Der Weg zum klimaneutralen Stahlwerk – Speicherung von Wasserstoff

von Dagmar Dieterle-Witte

Interview marketSTEEL mit Matthias Rudloff, CEO von AMBARtec

 

marketSTEEL: Wie wird der Wasserstoff in Ihrem System transportiert – lokal, regional oder auch über größere Distanzen?

Unsere Speicher sind in herkömmliche 20‘-Container integriert, die sich mit üblicher Transportlogistik – Kräne, LKW, Zug, Schiff – umsetzen und transportieren lassen, was auch eine relativ unkomplizierte Verschiffung ermöglicht. Mittelfristig setzen wir aus Gründen der Wirtschaftlichkeit beim interkontinentalen Seetransport jedoch auf Schüttgut. Auch hier werden normale Frachter, wie sie beispielsweise für den Transport von Getreide genutzt werden, zum Einsatz kommen. Speziell für Wasserstoff-Tanks umgerüstete Schiffe sind nicht erforderlich.

marketSTEEL: Welche Infrastruktur ist notwendig, um Ihre Speichertechnologie flächendeckend einsetzen zu können?

Wie bereits erläutert, benötigen wir für die Speicherung und den Transport keine besonders angepasst Infrastruktur. Beim Wasserstoff-Erzeuger muss es eine Beladestation geben, mit der der aufgefangene Wasserstoff in den Speicher geleitet wird. Analog dazu stellen wir dem Nutzer eine Entladestation zur Verfügung. In beiden Fällen handelt es sich wiederum um Standardcontainer. Bei einer stationären Anwendung sind Be- und Entladeeinheit in einem Container kombiniert.

marketSTEEL: Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell beim Hochlauf einer wasserstoffbasierten Industrie?

Das Positive zuerst: Nach meinen Erfahrungen sehen viele Unternehmen weiterhin das hohe Potential von Wasserstoff, um unsere Wirtschaft versorgungssicherer und nachhaltiger zu gestalten. Dank der zahlreichen technologischen Entwicklungen wird auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von Wasserstoff steigen. Luft gibt es noch beim Abbau regulatorischer Vorgaben und einer höheren Technologieoffenheit sowohl bei Fördermitteln als auch bei der Anrechnung auf Quoten.

Außerdem brauchen wir klare Anreize, um tragfähige Geschäftsmodelle für den Einsatz von Wasserstoff zu implementieren. Der CO2-Preis ist als alleiniger Treiber nicht ausreichend.

marketSTEEL: Welche politischen oder wirtschaftlichen Maßnahmen würden aus Ihrer Sicht die Wasserstoffwirtschaft in Deutschland beschleunigen?

Es braucht vor allem Anreize für den Einsatz von Wasserstoff. Treiber sind hier der Start einer klimaneutralen Produktion – getrieben durch Kunden; was der Königsweg wäre, Selbstverpflichtungen der Unternehmen oder eben politische Vorgaben.

Die Vorgabe im Entwurf des Kraftwerkssicherheitsgesetzes hinsichtlich wasserstoffbasierter Langzeitspeicher sollte zwingend beibehalten werden, um die Nachfrage seitens der Energiewirtschaft nachhaltig zu gestalten.

Der Gesetzgeber muss den Unternehmen Planungssicherheit geben und die angekündigten Investitionen zügig umsetzen. Unkompliziertere Vorgaben, etwa bei der ökologischen Bewertung von industriellen Prozessen wären ebenfalls ein Gewinn.

marketSTEEL: Wo sehen Sie AMBARTEC in den nächsten fünf bis zehn Jahren – national und international?

Wir sind überzeugt, dass wir einen Unterschied machen können beim Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft weltweit. Unser (konservativer) Businessplan, der insbesondere auf dem Verkauf von Transportcontainern basiert, sieht in 5 Jahren einen Umsatz im 3-stelligen Millionenbereich mit über hundert Mitarbeitern vor (heute sind wir knapp 20) IN den Folgejahren wird sich das Großanlagenbaugeschäft sowohl für stationäre Wasserstoff-Speicher und Aufarbeitungsmodulen als auch mit Schüttgut für interkontinentalen Transport beschleunigen. Hier werden wir verstärkt mit Anlagenbauern zusammenarbeiten und auch entsprechende Lizenzen vergeben.. Da steckt ein weiteres relevantes Umsatzpotential.

marketSTEEL: Was wünschen Sie sich von der Stahlindustrie im Umgang mit Innovationen wie Ihrer?

Die europäische Stahlindustrie steht vor großen wirtschaftlichen und teilweise disruptiven Herausforderungen. Dennoch sollten sich die Verantwortlichen die Zeit nehmen, jenseits bekannter Lösungen, Stichwort Direktreduktion, sich mit alternativen Möglichkeiten auseinandersetzen.

marketSTEEL: Haben Sie eine persönliche Vision von einer klimaneutralen Industrie?

Mein gesamtes Berufsleben ist davon geprägt, wie sich unsere Industrie mit technologischem Fortschritt umwelt- und klimafreundlicher gestalten lässt. Ich bin überzeugt, dass es uns gelingen wird, hohe Lebensstandards und eine nachhaltige Wirtschaft in Einklang zu bringen – und das auch langfristig für die kommenden Generationen.

Vielen Dank für das Interview

 

Fotos: AMBARtec/© BLEND3 Frank Grätz

Mehr Informationen