Öl und Edelmetalle außer Rand und Band

Frankfurt/M. - Ölpreise außer Rand und Band und wilde Party bei den Edelmetallen titelt die Commerzbank in ihrem Rohstoffreport vom 22.7.

Energie: Nach einer recht langen Verschnaufpause sind die Ölpreise am 21.7.  nach oben ausgebrochen. Mit 45 USD je Barrel bei Brentöl und 42,4,USD bei WTI ist haben die Preise den höchsten Stand seit 4½ Monaten erreicht. Doch die Zweifel sowohl in Bezug auf die OPEC+ als auch die mögliche Normalisierung der Nachfrage bleiben. Daten aus dem Irak zeigen in den ersten 20 Tagen im Juli unveränderte Exporte von 2,7 Mio. Barrel täglich, also keinen Rückgang wie vereinbart. Der Oman, der ebenfalls zur OPEC+ gehört, hat im Juni mit 900 Tsd. Barrel täglich sogar über 20% mehr Rohöl exportiert als im Mai. Die Commerzbank meint, der jüngste Ölpreisanstieg sei der ausgelassenen Stimmung an den Finanzmärkten geschuldet, nachdem Hoffnungen auf eine Impfstoffzulassung noch in diesem Jahr geschürt wurden und viele Regierungen mit billionenschweren Stützungsprogrammen aufwarten.

Die Datenlage am Ölmarkt sei gemischt, sagt die Commerzbank und bezieht sich auf die Lagerdaten des API vom Vorabend. Diese zeigten für letzte Woche einerseits mit 7,54 Mio. Barrel den stärksten Anstieg der US-Rohölvorräte seit acht Wochen und andererseits einen Abbau der Benzinvorräte um 2 Mio. Barrel. Für die heutigen, 22.7.,  offiziellen DOE-Zahlen erwartet der Bloomberg-Konsens einen Abbau der Rohölbestände um 2,2 Mio. Barrel und einen etwas geringeren Rückgang der Benzinvorräte um 1,5 Mio. Barrel. Bleibt die Frage, ob sich die US-Benzinnachfrage weiter erholt oder ob es zu einer weiteren Abschwächung kommt.

Edelmetalle: Wilde Party

Bei Gold und vor allem Silber sieht die Commerzbank den Bär steppen: Während sich der Preisanstieg von Gold am 21.7. mit +1,3% noch in Grenzen hielt, zündete Silber sämtliche Raketen und sprang um 7% nach oben. Am Morgen des 22.7. setzt sich die Rally fort: Gold klettert zeitweise auf 1.865 USD je Feinunze. Silber springt zwischenzeitlich um weitere 7% auf 22,8 USD je Feinunze nach oben. Es erreicht damit den höchsten Stand seit Oktober 2013.

Platin und Palladium nahmen am 21.7. mit +4% bzw. +4,6% ebenfalls an der Party teil, tanzten am 22.7. aber nicht mehr mit. Die enorme Dynamik bei Gold und Silber sind nach Vermutungen der Commerzbank wohl durch technische und spekulative Käufe verstärkt worden. Grund dafür könnten laut Commerzbank die massiven Unterstützungsprogramme der Zentralbanken und Regierungen sein, wie zuletzt der 750 Mrd. EUR schwere EU-Wiederaufbaufonds und die Erwartung an ein neuerliches Billionen schweres Konjunkturpaket in den USA. Auf der Suche nach wertstabilen Anlagen werden die Anleger bei Gold und Silber offenbar fündig.

Industriemetalle: Metallmärkte überversorgt

Wie die International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) berichtete, wiesen der globale Zink- und Bleimarkt in den ersten fünf Monaten des Jahres Angebotsüberschüsse auf. Bei Zink übertraf das Angebot die Nachfrage demnach um 223 Tsd. Tonnen. Zum jetzigen Überschuss trugen laut Commerzbank sowohl eine höhere Produktion als auch eine geringere Nachfrage bei: Die Produktion ist im Vorjahresvergleich um 1,6% gestiegen, die Nachfrage um 4,4% gefallen. Das Coronavirus hatte bisher also wesentlich größere Auswirkungen auf die Nachfrage – es hat zinkintensive Sektoren wie die Stahlindustrie hart getroffen – als auf das Angebot.

Der Überschuss am Bleimarkt belief sich den ILZSG-Daten zufolge von Januar bis Mai auf 23 Tsd. Tonnen. Bei Blei ist die Nachfrage stärker gefallen als das Angebot (-4,7% ggü. -4,2%). Das Coronavirus hat auch hier Sektoren getroffen, die für gewöhnlich viel Blei nachfragen, allen voran die Autoindustrie.

Der globale Kupfermarkt war ebenfalls noch gut versorgt. Gemäß Daten der International Copper Study Group (ICSG) betrug der Angebotsüberschuss in den ersten vier Monaten des Jahres 59 Tsd. Tonnen (saisonbereinigt 73 Tsd. Tonnen). Zur gleichen Zeit im Vorjahr gab es noch ein hohes Defizit. Der aktuelle Überschuss ist auf eine schwache Nachfrage zurückzuführen, die laut ICSG Corona-bedingt um 2,5% gefallen ist. Die Raffinadeproduktion zeigte sich dagegen fast unverändert gegenüber Vorjahr, ebenso die Minenproduktion. Allerdings war Letztere im April rückläufig, was auf Produktionsdrosselungen in Peru im Zuge der Bekämpfung des Coronavirus dort zurückzuführen war. Sollte auch in anderen Ländern wie zum Beispiel Chile weniger Kupfer produziert werden, könnte sich der Markt für Kupferkonzentrat spürbar anspannen. Dies hätte dann auch Auswirkungen auf die Raffinadeproduktion. Der Kupferpreis hat eine solche mögliche Entwicklung unseres Erachtens bereits vorweggenommen.

QuelleCommerzbank AG / Commerzbank Commodity Research  / Vorschaubild: fotolia

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