IW sagt, das Eckpunktepapier gegen Fachkräftemangel ist gut, aber nicht genug
von Angelika Albrecht
Die Babyboomer scheiden nach und nach aus dem Arbeitsmarkt aus, auch dadurch steuert Deutschland auf einen massiven Fachkräftemangel zu. In der Hochphase des Babybooms, also zwischen 1960 und 1964, wurden bundesweit rund 6,6 Millionen Kinder geboren – zwischen 2000 und 2004 waren es mit 3,6 Millionen nur etwas mehr als die Hälfte. Das bereitet der deutschen Wirtschaft zunehmende Probleme: Selbst wenn mehr Menschen erwerbstätig würden, die bisher nicht oder nur wenige Stunden arbeiten, ließe sich die Lücke nicht schließen.
Die Situation wäre noch dramatischer, wenn die Zuwanderung in den vergangenen Jahrzehnten geringer ausgefallen wäre. Vor allem aus den neuen EU-Mitgliedsländern sind viele Arbeitskräfte nach Deutschland gekommen. Die Entwicklung wird sich allerdings kaum fortsetzen, da auch die anderen EU-Länder unter dem demografischen Wandel leiden. Klar ist deshalb: Ohne Fachkräfte aus Ländern außerhalb Europas lassen sich Wachstum und Wohlstand nicht sichern.
Zu viel Bürokratie, zu lange Prozesse
Das neue Eckpunktepapier ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung: So ist sinnvoll, Personen mit sehr guten Perspektiven am deutschen Arbeitsmarkt auch ohne bestehendes Stellenangebot ein Visum zu erteilen. Noch besser wäre es, wenn das Visum nicht nur die Arbeitsplatzsuche, sondern auch die Arbeit selbst erlauben würde.
Ebenfalls richtig: Bei Menschen mit Berufserfahrung in besonders gesuchten Bereichen entfällt unter gewissen Voraussetzungen die oft langwierige Anerkennung ihres beruflichen Abschlusses. Das reicht allerdings nicht: Es müssen unbedingt auch die bürokratischen Verfahren überarbeitet werden, denn lange Prozesse sind Gift für eine gelungene Zuwanderung.
Fachkräfte und Azubis gezielt anwerben
Insgesamt reicht es nicht, den Zugang zu erleichtern. Vielmehr müssen begehrte Fachkräfte gezielt angeworben werden. Es ist gut, dass die Bundesregierung dieses Thema auf dem Schirm hat und ihre Aktivitäten hier deutlich ausbauen will. Insbesondere will sie die Plattform Make it in Germany weiter stärken.
Weitgehend vernachlässigt wird hingegen das Thema Ausbildung: Auch hier wäre es sinnvoll, Azubis aus Drittstaaten gezielt anzuwerben. Deutschland darf nicht vergessen, dass die internationale Konkurrenz groß ist. Auch andere europäische Länder werben um die begehrten Fachkräfte. Unterstützung für die Anwerbung von Azubis und Fachkräften bietet das Kompetenzzentrum Fachkräfte, das vor allem kleinen und mittleren Unternehmen mit praktischen Praxistipps hilft.
Quelle: Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) / Informationsdienst der deutschen Wirtschaft / Vorschaubild: fotolia