Opfer eines Kartells?

von Dagmar Dieterle

Gastkommentar von Jasmin Hansohm, Legal Adviser, Deminor Recovery Services

 

Soll ich zur Geltendmachung von Schadensersatz alleine oder in der Gruppe aktiv werden?

Um Schadensersatz zu erhalten, müssen Opfer eines Kartells in der Regel den ordentlichen Rechtsweg beschreiten. In vielen Fällen stehen die Geschädigten auch bei der Rechtsdurchsetzung wiederum einer mächtigen Gruppe von Unternehmen gegenüber, die alle an dem Kartell beteiligt waren. Eine strategische Frage bei der Rechtsdurchsetzung ist es daher, ob es für den Geschädigten sinnvoll ist, seine Schadenersatzansprüche alleine oder in einer Gruppe geltend zu machen. Ein Vorgehen in der Gruppe kann als solches das Kräfteungleichgewicht zwischen den Kartellanten und den Geschädigten ausgleichen.

 

Bessere Datenlage bei Gruppenklagen

Die Darlegung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche ist in vielen Fällen nicht einfach und die Beweislast für die Höhe des konkreten Schadensersatzanspruchs trifft den Kläger. Dazu bedarf es in dem meisten Fällen eines ökonomischen Gutachtens von einem Experten, um den durch das Kartell verursachten Schaden konkret zu beziffern. Bei dieser Analyse handelt es sich um ein ökonomisches Modell, welches viele Datenpunkte benötigt, um zu einem aussagekräftigen und belastbaren Ergebnis zu gelangen. Gerade wenn das Kartell zeitlich länger zurückliegt, kann es für einzelne Kläger schwierig sein, alle relevanten Daten zu beschaffen. Durch die Bündelung der Klagen verschiedener Geschädigten, kann eine breite Datengrundlage geschaffen werden, worauf die ökonomischen Modelle beruhen. Bei den Daten handelt es sich jedoch oft um streng vertrauliche Geschäftsgeheimnisse, so dass die Daten anonymisiert erhoben werden, um den Schutz der Daten sicher zu stellen. Trotz eines gemeinsamen Vorgehens in der Gruppe, muss jeder Kläger aber in jedem Fall seinen individuellen Anspruch beziffern und entsprechend substantiieren.

 

Hohe Kosten bei Kartellverfahren

Neben der verbesserten Datenlage hat die Bündelung von Klagen noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Die Durchsetzung von kartellrechtlichen Schäden ist besonders kostspielig, da neben den Gerichts- und Anwaltskosten noch die Kosten für das ökonomische Gutachten anfallen. Oft sind mehrere Stellungnahmen des ökonomischen Experten erforderlich und die Kosten dafür können leicht die anderen Verfahrenskosten verdoppeln. In der Gruppe können alle Verfahrenskosten effizient auf mehrere Klageparteien verteilt werden, da die Ausgangsfragestellung in vielen Fällen vergleichbar ist. Gerade in solchen Fällen, in denen die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs durch ein Unternehmen die erheblichen Verfahrenskosten nicht alleine rechtfertigen, kann das Vorgehen in der Gruppe eine effiziente Lösung bieten trotzdem Schadensersatz geltend zu machen.

 

Kontrolle über eigenen Anspruch

Das Vorgehen in der Gruppe heißt nicht zwingend, dass der Geschädigte in Zukunft nicht mehr über seinen Anspruch bestimmen kann. Bei dem Vorgehen in der sog. Streitgenossenschaft bleibt jedes prozessrechtliche Verhältnis getrennt und der Geschädigte bleibt Herr seines eigenen Anspruches. Auch als Teil einer Gruppe kann der Geschädigte in diesem Fall frei über alle wesentlichen Verfahrensschritte entscheiden. Es steht diesem zum Beispiel frei, einen Vergleich anzunehmen oder abzulehnen. Von der Geltendmachung in der Gruppe ist insofern die Abtretung der Ansprüche auf ein sogenanntes Klagevehikel zu unterscheiden, was neben der aktuell rechtlich ungeklärten Situation über die Wirksamkeit auch dazu führt, dass der Geschädigte nicht mehr Herr über seinen eigenen Anspruch ist.

 

Bei einem Vorgehen in der Gruppe übernimmt oft ein Prozessfinanzierer alle mit der Durchsetzung verbundenen Kosten gegen eine Beteiligung im Erfolgsfall. Darüber kann der Prozessfinanzierer die Rechtsanwälte bei dem Verfahren und Steuern der Gruppe beraten und unterstützen. Deminor hat als Prozessfinanzierer seit 25 Jahren Erfahrung bei der erfolgreichen Durchsetzung von Ansprüchen im Rahmen von Gruppenklagen. Jasmin Hansohm ist Legal Adviser im Bereich Kartellrecht bei Deminor

Fotos: Deminor, Fotolia

 

Der Gastkommentar spiegelt die Meinung des Autors wider, nicht notwendigerweise die der Redaktion von marketSTEEL.

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