Vorreiter und Partner für die Dekarbonisierung der metallurgischen Industrie
von Dagmar Dieterle
SMS group steht weltweit für zukunftsorientierte Technologie und herausragenden Service im Maschinen- und Anlagenbau für die Metallindustrie. Als Vorreiter in der metallurgischen Prozesstechnik bietet das Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen zur Dekarbonisierung, dessen Fokus darauf liegt, die CO2-Emissionen zu reduzieren und nachhaltige Alternativen zu entwickeln.
Wir sprachen mit Herrn Dr. Thomas Hansmann, CTO der SMS group.
marketSTEEL: Was sind die größten Chancen der Dekarbonisierung bei SMS? Was sind die größten Herausforderungen?
Die Dekarbonisierung bietet für SMS sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Eine Chance liegt darin, dass wir aktiv an der Prozesswende mitwirken können. Wir entwickeln und bieten Lösungen, die die Stahlindustrie benötigt, um den Weg der Dekarbonisierung zu gehen. Indem wir uns darauf konzentrieren, die Branche bei diesem wichtigen Schritt zu unterstützen, können wir uns als Vorreiter positionieren und langfristige Partnerschaften aufbauen.
Wir stehen vor technologischen Herausforderungen. Derzeit haben wir noch nicht alle notwendigen Lösungen zur Hand, um den gesamten Dekarbonisierungsprozess zu bewältigen. Wir sind bestrebt, kontinuierlich daran zu arbeiten und unsere Expertise in diesem Bereich zu erweitern.
Wir arbeiten an Lösungen, die für ein breites Kundenspektrum geeignet sind und zur Dekarbonisierung beitragen können. Dabei ist es wichtig, dass wir sowohl bestehende Technologien einsetzen, bei denen wir bereits nachweisen können, dass sie effektiv sind, als auch neue innovative Ansätze entwickeln. Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz und können dazu beitragen, dass die Stahlindustrie nachhaltiger wird.
marketSTEEL: Wo macht die Umstellung Sinn?
Die Hochofenroute ist eine zentrale Herausforderung bei der Dekarbonisierung der Stahlindustrie, da der Großteil des weltweit produzierten Stahls über Hochöfen hergestellt wird. Wir ergreifen Maßnahmen, um diese Technologie umweltfreundlicher zu gestalten – eine der wichtigsten Maßnahmen. Eine vollständige Umstellung auf Elektroverfahren oder Direktreduktionsmodule erfordert einen erheblichen Kapitalaufwand. Es gibt zwar Projekte, die sich mit Alternativen beschäftigen, aber eine flächendeckende Umstellung in Europa ist derzeit nicht realistisch.
Nach unserer Überzeugung müssen Hochöfen weiterhin betrieben werden, da weltweit nicht genügend Kapazitäten vorhanden sind, die gesamte Stahlerzeugung auf alternative Verfahren umzustellen. Wir konzentrieren uns darauf, Lösungen zu entwickeln, um die „alte Technologie“ CO2-neutral zu machen. Das Potenzial für Verbesserungen dieser etablierten Technologie ist am größten.
Wir suchen Wege, Hochöfen nachhaltiger zu gestalten und den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Durch die Entwicklung und Implementierung von innovativen Lösungen möchten wir dazu beitragen, die Umweltauswirkungen der Hochofenroute zu minimieren und einen wichtigen Schritt in Richtung Dekarbonisierung der Stahlindustrie zu machen.
marketSTEEL: Es entstehen derzeit Mega-Projekte zur Dekarbonisierung
Es gibt mehrere Megaprojekte zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie, von denen ich Ihnen einige nennen kann:
H2 Green Steel: Dieses greenfield Projekt findet in Schweden statt und konzentriert sich auf die Verwendung von grün erzeugtem Wasserstoff für die Direktreduktion von Eisen. Ähnliche Initiativen gibt es auch in anderen europäischen Ländern, wie zum Beispiel in Frankreich. Der Ansatz besteht darin, mit grüner Energie und Wasserstoff als Reduktionsmittel den CO2-Ausstoß zu minimieren. Bei H2 Green Steel gehen wir so weit, dass wir alle Anlage in dem Werk, von der Stahlerzeugung bis zur Bandbehandlung, auf CO2 neutrale Produktion ausgelegt haben.
Transformation bestehender Stahlwerke (Brownfield): Unternehmen wie Thyssenkrupp und andere in Italien haben Ideen und Konzepte entwickelt, wie bestehende Stahlwerke in CO2-arme Betriebe transformiert werden können. Es gibt verschiedene Ansätze und Technologien, um den CO2-Ausstoß um bis zu 70% zu reduzieren, was bereits ein signifikanter Schritt in Richtung Klimaneutralität wäre.
Kombination von Direktreduktion und Einschmelzen: Ein vielversprechender Ansatz besteht darin, eine Kombination aus Direktreduktion von Eisen und anschließendem Einschmelzen zu verwenden, um Roheisen zu produzieren. Dieses Roheisen kann in konventionellen Stahlwerken eingesetzt werden, ohne dass größere Änderungen erforderlich sind. Durch die Verwendung von Wasserstoff anstelle von Erdgas in diesem Prozess können erhebliche Einsparungen erzielt werden.
Diese Projekte optimieren Kosten und reduzieren kapitalintensive Investitionen auf vernünftige Weise. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg dieser Projekte ist die Verfügbarkeit von wirtschaftlichem Wasserstoff, da dieser eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung der Stahlproduktion spielt.
Insgesamt gibt es eine Vielzahl von Ansätzen und Projekten, die darauf abzielen, die Stahlindustrie klimafreundlicher zu gestalten. Durch die Einführung neuer Technologien und den Einsatz von Wasserstoff als Reduktionsmittel können erhebliche Fortschritte erzielt werden, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und langfristig eine nachhaltigere Stahlproduktion zu ermöglichen.
vielen Dank für das Interview
Fotos: marketSTEEL