Transformation muss wirtschaftlich tragfähig und auf die Realität in unseren Werken abgestimmt sein
von Dagmar Dieterle-Witte

Interview mit Dr. Birgitt Bendiek, Geschäftsführerin von ZINQ Deutschland über Chancen und Herausforderungen energieintensiver Unternehmen – und ZINQs Weg in die Zukunft.
marketSTEEL: Frau Dr. Bendiek, Sie übernehmen den deutschen Geschäftsbereich von ZINQ in einer wirtschaftlich herausfordernden Zeit. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Dr. Birgit Bendiek: Ich sehe die aktuelle Situation als Chance, gemeinsam etwas zu bewegen. Als innovatives Traditionsunternehmen bringen wir das nötige Know-how und den Willen mit, diesen Weg erfolgreich zu gehen. Aber ja, in Deutschland stehen wir in puncto Wettbewerbsfähigkeit vor großen Herausforderungen, übrigens stärker als unsere europäischen Nachbarn. Wir sehen das an unseren europäischen Standorten. Dort sind die Standortbedingungen in allen für uns relevanten Bereichen besser: Marktentwicklung, Energiekosten und Versorgungssicherheit, Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und Regulierungsdichte. Das zeigt: In Deutschland braucht es ein Umdenken – und genau diesen Wandel treiben wir bei ZINQ mit voller Energie voran – im eigenen Unternehmen und als Impulsgeber für die gesamte Branche. Wir entwickeln unsere Standorte in Deutschland kontinuierlich weiter - diesen ganzheitlichen Prozess im Team zu gestalten und verantwortungsvoll zu führen, sehe ich als meinen zentralen Auftrag.
marketSTEEL: Was bringen Sie für diese Aufgabe mit?
Bendiek: Vor allem Erfahrung – und ein tiefes Verständnis für unser Geschäft. Ich springe nicht ins kalte Wasser: Seit rund 20 Jahren bin ich bei ZINQ tätig, darunter auch in operativer Verantwortung. Die enge Verbindung zu unseren Standorten war immer ein wichtiger Teil meiner Arbeit – und ist jetzt der wichtigste Teil meiner neuen Rolle. Ich weiß, dass ich mich auf ein starkes, engagiertes Team verlassen kann – in unseren Werken genauso wie im Management. Dieses Miteinander ist eine zentrale Stärke von ZINQ und ein entscheidender Erfolgsfaktor für das, was wir gemeinsam bewegen wollen.
marketSTEEL: Wie wollen Sie die Marktposition von ZINQ stärken?
Bendiek: Wir setzen auf wertorientiertes Wachstum – nicht nur über Menge, sondern über echte Mehrwerte, die wir als markenführendes Unternehmen verlässlich bieten müssen. Unsere Kunden wissen, dass sie sich auf ZINQ verlassen können: auf unsere Markenoberflächen, unser Leistungsversprechen und unsere Qualität. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit ihnen zusammen, um individuelle Lösungen zu entwickeln – nicht nur für die Oberflächen, sondern auch darüber hinaus. Mit ZINQ 360 bieten wir ein komplettes Angebot von Systemen, Produkten und Dienstleistungen an, die unsere Oberflächenprodukte ergänzen. Von Unterstützung bei Produktdesign und Engineering über Transportieren, Montieren, Fügen, Versiegeln, Verpacken - es gibt mittlerweile unzählige Best Practices. Wo können wir frühzeitig unterstützen? Welche Leistungen bieten echten Mehrwert, wenn das Material unser Werk wieder verlässt? Genau auf diese Fragen entwickeln wir fundierte, praxisnahe Antworten – ganz im Sinne unseres Mottos: Wir tun jederzeit alles für den Erfolg unserer Kunden.
marketSTEEL: Welche Rolle spielt die Transformation in Ihrer Zukunftsstrategie?
Bendiek: Transformation darf nicht rein strategisch gedacht werden. Sie muss umgesetzt werden - unter realen Bedingungen und entsprechenden, vor allem wirtschaftlichen, Restriktionen.
