Strategische Rohstoffsicherung für den industriellen Einkauf

von Hubert Hunscheidt

Der Leiter der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) erläutert im Interview mit der Redaktion des BME-Einkäufermagazins „BIP – Best in Procurement“, warum die strategische Rohstoffsicherung für den industriellen Einkauf wichtiger denn je ist.

„Das wichtige Thema E-Mobilität hat jetzt auch in der Breite allen Unternehmen aufgezeigt, dass sich die Industrie um die eigene Rohstoffsicherung aktiv bemühen muss. Allerdings verlaufen die Wege zu deren Umsetzung angesichts von 60 verschiedenen Rohstoffen und hunderten von Zwischenprodukten sehr unterschiedlich“, sagt Dr. Peter Buchholz, Leiter der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), im Interview mit der Redaktion des BME-Einkäufermagazins „BIP – Best in Procurement“. Die 68 Seiten starke Fachpublikation erscheint am 6. September. Das Titelthema der aktuellen Ausgabe beschäftigt sich mit möglichen Rohstoffengpässen und zeigt Wege auf, wie sich der Einkauf davor schützen kann.
 
Die Einkäufer verfügen laut Buchholz „seit langem über ein vielfältiges Instrumentarium, um ihre Rohstoffbezüge abzusichern. Neu daran ist, dass sich die Unternehmen immer häufiger die gesamte Lieferkette anschauen – auch dann, wenn sie eigentlich keine Primärrohstoffe importieren oder verarbeiten.“ Dies sei aber notwendig, um nicht durch Preisexplosionen und Lieferengpässe im Produktionsprozess kalt erwischt zu werden. Zunehmend richte sich der Blick der Einkäufer auch darauf, möglichst konfliktfreie Rohstoffe zu verwenden. Es bestehe sonst die Gefahr, wichtige Nachhaltigkeitsaspekte in der Supply Chain zu übersehen.
 
Der Abschluss von Abnahmeverträgen – den sogenannten Offtake Agreements – sei nach Aussage des DERA-Chefs derzeit das wichtigste Sicherungsinstrument für Einkäufer im Rohstoffbereich. Sich dabei gut aufzustellen, mit den besten Projektentwicklern und Rohstofflieferanten frühzeitig Partnerschaften einzugehen und Abnahmeverträge zu günstigen Preisen abzuschließen, sei die Kunst, die ein Einkäufer beherrschen müsse. Das Interessante dabei sei, dass Verarbeiter in Deutschland nicht unbedingt der Abnehmer des eingekauften Rohstoffes sein müssen. Vielmehr ließen sich Primärrohstoffe über Vertragspartner in die Lieferkette bei Vorlieferanten einspeisen.
 
„Offtake Agreements werden zwischen Rohstoffunternehmen und Verarbeitern innerhalb der Lieferkette geschlossen. Der Vorteil für verarbeitende Unternehmen ist, dass der Rohstoffpreis für einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren festgelegt werden kann oder sich an einem vereinbarten Preisindex orientiert und die Ware erst bei Lieferung gezahlt wird. Kosten für die Lagerhaltung oder Investitionskosten entfallen“, erläutert Buchholz. Offtake Agreements seien auch ein gutes Mittel, um neue Lieferanten aufzubauen, sprich sich zu diversifizieren. Sie seien zudem fester Bestandteil eines Finanzierungsplans für die Vorlieferanten. Das Rohstoffunternehmen könne sich damit leichter Geld am Kapitalmarkt für seine Projektfinanzierung beschaffen oder andere betriebliche Tätigkeiten wie Kapazitätserweiterungen finanzieren. Buchholz im BIP-Interview: „Der Offtaker, also der Abnehmer, diversifiziert seine Lieferantenbasis und sichert damit einen Teil der benötigten Materialmengen zu fairen Preisen ab.“
 
Quelle und Foto: BME

 

Zurück