Wie beeinflusst die Elektromobilität den Edelstahlverbrauch?

marketSTEEL im Interview mit Markus A. Moll, Geschäftsführer der SMR GmbH.

 

marketSTEEL: Die Edelstahlindustrie ist hoch dynamisch. Sehen Sie einen temporären Rückgang oder eher eine strukturelle Konjunkturabschwächung?

Es gibt beides. In der Automobilindustrie beginnt gerade eine strukturelle Abschwächung für Edelbaustähle (Langprodukte für den Antriebsstrang) und Rostfreie Bänder für Auspuffanlagen und Stäbe für z.B. Ventile durch die wachsende E-Mobilität. In der Energieerzeugung fällt der Rostfreibedarf (Rohre, Flansche, ....) durch den Ersatz fossiler und nuklearer Kraftwerke durch erneuerbare Energieträger, welche weniger Edelstähle benötigen. In allen anderen Anwendungen ist die Marktschwäche kunjunkturell und somit temporär. Jedoch aus Europäischer Sicht kommt ein Faktum dazu: Fertigprodukte (z.B. Weisse Ware) werden zunehmend importiert werden, z.B. aus Korea oder der Türkei.

 

marketSTEEL: Wie schätzen Sie die Nickelverknappung ein?

Es wird in 2020 keine Nickelverknappung geben. Die angekündigte Verknappung augrund des indonesischen Verbotes von Erzexporten, ab Anfang Januar, wird durch erhöhte NPI-Lieferungen aus Indonesien kompensiert. Im Weiteren ist durch den vom Coronavirus bewirkten  Edelstahlproduktionsausfall der Nickelverbrauch (und auch Chrom) in China rückläufig was zu fallenden Metallpreisen führen dürfte.

 

marketSTEEL: Weltweit werden Zölle eingeführt. Wie ist Ihrer Meinung nach der Einfluss des Protektionismus auf die Handelsströme?

Die US Handelsbeschränkungen (‚Section 232‘) haben zu weltweiten ‚Gegenzöllen‘ geführt. Dies reduziert den weltweiten Handel mit Edelstahl. Die von uns erfasste ‚Globalisierungsquote‘ (Volumen das zwischen Kontinenten gehandelt wird als %-Satz des Globalen Marktvolumens) ist von 21% (2018) auf unter 20% gefallen. Alle Edelstahlhersteller versuchen ihre Heimmärkte zu schützen und Handelsbarrieren aufzubauen. In Europa sind wichtige Verfahren gegen Warmband aus China, Taiwan und Indonesien im Gange. Ausnahmen sind nur Südkorea und Japan, welche keinerlei Einfuhrbeschränkungen haben. Letztere (Japan) haben jedoch ‚unsichtbare Importbarrieren‘, welche die japanischen Importe unter 10% des Marktes halten.

 

marketSTEEL: Wie beeinflusst die Elektromobilität den Edelstahlverbrauch?

 Das können wir drehen wie wir wollen, aber Fakt ist: E-mobilität ist schlecht für Edelstahl. Von den ca. 38 kg/ Auto, v.a. im Auspuff, Einspritzsystem, Motorventile, Zylinderkopf- und andere Dichtungen sowie Schlauchklemmen dürften bei vollelektrischen Autos nur noch ein paar kg/Auto übrigbleiben. Bei neuen Anwendungen, wie Batteriegehäusen oder Platten in Wasserstoffzellen, ist noch keineswegs klar, ob diese ganz oder teilweise in Edelstahl gefertigt werden.

 

Markus A. Moll ist Geschäftsführer der SMR GmbH. Als Maschinenbauingenieur und Wirtschaftswissenschaftler ist er seit über 20 Jahren erfolgreicher Marktforschungsspezialist und Berater der führenden Spezialstahlproduzenten in Europa, Amerika, Afrika und Asien. Mehr Informationen: SMR

Foto: SMR und fotolia

 

Hinweis der Redaktion:

Der Gastkommentar spiegelt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion von marketSTEEL.

 

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