So wird die Materialversorgung intelligent

von Hubert Hunscheidt

Die Metamorphose zum smarten Nachschubprozess: So wird die Materialversorgung intelligent

Die Welt verändert sich. In den letzten zehn Jahren haben mehrere Faktoren zur zunehmenden Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Unklarheit (auch VUCA-Welt genannt) in den Ökosystemen für Lieferketten der Metallindustrie beigetragen. Ganz zu schweigen von Disruptionen, die durch globale Finanzkrisen oder Pandemien entstehen, welche eine zunehmende Rolle in der kurz- und mittelfristigen Zukunft spielen Und auch vom Klimawandel und der Notwendigkeit, alle Lieferketten umweltfreundlicher und nachhaltiger zu machen, sind Stahl- und Aluminiumhersteller betroffen. Der Schwerpunkt hier liegt auf der Materialversorgung, die intelligenter werden muss. Doch wie können wir eine solche Metamorphose einleiten? Und vor allem: Wie erreichen wir das auf nachhaltige Weise?

Eine optimierte lokale Planung und Terminierung können bereits deutliche Umweltverbesserungen bringen. Gleichzeitig kann die Effizienz der Betriebsabläufe gesteigert werden. Das ist jedoch nur ein erster Schritt: Angesichts dieses VUCA-Ökosystems müssen Metallhersteller ihre strategischen und taktischen Planungsprozesse auf Systemebene neu bewerten. Das ist notwendig, um sie möglichst robust und flexibel zu machen und so Unterbrechungen des Materialflusses durch eine zunehmende Variabilität zu verhindern oder zumindest zu verringern. Die Materialversorgung muss deshalb smarter werden - doch wie leitet man eine Metamorphose ein und wie garantiert man ihre Nachhaltigkeit?

Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass es zwei wesentliche Stellschrauben gibt, mit denen sich die Variabilität verringern lässt. Das sind erstens erhöhte Geschwindigkeit und zweitens erhöhte Sichtbarkeit. Tatsächlich lassen sich Unterbrechungen bei Materialflüssen verringern, wenn nicht nur in Echtzeit oder nahezu in Echtzeit Informationen zu Ereignissen in der Lieferkette vorliegen, sondern auch die Möglichkeit gegeben ist, schnell auf diese zu reagieren.

Stellschraube 1: Geschwindigkeit Ihrer Lieferkette erhöhen

Natürlich kann die kontinuierliche Verbesserung in Produktionsprozessen dabei helfen, die Geschwindigkeit durch höhere Produktivitätsraten zu steigern. Der Hauptbeschleuniger für die Lieferkette ist jedoch die Vorlaufzeit. Möglicherweise stellt sich sofort die Frage, wie sich die Geschwindigkeit in den heutigen zunehmend komplexen und ausgedehnten Lieferketten, die sich durch lange Kauf- und Produktionszeiten auszeichnen, noch steigern lässt. Bewährte Praktiken beim Lieferkettenmanagement bieten Chancen sowohl für eine Verkürzung als auch eine Komprimierung der Vorlaufzeiten.

Verkürzung der Vorlaufzeit: Alle Lieferkettenaktivitäten schneller ausführen

Die Verkürzung der Vorlaufzeit bezieht sich auf die Fähigkeit, Lieferkettenaktivitäten schneller auszuführen. Was bedeutet das für einen Stahl- oder Aluminiumhersteller? Kurz gesagt: Anstatt sich auf die Reduzierung der Stückkosten zu konzentrieren, können Sie die Förderung und Sicherung der Materialflüsse im gesamten System priorisieren. Das bedeutet, dass Sie sich auf alle Faktoren fokussieren, die den Materialfluss behindern. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Kapazitäts- und Logistikengpässe​
  • außerplanmäßige Ausfallzeiten aufgrund fehlenden geeigneten Materials
  • Nachbearbeitungen aufgrund von Qualitätsproblemen
  • unnötige Wartezeit im Lager (unzureichende Lagerrotation)

