auf und einen Barcode mit all diesen Informationen. Das Computer-System fasst alle beauftragten Bauteile einer Materialgüte und -stärke zusammen, verschachtelt sie für die optimale Nutzung der Platte und sendet den Auftrag an die entsprechende Maschine. Parallel bekommt der Mitarbeiter zur Kontrolle den Ausdruck des Schachtelplans und die Etiketten, mit denen er nach dem Zuschnitt jedes Teil versieht, bevor es entweder zum Sandstrahlen/Entgraten kommt oder direkt auf die Palette, wo alle Teile eines Auftrags zusammenkommen, bevor sie der Versand abholt. Eine Verdichtung auf Kunden- und Tourenebene findet erst im letzten Prozessschritt statt. Scanner an jeder Station unterstützen den Weg der Teile durch die Produktion – und geben Rückmeldung über den Stand des Auftrags. 

Während die Software-Umstellung im laufenden Drei-Schicht-Betrieb vonstatten ging, spielte der Faktor Mensch eine eigene Rolle. Falko Reichwald: „Manche unserer Mitarbeiter haben 30 Jahre anders gearbeitet", blickt er zurück. „Deshalb hat es ein paar Monate gedauert, bis alle sich an die neuen Prozesse gewöhnt hatten."

Die teilebezogene Produktion bei Reichwald + Co ist in eine Gesamt-Software-Architektur von Lantek eingebettet, die vom Einkauf über die Erstellung von Bestell- und Lieferschein bis zu Rechnungswesen, Lagerverwaltung, Fremdfertigung und Kundenpflege (CRM) sämtliche unternehmerischen und betrieblichen Prozesse steuert und transparenter macht. „Durch die Umstrukturierung des Materialflusses konnten wir unsere Kosten senken und 2015 insgesamt zwölf bis 14 Prozent mehr Tonnage produzieren, also 1.200 Tonnen pro Monat – wobei insgesamt die Tonnage netto gesunken ist, weil wir durch die bessere Materialausnutzung weniger Resttafeln haben", so Reichwald.

Quelle: Lantek   Bildtext: Mithilfe von Software kann Reichwald + Co Bauteile gleicher Materialgüte- und stärke aus verschiedenen Aufträgen zusammenführen. (Foto: Reichwald + Co)

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