Was bedeuten "Bundesnotbremse" und Arbeitsschutzverordnung für die Wirtschaft?

von Hubert Hunscheidt

Mit der jetzt beschlossenen Novellierung des Bundesinfektionsschutzgesetzes und der erneut geänderten Corona-Arbeitsschutzverordnung kommen auf die Betriebe in Deutschland verschiedene Neuregelungen zu, die ab sofort greifen und teils erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben. So müssen in einigen Regionen bereits ab Samstag viele Einzelhandelsgeschäfte wieder schließen.

Der Bundespräsident hat das "Vierte Bevölkerungsschutzgesetz", mit dem das Infektionsschutzgesetz sowie das Dritte und das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch geändert wurden, unmittelbar nach der Billigung durch den Bundesrat am 22. April unterzeichnet. Mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt sind die Regelungen nun seit dem 23. April in Kraft.

Damit gelten nun bundesweit einheitliche Schutzmaßnahmen, falls ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 überschreitet, das sieht der neu in das Infektionsschutzgesetz eingefügte §28b vor. Ab dem übernächsten Tag gelten dann automatisch bestimmte, im Gesetz dezidiert aufgezählte Regelungen, ohne dass die Länder noch Verordnungen beschließen müssten.

Wann die jeweiligen Maßnahmen greifen, macht "die nach Landesrecht zuständige Behörde", also in der Regel das Gesundheitsamt, "in geeigneter Weise bekannt". Maßgeblich sind dabei die vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Werte.

Befristet bis Ende Juni

Diese "Notbremse" ist zunächst bis zum 30. Juni befristet, das gilt auch für die im Kontext der Novelle beschlossene Neufassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung, die am 22. April im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde und damit bereits Gültigkeit hat.

Soweit Landesvorschriften bereits schärfere Maßnahmen vorsehen, bleiben diese bestehen. In Regionen mit stabilen Inzidenzen unter 100 können die Länder außerdem mit eigenen Verordnungen über Einschränkungen oder Lockerungen entscheiden.

Für Unternehmen wichtig sind insbesondere die Vorschriften zu Ladenöffnungen, Homeoffice und Testangeboten. Die wesentlichen Punkte im Überblick:

Öffnungsvorschriften

Geöffnet bleiben – unter der Beachtung entsprechender Hygienekonzepte und der Maskenpflicht – der Lebensmittelhandel einschließlich der Direktvermarktung, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Gartenmärkte und der Großhandel.
Bei einer Inzidenz unter 150 wird es zudem bei allen weiteren Geschäften möglich sein, mit Termin und mit einem aktuellen negativen Testergebnis einzukaufen. Im Dienstleistungsbereich bleibt alles offen, was nicht ausdrücklich untersagt wird, also beispielsweise Fahrrad- und Autowerkstätten, Banken und Sparkassen, Poststellen und ähnliches.

Körpernahe Dienstleistungen sind nur zu medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken zulässig. Lediglich der Friseurbesuch und die Fußpflege sind mit Maske und unter Vorlage eines tagesaktuellen negativen Corona-Tests möglich. Gastronomie und Hotellerie, Freizeit- und Kultureinrichtungen sollen bei einem Inzidenzwert über 100 schließen. Der Verkauf von Essen zum Mitnehmen bleibt erlaubt. Ausnahmen sind die Außenbereiche von zoologischen und botanischen Gärten, die mit einem aktuellen negativen Test besucht werden können.

Homeoffice

Die bislang in der Corona-Arbeitsschutzverordnung festgeschriebene Verpflichtung der Arbeitgeber, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wo möglich Homeoffice anzubieten, wurde jetzt ins Infektionsschutzgesetz aufgenommen und verstärkt: Künftig sind Beschäftigte verpflichtet, Homeoffice-Angebote wahrzunehmen, wenn es für sie privat realisierbar ist. Für die Arbeitgeber wächst damit auch der Druck, nachzufassen, wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter nicht von zuhause aus arbeiten möchten. Als mögliche Gründe kommen etwa die Störung durch Dritte oder das Fehlen eines adäquaten Arbeitsplatzes infrage.

Corona-Test-Angebote

Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz tritt auch die nunmehr dritte Änderung der Corona-Arbeitsschutzverordnung in Kraft. Neben den Maßnahmen der AHKA+L-Formel – Maskenpflicht, Hygienemaßnahmen, Abstandsregeln und effektives Lüften – wird darin eine erweiterte Testangebotspflicht für Arbeitgeber festgeschrieben: Alle Betriebe, Einrichtungen und Verwaltungen in Deutschland, deren Beschäftigte nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, müssen nun jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter zweimal pro Wochen einen Covid-19-Test anbieten. Das können Antigen-Schnelltests sein, die von geschultem Personal durchgeführt werden, aber auch die Ausgabe von Selbsttests ist eine zulässige Option. Die Kosten tragen die Arbeitgeber.

Die Testangebots-Pflicht gilt bereits seit dem 20. April; allerdings war bislang in der Regel nur ein Test pro Woche vorgeschrieben. Lediglich besonders gefährdeten Beschäftigten mussten Arbeitgeber zweimal wöchentlich einen Test ermöglichen.

Quelle: DIHK / Foto: Thommy Weiss pixelio.de

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