Während sich einige ungeplante Produktions- oder Qualitätsereignisse nicht vermeiden lassen, kann ein intelligentes Produktionsplanungssystem dazu beitragen, diese Faktoren im Voraus zu minimieren: durch einen optimierten Ausgleich der verfügbaren Kapazitäten bei allen Produktionseinheiten, durch Berücksichtigung vorhandener Routing-Alternativen, durch eine angemessene Dimensionierung von Work-in-Progress-(WIP)-Beständen und durch die Berücksichtigung einiger kritischer Qualitäts- und Logistikbeschränkungen bei der Erstellung von (Zeit)Plänen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Förderung des Materialflusses in der Lieferkette ist die Ausrichtung der Lieferkapazität auf das Nachfrageprofil. Natürlich sind damit einige Kompromisse in Bezug auf bekannte Batching-Beschränkungen verbunden, wie zum Beispiel Produktionskampagnen. Auch hier kann ein spezielles Planungssystem helfen, diese Kompromisse zu minimieren, sofern es auf materialflussorientierte KPI-Prioritäten abgestimmt ist.

Komprimierung der Vorlaufzeit: Position und Nutzung von Entkopplungspunkten

Die Komprimierung der Vorlaufzeit ist eine weitere Möglichkeit, um die Geschwindigkeit der Lieferkette zu erhöhen. Sie bezeichnet die Aufteilung der Gesamtvorlaufzeit auf kleinere, entkoppelte, unabhängige Vorlaufzeitsegmente. Das kann durch die Festlegung strategischer Bestands-Entkopplungspunkte in der Lieferkette erfolgen. Dabei handelt es sich in der Tat um eine strategische Entscheidung, da sie zumindest für bestimmte Nachfragesegmente eine Umstellung von einer reinen Kundeneinzelfertigung (Make-to-Order, MTO) auf eine Lager-/Auftragsfertigung (MTS/FTO) impliziert. Und man kann sich zu Recht fragen: Läuft die Investition in zusätzlichen Bestand nicht in die gegensätzliche Richtung, wenn doch die Lieferkette schlanker und nachhaltiger werden soll? Die Antwort lautet nein, allerdings nur, wenn die Investition richtig getätigt wird. Das bedeutet, dass zuerst ein systemischer Ansatz erforderlich ist, um dann aus globaler Perspektive zu erkennen, dass die Investition in zusätzlichen Bestand an bestimmten Schlüsselpositionen in der Tat zu einer allgemeinen Verringerung des Gesamt-WIP in der Lieferkette führen kann.

Was uns zu weiteren Fragen führt:

Welche Produkte (Stock-Keeping-Units/SKU) benötigen einen Bestandspuffer? Und wie können diese Puffer bemessen und wiederaufgefüllt werden? Wie Sie in den Abbildungen 3 und 4 sehen, gibt es bewährte Praktiken, um diese Fragen zu beantworten. In Bezug auf den Standort sind typische Kandidaten für Entkopplungspositionen die Ein- und Ausgangspunkte der Anlage, vor allem wenn die Beschaffungszeit lang ist und das Vendor Managed Inventory (VMI) für bestimmte fertige SKU garantiert werden muss. Das Potenzial für die Entkopplung innerhalb der Anlage besteht ebenso, hängt aber einerseits von der Komplexität der Herstellungswege (z. B. Vorhandensein von konvergierenden oder divergierenden Produktionsprozessschritten) und andererseits von der Möglichkeit ab, Halbfertigprodukte zu standardisieren.

Im Gegensatz zur diskreten Fertigungsindustrie zeichnen sich Lieferketten in der Metallfertigung tatsächlich durch eine divergierende Produktstruktur aus. Deshalb kann das gleiche Fertigerzeugnis aus mehreren alternativen Spezifikationen für Halbfertig- oder Rohstoffprodukte gewonnen werden. Raum für Optimierung gibt es somit bei der Erstellung einer entsprechenden Spezifikation für Bestands-SKU. Dabei werden gleichzeitig die größtmögliche Zahl an Spezifikationen für Fertig-SKU erzeugt und Ertragsverluste verringert.