Die größte Herausforderung liegt darin, das Ziel einer echten Klimaneutralität mit Wettbewerbsfähigkeit zu verbinden. Uns geht es um eine echte, am Markt erfolgreiche Kreislaufwirtschaft. Für Produkte in zirkulärer Qualität bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes. Um diesen Ansatz umzusetzen, brauchen wir qualifizierte Mitarbeiter und müssen Effizienz und Effektivität im Umgang mit Energie und Material neu denken – und das alles gleichzeitig. Wir glauben, dass dazu eine Strategie mit mehr oder weniger klaren Zielen längst nicht mehr ausreicht. Deswegen haben wir unser Unternehmen auf ein komplett auf Transformation ausgerichtetes, zirkuläres Geschäftsmodell umgestellt, das wir seit über zehn Jahren konsequent vorantreiben: Planet ZINQ. Wir sehen uns als Vorreiter einer zirkulären Oberflächentechnik, in der Prozesse und Produkte nicht nur effizient, sondern auch effektiv gestaltet sind.
marketSTEEL: Können Sie das anhand von Beispielen konkretisieren?
Bendiek: Wir reduzieren den Materialeinsatz im Prozess und am Produkt - konsequent und zielgerichtet. Die Entwicklung zirkulärer Produkte ist eine permanente Aufgabenstellung, die wir mit Innovationen und Investitionen hinterlegen. So kommt unsere innovative-Oberfläche microZINQ mit 80 % weniger Zink aus als herkömmliche Verzinkungsverfahren – und das bei gleicher Korrosionsschutzwirkung. Mehr noch: microZINQ ist Cradle-to-Cradle zertifiziert und damit nicht nur kreislauffähig und extrem lange haltbar, sondern auch materialgesund und mit einer Rücknahmeselbstverpflichtung hinterlegt. Zusammengefasst lautet die Formel: Das Optimum aus Effizienz und Effektivität ergibt ein Produkt in zirkulärer Qualität. Wir bei ZINQ verstehen uns als Treiber zirkulärer Oberflächentechnik – mit dem Ziel, Oberflächenprodukte in Triple-Zero-Qualität zu realisieren – das heißt: zero carbon, zero waste, zero pollution.
marketSTEEL: Wie sieht es bei Ihnen als energieintensives Unternehmen in puncto Energie aus?
Bendiek: Was für den Rohstoffeinsatz gilt, nämlich für mehr Effizienz den Verbrauch zu senken und gleichzeitig die Ökoeffektivität zu erhöhen, gilt natürlich auch für Energie. Mit unserem Low Carbon ZINQ-Programm dekarbonisieren wir unsere Prozesse nicht nur durch mehr Energieeffizienz, sondern wir forcieren auch die Dekarbonisierung unserer Prozesse. Wir analysieren standortspezifisch, welcher CO2-freie Energieträger den lokalen Bedingungen gerecht wird. Denn die Energiefrage ist keine Standardaufgabe – sie verlangt individuelle, durchdachte Lösungen. Das Ziel ist emissionsfreie Prozesswärme. Gleichzeitig arbeiten wir an der Dekarbonisierung innerhalb unserer Prozesskette und setzen auf CO2-reduzierte Vorprodukte. Dabei nehmen wir auch unsere energieintensiven Lieferanten in die Pflicht, ihre Prozesse zu dekarbonsieren.
marketSTEEL: Wie werden denn diese Einsparungen konkret belegt und dokumentiert?
Bendiek: Wir weisen den CO2-Fußabdruck, den unsere Oberflächen über ihren gesamten Lebenszyklus hinterlassen, transparent in einer Umweltproduktdeklaration nach EN 15804 aus. Diese sogenannte EPD ist ebenso wie die Cradle-to-Cradle-Zertifizierung ein unabhängig geprüfter
Nachweis für die Zirkularität unserer Produkte.
Fotos: ZINQ/BjoernBild, Elias Keilhauer,