Kampf gegen Produktpiraterie: G7 wollen Zusammenarbeit verstärken
von Angelika Albrecht
München. Die Ämter für geistiges Eigentum der sieben führenden Industriestaaten (G7) haben sich bei einem hochrangigen Treffen mit der Weltorganisation für geistiges Eigentum und dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) auf eine stärkere Zusammenarbeit im Kampf gegen Fälschungen und Produktpiraterie verständigt. Diese weltweiten Phänomene bedürften einer „effektiven Reaktion“, stellten die Behördenspitzen in einer gemeinsamen Erklärung fest. Die Ämter verständigten sich zudem darauf, die internationale Zusammenarbeit auch insgesamt weiter zu verstärken, um eine „positive Kultur des geistigen Eigentums“ zu fördern.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens, das unter der gemeinsamen Leitung des BMJ und des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) online stattfand, waren die Amtsspitzen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, den Vereinigten Staaten sowie der Generaldirektor der Weltorganisation für geistiges Eigentum.
Fälschung von Corona-Testkits und Impfstoffen
In der gemeinsamen Erklärung wiesen die Ämterchefs insbesondere auf die Gefahren hin, die von gefälschten Produkten ausgehen können: „Waren können die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher gefährden, die Rechte der Arbeitnehmer und den Ruf der Inhaber von geistigem Eigentum untergraben und kriminelle Aktivitäten wie Geldwäsche erleichtern.“ Als Beispiel nannten die Ämter die Zunahme gefälschter Waren im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, etwa bei Testkits, Schutzausrüstungen und Impfstoffen. Die Behördenleitungen riefen auch andere Institutionen und die Verbraucherinnen und Verbraucher auf, sich am Kampf gegen Fälschung und Produktpiraterie beteiligen.
„Gerade in den Industriestaaten verursacht Produktpiraterie großen wirtschaftlichen Schaden. Nahezu jede Branche ist davon betroffen“, sagte DPMA-Präsidentin Cornelia Rudloff-Schäffer. Die immer größere Bedeutung des Online-Handels verschärfe das Problem: „Während der Pandemie wurden Produkte verstärkt online bestellt und in der Folge wurden auch verstärkt Fälschungen in Umlauf gebracht. Dies erschwert die Bekämpfung und erfordert eine mit allen nationalen und internationalen Akteuren abgestimmte Strategie.“
Die gemeinsame Erklärung der G7 finden Sie auf den DPMA-Internetseiten.
Vorsicht beim Online-Kauf
Die Verbraucherzentralen in Deutschland geben wichtige Hinweise, die man beim Online-Einkauf beachten sollte, um nicht auf Fälschungen hereinzufallen. Folgende Punkte sollten Verbraucherinnen und Verbraucher auf jeden Fall im Blick haben:
- Auffallend günstiger Preis: Wenn sich in einem Online-Shop auffallend günstige Preise häufen, sollte man genauer hinsehen. Man sollte sich vor dem Kauf einen Überblick verschaffen, zu welchem Preis eine Ware üblicherweise angeboten wird – zum Beispiel auf Preisvergleichsportalen. Liegt ein Preis weit darunter, kann dies ein Hinweis auf eine Fälschung sein.
- Zahlungsmethode: Ist bei einer Bestellung die Vorkasse die einzig mögliche Zahlungsmethode, ist große Vorsicht geboten. Denn eigentlich sollte gelten: Erst die Ware, dann das Geld.
- Umfeld/Vertriebsweg: Manche Markenprodukte werden ausschließlich über reglementierte Vertriebswege angeboten (Flagshipstore, eigener Online-Shop, Direktmarketing). Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich also überzeugen, dass es sich um einen gängigen Vertriebsweg für das jeweilige Produkt handelt.
Darüber hinaus machen die Verbraucherzentralen auf das Phänomen von Fake-Shops im Internet aufmerksam.
Geschäft mit Fälschungen bei 412 Milliarden Euro im Jahr
Laut einer Studie des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) belief sich der internationale Handel mit Fälschungen allein für 2019 auf 412 Milliarden Euro. Dies entspricht 2,5 Prozent des Welthandels. In Europa lag der Anteil mit 5,8 Prozent aller EU-Einfuhren nochmal deutlich höher. Die Einfuhren gefälschter Produkte in die EU beliefen sich 2019 auf 119 Milliarden Euro. Ein Großteil der Fälschungen wird in China hergestellt. Die am häufigsten beschlagnahmten Waren sind Schuhe, gefolgt von Bekleidung, Lederwaren, elektronischen Geräten und Kosmetika. Aber auch Waren, bei denen erhebliche Gesundheits- oder Sicherheitsrisiken bestehen, wie etwa Arzneimittel und Autoteile, werden im großen Umfang gefälscht angeboten.
Nach Erkenntnissen des EUIPO ist der Kauf von Fälschungen gerade unter jungen Menschen weit verbreitet. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger der EU im Alter zwischen 15 und 24 Jahren gab in einer dieses Jahr veröffentlichten EUIPO-Studie an, im letzten Jahr mindestens ein gefälschtes Produkt wissentlich oder versehentlich über das Internet gekauft zu haben.
Die Europäische Kommission hat am 1. Dezember eine Beobachtungsliste für Fälschungen und Produktpiraterie herausgegeben. Darin werden sowohl Anbieter von Online-Diensten als auch physische Marktplätze außerhalb der Europäischen Union aufgeführt, die Berichten zufolge erhebliche Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums, insbesondere durch Nachahmung und Piraterie, begehen oder erleichtern.
Das Deutsche Patent- und Markenamt
Erfindergeist und Kreativität brauchen wirksamen Schutz. Das DPMA ist das deutsche Kompetenzzentrum für alle Schutzrechte des geistigen Eigentums – für Patente, Gebrauchsmuster, Marken und Designs. Als größtes nationales Patentamt in Europa und fünftgrößtes nationales Patentamt der Welt steht es für die Zukunft des Erfinderlandes Deutschland in einer globalisierten Wirtschaft. Seine knapp 2.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an drei Standorten – München, Jena und Berlin – sind Dienstleister für Erfinder und Unternehmen. Sie setzen Innovationsstrategien des Bundes um und entwickeln die nationalen, europäischen und internationalen Schutzsysteme weiter.
Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt / Vorschaubild: Pixabay, Gerd Altmann