Bei Immobilien bewegt sich etwas – die Grundsteuerreform

von Hubert Hunscheidt

Der Hintergrund: Die Grundsteuer berechnet Ihre Gemeinde bisher auf der Basis des sog. „Einheitswertes“. Diesen ermittelt das Finanzamt auf der Grundlage der Wertverhältnisse vom 1.1.1964 (!) in einem ziemlich komplizierten Verfahren. Im Jahr 2018 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass dieser Wert so nicht mehr verfassungsgemäß ist. Daher müssen alle deutschen Grundstücke zum 1.1.2022 neu bewertet werden – schätzungsweise geht es um ca. 36 Mio Grundstücke.

Überblick über die gesetzlichen Regelungen und deren Auswirkungen

1. Worum geht es für alle Grundeigentümer– für wen gilt die Regelung?

Dieser Punkt ist der einfachste im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz: Für jedes Grundstück muss eine eigene Grundsteuererklärung abgegeben werden:

bebaut oder unbebaut, Eigentumswohnung, Einfamilien- oder Mehrfamilienhaus, selbstgenutzt oder vermietet, privat oder geschäftlich genutzt (oder „gemischt“). Dazu gehört von der Jagdhütte oder dem Bootshaus über die Ferienwohnung bis hin zum Schloss Neuschwanstein grundsätzlich erst einmal alles.

Verantwortlich ist der oder die Eigentümer, übrigens auch, wenn er oder sie selbst im Ausland wohnt.

2. Was ändert sich konkret – der neue Grundsteuerwert

2.1 Die Berechnungsformel

Die Formel für die Berechnung der Grundsteuer besteht wie bisher aus drei Faktoren. Dabei ersetzt der neue Grundsteuerwert den bisherigen Einheitswert.

Beispiel: Für ein Einfamilienhaus mit einem Grundsteuerwert von 450.000 € sieht die neue Berechnung danach wie folgt aus:

Es ist zu erwarten, dass die neuen Grundstückswerte erheblich höher sind, als die bisherigen Einheitswerte.

Damit es nicht zu einem massiven Anstieg der zu zahlenden Grundsteuer kommt, werden die Städte und Gemeinden ihre Hebesätze entsprechend senken – zumindest haben das die meisten schon angekündigt. Die Hebesätze hängen naturgemäß aber auch von der Haushaltslage des Wohnortes ab. Wie hoch somit die neue Grundsteuerbelastung sein wird, lässt sich derzeit noch nicht sagen.

Die neuen Werte werden erstmals für das Jahr 2025 gelten – bis dahin bleibt erst einmal alles beim Alten. Es sei denn, die Stadt oder Gemeinde erhöht die Hebesätze.

2.2 Berlin oder Bayern? Das Bundesland ist entscheidend:

Das Wichtigste zuerst: Der Bund kann über die Grundsteuer nicht allein entscheiden. Wie so oft hat unser Föderalismus verhindert, dass es in Deutschland eine einheitliche Regelung geben wird – warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Dem sogenannten Bundesmodell haben sich nicht alle Bundesländer anschließen können.

Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland und Sachsen haben jeweils ein eigenes Modell.

2.3 Die Ermittlung des Grundsteuerwertes beim Bundesmodell – Ihre Grundsteuererklärung entscheidet

Um den Grundsteuerwert festzusetzen, braucht die Finanzverwaltung aktuelle Informationen. Die meisten hat sie bereits selbst, nimmt jedoch offenbar gern die Chance wahr, die Ermittlungsarbeit auf die Steuerbürger abzuwälzen.

Je nach Art der Grundstücke gibt es zwei grundsätzliche Bewertungsverfahren:

Die folgende Übersicht zeigt, welche Daten für die jeweiligen Grundstücksarten benötigt werden:

Die meisten Angaben gibt es bereits (irgendwo).

Diskussionsstoff bei den Wohngrundstücken kann der Punkt Modernisierungen werden. Hier geht es um den Ausstattungsstand des Gebäudes/der Wohnung.

