Wie entwickelt sich die Mess- und Prüftechnik weiter?
von Dagmar Dieterle-Witte
marketSTEEL: Wie entwickelt sich die Mess- und Prüftechnik weiter?
Ein klarer Trend ist die Verlagerung von Messverfahren aus dem Labor direkt in den Produktionsprozess. Verfahren, die früher nur offline in den Labors der Kunden möglich waren, müssen nun so weiterentwickelt werden, dass sie sich in Echtzeit in die laufende Fertigung integrieren lassen. Heute sind wir beispielsweise in der Lage, Messdaten direkt aus einer laufenden Wärmebehandlungsanlage zu erfassen und zu nutzen. Statt wie bisher Stichproben im Labor zu analysieren, können wir nun kontinuierlich im Betrieb messen und diese Daten direkt sicht- und nutzbar bar machen.
Ein weiteres Beispiel ist unser Inclusion Detection System (IDS). Es erkennt nicht nur innere Einschlüsse im Material, sondern detektiert auch kleinste optisch nicht detektierbare Oberflächenfehler und Schalendefekte während des laufenden Produktionsprozesses. Dieses Verfahren entwickeln wir derzeit gezielt für Anwendungen mit größeren Banddicken - wie beispielsweise in Feuerverzinkungslinien - weiter, um den steigenden Marktanforderungen gerecht zu werden.
Durch diese Verlagerung der Messtechnik in die Produktion entstehen große Datenmengen. Diese müssen ausgewertet und in nutzbare Informationen überführt werden – ein Prozess, bei dem künstliche Intelligenz (KI) eine entscheidende Rolle spielt. Ohne KI wäre es kaum möglich, diese Daten so aufzubereiten, dass sie von Kunden oder Herstellern effektiv genutzt werden können.
marketSTEEL: Wie kommt KI konkret zum Einsatz?
Ein gutes Beispiel ist unser neues MEVIweb Q3. Es fungiert als zentraler Datensammler und Langzeitspeicher für Messwerte und Nutzerinformationen aller angeschlossenen Messsysteme. Das serverbasierte System erlaubt es, Messdaten umfassend zu analysieren. Früher mussten zur Auswertung komplexe Abfragen manuell programmiert werden. Heute ermöglicht die KI die einfache, freie Formulierung von Suchanfragen. Die relevanten Daten werden automatisiert identifiziert, aus der Datenbank gezogen und dem Nutzer strukturiert zur Verfügung gestellt.
marketSTEEL: Welche Rolle spielt die Messtechnik in der Smart Factory?
Die Messtechnik hatte schon immer eine wichtige Rolle in der Prozesssteuerung. Bereits früh wurden beispielsweise Banddickenmessungen zur Regelung der Banddicke eingesetzt. Heute liefern wir durch eine Vielzahl spezialisierter Messsysteme deutlich mehr Daten, mit denen unsere Kunden ihre Prozesse optimieren können. Die Bedeutung der Messtechnik nimmt weiter zu, da Kunden zunehmend detaillierte Informationen über ihr Material erwarten. Das motiviert uns, kontinuierlich neue und präzisere Systeme zu entwickeln.
marketSTEEL: Welche technischen Anforderungen bringt der Trend zu leichteren und funktionalisierten Materialien mit sich?
Die Anforderungen an Auflösung und Reaktionszeit der Messsysteme steigen stetig. Gerade bei modernen Stahl-, Aluminium und Buntmatallprodukten sind die Toleranzen extrem eng. Unsere Systeme müssen nicht nur außerordentlich zuverlässig arbeiten, sondern auch kleinste Fehler in Echtzeit erkennen. Dabei stoßen wir zunehmend an physikalische Grenzen. Trotzdem treiben wir die Entwicklung weiter erfolgreich voran, um immer präzisere Messungen zu ermöglichen.
marketSTEEL: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Mess- und Prüftechnik?
Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema, besonders in der Stahl-, Aluminium- und Buntmetallindustrie. Unsere Systeme helfen Kunden dabei, Ausschuss zu vermeiden und Ressourcen effizienter zu nutzen. Durch die genaue Einhaltung von Toleranzen können Produktionsprozesse optimiert, stabilisiert und beschleunigt werden. Werden Störungen frühzeitig erkannt, lässt sich die Produktivität beispielsweise in Walzstraßen deutlich steigern.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Leichtbau, etwa im Automobilbau. Hier werden immer dünnere und leichtere Bleche verwendet, die dennoch hohe Stabilität bieten müssen. Unsere Messsysteme unterstützen diesen Trend, indem sie enge Toleranzen auch bei minimalen Materialstärken zuverlässig erfassen.
marketSTEEL: Wie bereitet sich IMS strategisch auf die Zukunft vor?
IMS ist ein etablierter Anbieter von Assistenzsystemen für die Stahl-, Aluminium- und Buntmetallindustrie. Künftig wollen wir neue Marktsegmente erschließen, zum Beispiel durch Messsysteme für Batteriehersteller. Unsere Technologie eignet sich hervorragend für die Prüfung von dünnen Kupfer- und Aluminiumfolien, wie sie in der Batterieproduktion verwendet werden. Das ist ein strategischer Wachstumsbereich, den wir aktiv erschließen.
Kundenanforderungen entwickeln sich stetig weiter. Wir beobachten diese Entwicklungen genau und passen unsere Produkte entsprechend an. So bleiben wir technologisch und marktwirtschaftlich auf der Höhe der Zeit.
Fotos: marketSTEEL