Daten aus China positiv für Industriemetalle. Zinnpreis steigt

von Angelika Albrecht

Die Commerzbank-Rohstoffexperten sind der Ansicht, dass die gestern früh veröffentlichten Daten aus China den Industriemetallpreisen zugutekommen dürften. Nicht nur überraschte das BIP im ersten Quartal mit einem stärker als erwarteten Anstieg, auch der Zuwachs bei den Einzelhandelsumsätzen im März überraschte auf der Oberseite und unterstützt das Bild einer vom heimischen Konsum getragenen Erholung der Wirtschaft.

Dagegen enttäuschte die chinesische Industrieproduktion mit einem etwas schwächeren Wachstum zum Vorjahr. Ein Blick auf die Details zeigt jedoch ein gemischtes Bild. So stieg die Rohstahlproduktion auf saisonbereinigter Basis um satte 17% gegenüber Vormonat. Die Aluminiumproduktion fiel dagegen um saisonbereinigt knapp 1% gegenüber Vormonat, was mit den fortgesetzten Stromrationierungen, insbesondere in der wichtigen Region Yunnan, zu tun haben dürfte. Diese haben seit dem Herbst zu einer Stagnation bzw. zuletzt zu einem leichten Rückgang der Aluminiumproduktion geführt. Im Vergleich zum Vorjahr liegt das Produktionsniveau zwar noch immer im Plus, was aber im Wesentlichen dem starken Anstieg im ersten Halbjahr des letzten Jahres zuzuschreiben ist .

Angebotsrisiken lassen Zinnpreis deutlich steigen

Der Zinnpreis hat zu Beginn der Woche einen ordentlichen Sprung nach oben gemacht, nachdem laut einem Bericht der International Tin Association die Minenförderung in Myanmar, dem weltweit drittgrößten Minenproduzenten, eingeschränkt werden soll. Betroffen sei eine an China grenzende Region im Norden, die laut ITA vergangenes Jahr für 30% der chinesischen Zinnimporte verantwortlich war. Unklar ist jedoch, inwieweit die Produktion heruntergefahren werden soll. Die Commerzbank meint, die starke Reaktion dürfte vor allem auf Ängste zurückzuführen sein, dass die Ausfuhren gänzlich versiegen könnten. Sollte sich herausstellen, dass dies nicht der Fall ist, dürfte der Zinnpreis zumindest einen Teil seiner Gewinne wieder abgeben.

Eine nachhaltigere Preisstütze dürfte dagegen der Plan der indonesischen Regierung sein, ab Juni ein Ausfuhrverbot auf weitere Rohmetalle, darunter Bauxit, Kobalt und Zinn, zu verhängen. Indonesien ist laut Daten des USGS der weltweit zweitgrößte Zinnminenproduzent und hatte im vergangenen Jahr einen Anteil an der globalen Produktion in Höhe von 24%. Ziel ist es, wie mit dem Exportverbot von Nickelerzen im Jahr 2020, die Weiterverarbeitungsindustrie im Land zu fördern. Mittelfristig dürfte daher das Angebot an raffiniertem Zinn steigen. Kurzfristig dürften sich laut Commerzbank-Analysten die Zinnexporte jedoch deutlich verringern und sich das Angebot außerhalb Indonesiens verknappen.

Grundsätzlich hätte die Commerzbank, im Einklang mit dem generellen Trend an den Industriemetallmärkten, ohnehin mit einem steigenden Zinnpreis im Laufe des Jahres gerechnet. Da die Lagerbestände sowohl an der LME, insbesondere aber an der SHFE, zuletzt im Vergleich zu den meisten anderen Industriemetallen auf weit komfortableren Niveaus lagen, hätten die Rohstoffexperten der Commerzbank bislang das Aufwärtspotential jedoch als vergleichsweise gering eingeschätzt. Das möglicherweise deutlich reduzierte Angebot aus Myanmar und Indonesien könnte jedoch zu einem schnelleren Abbau der Lager führen.

Kupferproduktion in Peru dürfte sich deutlich erholen

Laut den Betreibern einer Kupfermine in Peru, die zu den fünf größten weltweit zählt, läuft die dortige Förderung wieder mit voller Auslastung, nachdem politische Unruhen den Betrieb in den vergangenen Monaten gestört hatten. Darüber hinaus würden die durch die Verkehrsbehinderungen gefüllten Lager bereits abgebaut. Ende vergangenes Jahr hätten sich 85 Tsd. Tonnen Kupferkonzentrat vor Ort an der Mine angesammelt. Dies entspricht laut Unternehmensangaben etwa ein Drittel der gesamten jährlichen Produktion. Laut der Nationalen Gesellschaft für Bergbau, Erdöl und Energie (SNMPE) waren die Kupferexporte im Januar um 20% im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Allerdings könnte mit der Wiederaufnahme der Produktion wie auch dem Abbau der Lager in den kommenden Monaten ein gegenläufiger Effekt einsetzen, der das Angebot deutlich erhöht.

Neuer Dämpfer für europäische Aluminiumproduktion

Die Aluminiumproduktion in Europa, die nach wie vor unter vergleichsweise hohen Energiekosten zu leiden hat, erhält kurzfristig einen weiteren Dämpfer. Aufgrund von Streiks dürfte die Produktion eines norwegischen Aluminiumproduzenten in zwei seiner Schmelzen beeinträchtigt werden. Der Streik hat vorgestern begonnen und der Betrieb soll graduell zurückgefahren werden, während in den kommenden Monaten nach einer Lösung des Disputs gesucht wird. Die beiden Schmelzen haben eine kombinierte Kapazität von 474 Tsd. Tonnen im Jahr, was auf Basis von IAI-Daten vom vergangenen Jahr rund 16% der gesamten Produktion in Westeuropa ausmacht. Dies dürfte insbesondere die Aluminiumprämien in Europa stützen, wobei diese durch eine sich abschwächende Nachfrage im Zuge der deutlich gestiegenen Zinsen, wohl gedeckelt werden dürften.


Quelle: Commerzbank AG / Commerzbank Commodity Research / Vorschaubild: Fotolia

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