Beim Sachwertverfahren für die Geschäftsgrundstücke wird anhand der historischen Herstellungskosten über verschiedene Zu- und Abschläge der Gebäudesachwert ermittelt. Der getrennt ermittelte Wert des Grund und Bodens (qm x Bodenrichtwert) wird addiert.

Erfahrungsgemäß sind die Herstellungskosten (ersatzweise der Kaufpreis) besonders bei älteren Gebäuden häufig schwer zu ermitteln. Daher geht der Gesetzgeber hier von den sog. Normalherstellungskosten und einem Bau-Index aus.

2.4 Die Sondermodelle der einzelnen Bundesländer

Einige Bundesländer haben sich für „einfachere“ Modelle entschieden. Hier ganz kurz die Berechnungen der einzelnen Modelle:

Baden-Württemberg: „modifiziertes Bodenwertmodell“

  • Grundstücksfläche (qm) x Bodenrichtwert
  • Steuermesszahl einheitlich 1,3 Promille
  • 30 % Abschlag für reine Wohngebäuden

Bayern: „reines Flächenmodell“

  • Grundstücksfläche (qm) x 0,04 € + Gebäudefläche x 0,50 €
  • 30 % für reine Wohngebäude

Hamburg: „Wohnlagenmodell“

  • Zusätzlich spielt neben Grundstücks- und Gebäudefläche hier auch die Wohnlage laut Mietspiegel eine Rolle
  • Abschläge für Sozialwohnungen und denkmalgeschützten Häusern

Hessen: „Flächen-Faktor-Modell“

  • Grundstücksfläche (qm) x 0,04 € + Gebäudefläche x 0,50 € (wie Bayern)
  • zusätzlich wird die Lage des Grundstücks über einen Faktor berücksichtigt

Niedersachsen: „Fläche-Lage-Modell“

  • Grundstücksfläche (qm) x 0,04 € + Gebäudefläche x 0,50 €
  • zusätzlich wird die Lage des Grundstücks über einen Faktor berücksichtigt

Saarland: „modifiziertes Bundesmodell“

  • die einzige Abweichung vom Bundesmodell sind hier spezielle Steuermesszahlen

Sachsen: Nutzungsartenmodell

  • Abweichung vom Bundesmodell bei den Steuermesszahlen je nach Nutzungsart
  • Wohnen: 0,36 Promille, Geschäftsgrundstücke: 0,72 Promille, unbebaute: 0,36 Promille

Doch nun genug des trockenen Steuerrechts – Sie fragen sich jetzt sicher: Bis wann muss ich diese Steuererklärung wie abgeben?

3. Die Grundsteuererklärung

3.1 Die Abgabe

Die Grundsteuererklärung ist ausschließlich digital abzugeben und die Formulare werden zu gegebener Zeit im ELSTER-Portal der Finanzverwaltung zur Verfügung stehen.

3.2 Die Frist

Es ist vorgesehen, dass die Erklärungen ab dem 1.7.2022 eingereicht werden können. Als spätester Abgabetermin gilt aktuell der 31.10.2022.

Für den Antrag sollten der Einheitswertbescheid und der Grundbuchauszug  (dieser kann beim örtlichen Katasteramt angefordert werden)

3.3 Unterstützung durch Steuerberater

Insbesondere für Eigentümer einer Geschäftsimmobilie oder einer gemischt genutzten Immobilie (gewerblich und privat) sollte die Unterstützung eines/r Steuerberaters/in hinzugezogen werden, da die Fallstricke zumindest beim Bundesmodell zahlreich sind. Erfahrungsgemäß zieht sich das Verfahren zusätzlich auch nach der Abgabe der Erklärung hier oft noch hin, weil Rückfragen des Finanzamtes geklärt werden müssen.

4. Ausblick: Was sich noch ändern könnte:

Die Berufsverbände und die Steuerberaterkammer sind mit der Finanzverwaltung in stetigen Verhandlungen, da sich die Frist zum 31.10. 22 nicht halten lassen kann.

Quelle: Dipl. Kfm. (FH) Markus Schmetz, Steuerberater, Fachberater für Finanz- und Vermögensplanung (DStV e.V.) / Foto: Harry_Hautumm_pixelio.de

 

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