Was die Bemessung und Wiederauffüllung von Entkopplungspunkten angeht, können mehrere industriebewährte Methoden angewendet und in die Planungssoftware integriert werden. Das hilft bei der optimalen Berechnung des Sicherheitsbestands, der Häufigkeit der Nachbestellung und vor allem der Bestellmengen. Schließlich  hängt die Größe des Bestandspuffers eng mit Parametern wie feste Bestellzykluszeiten oder Chargengrößen, durchschnittliche Nachschubzeit, Verbrauchsraten und der beobachteten Nachfragevariabilität ab.

Die zweite wichtige Stellschraube, mit der sich die Variabilität verringern lässt, ist die erhöhte Sichtbarkeit in der gesamten Lieferkette. Während die Geschwindigkeit vor allem beim Materialfluss gesteigert wird, ist die Sichtbarkeit eng mit Informationsflüssen verbunden. Die Sichtbarkeit impliziert zunächst einmal Transparenz. Das bedeutet, dass der Zugang zu allen relevanten Daten, die sich auf die End-to-End-Prozesse und Ereignisse der Lieferkette beziehen, gegeben sein muss.

Zweitens müssen diese Daten in Echtzeit oder nahezu in Echtzeit vorliegen, wenn sie dazu dienen sollen, möglichst schnell auf Ereignisse reagieren zu können. Hier können die Digitalisierungsverbesserungen der vierten industriellen Revolution zu materialfluss- und datengestützten Lieferketten in der Metallfertigung beitragen, wie in Abbildung 5 dargestellt.

Der Weg zu einer materialfluss- und datengestützten Lieferkette

Der Weg zu einer digitalen Lieferkette impliziert eine Erweiterung der IT-Infrastruktur in Metallbetrieben, indem sie auf Lagerhaltung und die Nutzung von Big Data (für den Betrieb in der Cloud) vorbereitet und möglicherweise auch für Ökosysteme oder Plattformen von Partnern geöffnet werden. Dagegen können aktuelle Softwaresysteme für die Produktionsverwaltung und -planung um integrierte Business Intelligence, Datenanalysen und intelligente Entscheidungshilfen ergänzt werden. Dieser Schritt kann als Ausgangspunkt dienen: Bevor mit Investitionen in smarte Sensoren und der Erfassung zusätzlicher Daten begonnen wird, gibt es wahrscheinlich bereits einen großen Mehrwert, der durch die Nutzung vorhandener Daten mit den richtigen digitalen Tools und Diensten erzielt werden kann.

Wie in Abbildung 5 zu sehen, würde sich eine solche auf Materialfluss und Daten gestützte Lieferkette dann automatisch in Echtzeit abhängig von einem eintretenden Ereignis selbst anpassen. Oder sie würde zumindest dem menschlichen Bediener eine Auswahl zwischen bestimmten alternativen Entscheidungen geben. Das erfordert natürlich, dass die digitale Kompetenz und die Entscheidungskompetenz beim Anlagenpersonal aufgebaut werden.

Und schließlich gehen die Förderung und Sicherung des Materialflusses in der Lieferkette eng mit der Maximierung der Rendite einher:

  • Der Cashflow folgt der Rate des Produkt-/Nachfrageflusses
  • Vorräte werden minimiert
  • Die Servicequote ist gleichbleibend und zuverlässig
  • Der Ertrag wird gesteigert und geschützt

Und in Bezug auf die Nachhaltigkeit bietet ein materialflussgestützter Ansatz eine bessere Kontrolle über die Umweltverschmutzung, da Materialien und Produktionsressourcen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt verwendet werden, besser auf die tatsächliche Nachfrage abgestimmt werden, um so die allgemeine Verschwendung im System zu verringern.

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Quelle und Grafiken: PSI Metals GmbH

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