Der wirtschaftliche Aufholprozess gerät ins Stocken

von Hubert Hunscheidt

Nach DIHK-Berechnungen hat die Corona-Krise das Bruttoinlandsprodukt der deutschen Wirtschaft bislang um rund 190 Milliarden Euro geschmälert. Für das laufende Jahr rechnet der DIHK mit einem Wirtschaftswachstum von lediglich 2,8 Prozent.

Über alle Branchen hinweg beschreiben 32 Prozent der deutschen Unternehmen ihre derzeitige Geschäftslage als schlecht, 29 Prozent als gut – ein etwas negativeres Bild als im Herbst 2020.

Auch die Erwartungen an zukünftige Geschäfte fallen pessimistischer aus: Aktuell rechnen 31 Prozent der Befragten mit schlechteren Geschäften, nur 22 Prozent mit besseren. Die Auslandsnachfrage gehört wie auch die Inlandsnachfrage zu den größten Geschäftsrisiken.

Erneuter Lockdown verschärft die Lage in vielen Branchen

Nachdem bereits der erste Lockdown im Frühjahr vergangenen Jahres die finanziellen Reserven zahlreicher Unternehmen stark beansprucht hatte, verschärfen erneute Schließungen und Reisebeschränkungen die Lage in vielen Branchen weiter. So berichten 94 Prozent der Reisevermittler, 91 Prozent der Beherbergungsbetriebe, 87 Prozent der Gastronomen, 64 Prozent der personenbezogenen Dienstleister wie Friseure oder Fitnessstudios und 41 Prozent der Einzelhändler aktuell von schlechten Geschäften. Insgesamt stehen 7 Prozent aller Dienstleister vor einer drohenden Pleite – bei den direkt vom Lockdown betroffenen Unternehmen sind es sogar deutlich mehr.

Industrie verhältnismäßig positiv gestimmt

Vergleichsweise robust zeigt sich dagegen die Industrie, die auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld größtenteils weiter produzieren und exportieren kann. Im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft melden mehr Industriebetriebe eine gute Geschäftelage (31 Prozent) als eine schlechte (25 Prozent). Insbesondere die Hersteller von Vorleistungsgütern etwa aus der Chemie oder der Elektrotechnik bereiten sich auf einen kommenden Aufschwung vor. Größere Kapazitätserweiterungen – wovon etwa der Maschinenbau profitieren würde – stehen dagegen derzeit nicht an. Insgesamt aber verbessern sich die Geschäfts- und die Exporterwartungen der Industrieunternehmen — und liegen durchschnittlich im positiven Bereich (plus 8 beziehungsweise 9 Punkte).

Liquiditätsengpässe gefährden Existenzen und Investitionen

Derweil bleibt die Finanzlage für die Hälfte der Unternehmen angespannt – und bedroht manche Betriebe sogar in ihrer Existenz. Insgesamt berichten mehr als ein Viertel der Betriebe von einem Rückgang des Eigenkapitals, jedes fünfte Unternehmen hat mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen. Die Finanzierungssorgen fallen gerade bei Industriebetrieben stark ins Gewicht, weil diese ihre kapitalintensiven Produkte oft vorfinanzieren müssen – und bei Finanzierungsproblemen weniger investieren können. So wollen 40 Prozent der Betriebe im Werkzeugmaschinenbau und 37 Prozent der Hersteller von Kfz-Teilen und Zubehör weniger investieren.

In der Gesamtwirtschaft müssen 30 Prozent aller Unternehmen ihre Investitionen zurückfahren. Branchenübergreifend spitzt sich die Finanzlage vor allem bei kleinen und mittleren Betrieben zu. Die Beschäftigungsaussichten der Unternehmen verbessern sich dagegen leicht, liegen im Schnitt aber weiter im negativen Bereich (minus 9 Punkte).

Aufschwung auf wackligen Füßen

Erschwerend kommt hinzu, dass auch staatliche Investitionsprogramme häufig an fehlenden Genehmigungen und am Fachkräftemangel scheitern. Selbst in der Krise kann der Staat vorhandene Ausgabenprogramme somit oft nicht zügig umsetzen. Bemerkbar macht sich das insbesondere im Tiefbau. Hier erwarten 38 Prozent der Unternehmen schlechtere Geschäfte, nur 6 Prozent bessere. Der wirtschaftliche Aufschwung steht somit in vielerlei Hinsicht auf wackeligen Füßen. Die Unternehmen werden weiterhin ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit unter Beweis stellen müssen, um wirtschaftlich durch die Corona-Pandemie zu kommen.

Quelle: DIHK / Foto: marketSTEEL

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